erstellt am
20. 06. 06

 LH Haider: Es braucht solide, gesetzliche Lösung, die unangreifbar ist
"Ortstafelthema in Wien": Auch VfGH soll Wahrung des sozialen Friedens ernstnehmen - Wir brauchen Lösungen für die Menschen, nicht gegen sie
Wien (lpd) - "In der Ortstafelfrage muss es eine dauerhafte, verfassungsgesetzlich abgesicherte Lösung geben", bekräftigte Landeshauptmann Jörg Haider bei einer Veranstaltung am 19.06. Abend im Arcotel Wimberger in Wien vor rund 250 Personen.

Es brauche eine solide, gesetzliche Regelung, die unangreifbar sei. Kärnten sei immer treu zu Republik gestanden, daher erwarte die Bevölkerung auch, dass man sie mitreden lasse, erklärte der Landeshauptmann. Die Bevölkerung wolle jedenfalls nicht von einzelnen Funktionären der slowenischen Volksgruppe traktiert werden. Ziel der Veranstaltung, die mit viel Applaus aufgenommen wurde, war es, die Ortstafelfrage aus Kärntner Sicht darzustellen. Weiters wurden in einem Impulsreferat des Innsbrucker Universitätsprofessors Peter Hilpold völkerrechtliche und europarechtliche Aspekte der Ortstafelfrage beleuchtet.

Haider wies auf den historischen Werdegang bis zum modernen Volksgruppengesetz von 1976 samt der Topografie- und Topografiebezeichnungsverordnung sowie der Amtssprachenverordnung hin. Kärnten habe bei den Ortstafeln Jahrzehnte früher gehandelt als etwa das Burgenland, für welches ebenso der Artikel 7 des Staatsvertrages anzuwenden war. In der Steiermark habe man die Existenz von Slowenen überhaupt nicht anerkannt. Kärnten habe stets eine verantwortungsvolle Politik im Umgang mit der Minderheit gemacht und auch er als Landeshauptmann sei massiv für die Stärkung und Verbesserung der Situation der Volksgruppe eingetreten, so Haider. In diesem Zusammenhang verwies er auf das Volksgruppenbüro, auf die jährlichen Volksgruppenkongresse, auf das gut entwickelte Minderheitenschulwesen. So seien 36 Prozent der Pflichtschüler zum zweisprachigen Unterricht angemeldet. 70 Prozent der Schulanfänger hätten jedoch keine slowenischen Vorkenntnisse. Viele Maßnahmen über den Staatsvertrag hinaus seien gesetzt worden, etwa ein eigener Kindergartenfonds, ein 24stündiges Radioprogramm, ein eigenes Musikschulwerk und ebenso die Verwendung der Amtssprache bei jeder Behörde in ganz Kärnten sei möglich. Im täglichen Miteinander gebe es keine Probleme. 30 Jahre habe der Frieden in der Ortstafelfrage gehalten, ehe er durch eine Schnellfahreraktion und das Mitspielen des Verfassungsgerichtshofes gestört wurde, bedauerte Haider. Es sei ein einzigartiger Fall, wie hier der VfGH ein Verordnungsprüfungsverfahren gemacht habe und wie ein Provokateur vom Rechtsstaat mit Glacehandschuhen behandelt werde.

Der Landeshauptmann erwartet sich im Fall von St. Kanzian, wo der Minderheitenanteil unter zehn Prozent, nämlich bei 8,7 Prozent liege, eine Distanzierung bzw. Korrektur des VfGH. Dies zeige, dass auch Höchstgerichte dazu neigen, sehr politisch zu sein, sagte Haider. Beim Erkenntnis in Bleiburg sei ebenso völlig fälschlich von der unmittelbaren Anwendbarkeit des Staatsvertrages gesprochen worden. Immer brauche es eine Verordnung, so Haider. Der VfGH sei nicht Gesetzgeber. Die Ortstafelverrückung in Bleiburg, eine ähnliche gab es zuvor auch in St. Kanzian, sei daher völlig rechtens gewesen.

