Innsbruck (universität) - Österreichische WissenschafterInnen haben das Abschmelzen der Himalayagletscher
und die Erdbebengefährdung im Norden Bhutans untersucht und schlagen Alarm: Durch die kontinuierliche Klimaerwärmung
bilden sich voluminöse Gletscherseen, welche von instabilem Eis oder Moränenwällen abgedämmt
werden. Der Nachweis von starken Erdbeben direkt unter den weiter anschwellenden Wassermassen spitzt die Situation
erheblich zu. Das nächste Erdbeben könnte zum Ausbruch mehrerer dieser Gletscherseen führen und
eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes in Bhutan verursachen.
Der globale Klimawandel macht auch vor den unberührt wirkenden Tälern Bhutans nicht halt und konfrontiert
deren Bewohner mit bisher unbekannten Problemen: Abschmelzende Gletscher, anschwellende Gletscherseen und starke
Erdbeben im gebirgigen und schwer zugänglichen Norden Bhutans hängen wie ein Damoklesschwert über
dem Land.
So donnerte am 7. Oktober 1994 eine riesige Flutwelle ohne Vorwarnung das Pho Tal hinab. Im Talschluss brach ein
bis zum Rand mit Schmelzwasser gefüllter Gletschersee plötzlich aus. 2 Millionen m³ an Wasser
und Schlamm verwüsteten das Tal, 24 Menschen ertranken, Bauern verloren ihre Häuser, Yaks und Weideflächen
und die traditionsreiche Klosterburg von Punakha wurde schwer beschädigt.
Die Katastrophe vor Augen
„Unsere Geländearbeit im Pho Tal und die Untersuchungen von Sattelitenbildern zeigen deutliche, dass Erdbeben
der Magnitude 6 in Nord Bhutan möglich sind“, sagen Michael Meyer vom Institut für Geologie und Paläontologie
an der LFU Innsbruck und sein Kollege Gerhard Wiesmayr. „Wir beobachten von jungen Erdbeben erzeugte Geländeverformungen
und gewaltige Hangrutschungen, wobei die Epizentren dieser Beben direkt unter den Gletscherseen zu liegen kommen.“
„Entgegen der Situation im Jahre 1997, wo Gletscherseen nur vereinzelt ausgebildet waren, sind nun zahlreiche neue
hinzugekommen, und alle Seen sind perlschnurartig hintereinander angeordnet. Unsere Befürchtung ist, dass
bei einem starken Beben mehrere dieser Seen gleichzeitig ausbrechen oder eine initiale Flutwelle andere Gletscherseen
mit sich mitreißen könnte“, so der junge Nachwuchswissenschafter Meyer.
Frühwarnsysteme können Leben retten
Das Pho Tal, welches in seinem unteren Abschnitt eines der am dichtesten besiedelten Täler Bhutans ist, wäre
von solch einem Szenario schwer betroffen. „Die erarbeiteten Gefahrzonenpläne und Vorschläge für
Frühwarnsysteme müssen von der bhutanesischen Regierung sehr ernst genommen und umgesetzt werden. Eine
genaue Untersuchung der Wiederkehrrate schwerer Erdbeben in Nord Bhutan sind für das Land nun von zentraler
Bedeutung“, unterstreicht Prof. Dr. Hermann Häusler vom Institut für Geologische Wissenschaften der Universität
Wien. Prof. Häusler und Mag. Leber Diethard leiteten das österreichisch-bhutanesische Kooperationsprojekt,
welches nach der Katastrophe 1994 injiziert wurde. Es hatte die Untersuchung dieser Gletscherseen und ihrer Ausbruchsgefahr
zum Inhalt.
Länderinfo Bhutan
Bhutan ist eines der letzten Königreiche im Himalaya und hat sich angeschickt in das 21. Jahrhundert
aufzubrechen. Eine langsame Öffnung dieser idyllischen aber lange isolierten Himalayatäler ist im Gange.
Sanfter Toursimus, die verstärkte Nutzung der eigenen Ressourcen, die Stärkung der nationalen Identität
sowie ein weiterer Ausbau des Bildungssystems ist oberstes Ziel unter König Jigme Singye Wangchuk. Dabei ermöglicht
eine zunehmende Zahl von Kooperationsprojekten der bhutanesischen Regierung ausländisches Know-How in das
Land zu holen oder spezifische Probleme gezielt zu untersuchen. |