Nur der Gesetzgeber könne den VfGH aus seiner Sackgasse befreien, der sich in Widersprüche und Einzelfallentscheidungen verstrickt habe. Es brauche Verhandlungen und Lösungen für die Menschen, die Bevölkerung müsse eine Mitsprache haben, betonte Haider. Eine Prozentregelung brauche es, jede Regelung müsse verfassungsrechtlich abgesichert sein, wozu eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig sei. Es dürfe nicht dazu kommen, dass weitere zweisprachige Aufschriften automatisch folgen. Eine Zehnprozent-Klausel werde es nicht geben, sondern eine, die gewährleiste, dass Mehrheit und Minderheit weiter gut zusammenleben.

Haider wies weiters auf die in Gang befindliche Erhebung in den 18 betroffenen Gemeinden hin und zeigte sich zuversichtlich, dass es im Konsens mit der Bevölkerung zu einer guten Lösung kommen werde. Mit diesem Ergebnis werde es Verhandlungen mit der Regierung und dann im Parlament geben. "Kärnten ist lösungsorientiert", so Haider. Nicht provokative Akte dürften die Grundlage für Gesetzesänderungen sein. Er jedenfalls habe immer rechtlich absolut korrekt gehandelt, wie er dies auch dem Bundespräsidenten gegenüber gesagt habe, bekräftigte Haider. Richtig wäre eine muttersprachliche Erhebung, wie es sie beispielsweise auch in Slowenien gegeben habe. Laut Verfassung gehe das Recht vom Volk aus. Auch der VfGH hätte die Verpflichtung, die Wahrung des sozialen Friedens in Kärnten ernstzunehmen.

Hilpold sagte, dass das internationale Recht keine Patentrezepte liefere. Das Völkerrecht könne jedoch eine Hilfestellung bieten. Vor allem wies er auf Aspekte der Europäischen Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten hin und hob die Wirksamkeit des Beratenden Ausschusses hervor.

Wie der stv. Leiter des Verfassungsdienstes des Landes Kärnten, Gerold Glantschnig , dazu festhielt, gebe es keinen fixen Prozentsatz, weder im Staatsvertrag noch im Völkerrecht. Der Europarat habe sich seit 1976 jedenfalls nicht geäußert, daher werde man sich nicht vor ihm fürchten.

 

Martinz: Endgültige Lösung seit Jahren möglich
Landeshauptmann streut Sand in die Augen der Bevölkerung – Ortstafelfrage ist BZÖ-Wahlkampfprobegalopp
Klagenfurt (övp-pd) - "Die vom BZÖ und seinem Parteianhängsel Abwehrkämpferbund initiierte Ortstafel-Urabstimmung streut Sand in die Augen der Unterkärntner Bevölkerung, wiegelt die Menschen in Unterkärnten gegeneinander auf und kann niemals die Basis für ein friedliches Miteinander sein", sagte LR Josef Martinz. Damit habe der Landeshauptmann seine Rolle als Verbinder definitiv aufgegeben. "Das ist eine Form der Instrumentalisierung auch von Kindern, die abzulehnen ist", so Martinz weiter.

Der Landeshauptmann möge weiterhin auf den Ortstafeln herumreiten, die ÖVP werde jedenfalls weiterhin an einer Lösung für Kärnten arbeiten. "So ist die verfassungsmäßige Absicherung notwendig, um Schnellfahrer Vouk und Ortstafel-Verrücker zu stoppen", erklärt Martinz. Seit über einem Jahr wäre eine Lösung möglich.

Allein der Landeshauptmann hat den zweimaligen Konsens verlassen, um mit Bocksprüngen die Bevölkerung in den Unterkärntner Gemeinden aufzuwiegeln. Auch die Vorschläge, die jetzt am Tisch liegen, habe der Landeshauptmann abgelehnt zu diskutieren. Das Karner-Papier als Basis und Kompromiss-Vorschläge dazu liegen längst am Tisch. "Heute wird offensichtlich, dass es dem BZÖ rein um einen Wahlkampf-Probegalopp geht. Das ist eines Landeshauptmannes nicht würdig", erklärt Martinz. Zahlen müssten diesen Wahlkampf-Versuch nun die Kärntner Bürger.

Für die echten Probleme, die es in Kärnten zu lösen gilt, sei es nicht relevant, ob eine zweisprachige Ortstafel mehr oder weniger in Kärnten stehe. "Die ÖVP hat in der Zeit, in der der Landeshauptmann Ortstafeln verrückt, einen Kärnten Vertrag erarbeitet, in dem es um Unterstützung für die heimische Wirtschaft und für die Kärntner Familien, für die Erhaltung der Kleinschulen in Kärnten oder die Reduktion von Posten und Kosten geht. Die BZÖ/SPÖ-Koalition hat geschachert, verteilt und verschleudert. Dieser Scherbenhaufen ist aufzuräumen", berichtet Martinz.

Daran werde auch die Politik eines Landes gemessen. "Oder will der Landeshauptmann einem arbeitslosen Jugendlichen in Unterkärnten weis machen, dass eine zweisprachige Ortstafel sich auf das Lehrstellenangebot in Unterkärnten auswirkt?", fragt Martinz.

 

Darabos: Schüssel hat seine Regierung nicht mehr im Griff
Haiders Befragung ist Angriff auf den Rechtsstaat
Wien (sk) - Die von LH Haider heute gestartete Ortstafel-Befragung stehe im Widerspruch zur österreichischen Bundesverfassung und zum Staatsvertrag, erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Hier werde versucht, den Rechtsstaat zu umgehen - noch dazu, indem man die Mehrheit über Minderheitenrechte abstimmen lasse. Für diese skandalöse Vorgangsweise trage Kanzler Schüssel die Verantwortung; "Schüssel hat sich die Haider-Truppe zwei Mal in die Regierung geholt und schreckt nicht davor zurück, dies ein drittes Mal zu tun", so Darabos am 19.06. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Im Griff habe Schüssel seine Regierung aber längst nicht mehr, so Darabos weiter. Schließlich stelle sich BZÖ-Chef Haider mit seiner Befragung auch klar gegen den von Kanzler Schüssel mitgetragenen Entwurf mit insgesamt 158 deutsch-slowenischen Ortstafeln.

Darabos kritisierte auch die "Scheinheiligkeit Schüssels": Während Schüssel keine Gelegenheit auslässt, sich als EU-Präsident feiern zu lassen und sich anlässlich des Besuchs von US-Präsident Bush in Szene setzt, werden unter seiner Verantwortung die Volksgruppenrechte in Österreich mit Füßen getreten.

 

Stoisits: Minderheit u. Mehrheit gegeneinander aufzubringen ist und bleibt inakzeptabel
Wien (grüne) - "Haiders neuester Versuch per Brief Minderheit und Mehrheit gegeneinander aufzubringen und die Minderheit in ihren staatsvertraglich zugesicherten Rechten zu beschneiden, ist und bleibt inakzeptabel", erklärte die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits, am 19.06. zur sogenannten Ortstafel-Befragung von LH Haider.

Stoisits verweist darauf, dass das "Karner-Papier ohnehin nur einen absoluten Minimal-Kompromiss darstellt. Mittels Salamitaktik von einem totalen Minimal-Gerüst noch etwas runterschneiden zu wollen, spottet jeglicher Beschreibung".

"Dass Haiders neueste Aktion wieder einmal ungesetzlich und durch keinerlei Gesetzeslegitimation abgedeckt ist, versteht sich ja praktisch schon von selbst. Sie ist nichts weiter als ein fortgesetzter Affront gegenüber Verfassungsgerichtshof und Landeswahlbehörde", ergänzt Stoisits.

"Wie viele und in welcher Form auch immer etwaige Antworten auf Haiders-Brief eintrudeln – für die Umsetzung von Gesetz und Verfassungsrecht ist er völlig irrelevant", schließt Stoisits
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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