Bartenstein: Effizienter Wettbewerb bringt Vorteile für Konsumenten und für den Wirtschaftsstandort
Wien (bmwa) - "Wettbewerb steigert die Produktivität der Unternehmen im Standortwett- bewerb;
ist Antriebskraft für Innovation und Fortschritt. Für den Konsumenten führt gesunder Wettbewerb
nicht nur zu einer Erhöhung der Produkt- und Angebotsvielfalt, sondern vor allem zu sinkenden Marktpreisen."
Das erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister und Ratsvorsitzender Martin Bartenstein am 19.06. bei der Eröffnung
des "European Competition Day 2006" im Wiener Radisson-SAS-Hotel. Rund 280 Vertreter aus Wettbewerbsbehörden,
Ministerien und der Wirtschaft sind dazu nach Wien gekommen, um aktuelle Fragen des Wettbewerbsrechts zu diskutieren.
Doch es scheine klar, setzte Bartenstein fort, dass Wettbewerb nur bis zu einem bestimmten Intensitätsgrad
Wachstum fördernd wirke und darüber hinaus die Innovationstätigkeit tendenziell wieder abnehme.
Ebenso scheine heute gesichert, dass Effizienzsteigerungen so manche Wettbewerbsbeschränkung rechtfertigen.
Dabei sei die Bestimmung dieses "Umkehrpunktes" ein empirisches und branchenspezifisches Problem, das
genauer Beobachtung und ständiger Neuanpassung bedürfe und somit für den Gesetzgeber ständige
Aufgabenkritik bedeute.
Wettbewerbspolitik in Österreich
Eine proaktive Wettbewerbspolitik, so Bartenstein weiter, zeichne sich vor allem durch eine entsprechende Durchsetzungspraxis
aus, die aktiv Zutrittsschranken und Hindernisse für funktionierenden Wettbewerb beseitige. In Österreich
habe man im Jahr 2002 für die Vollziehung des Wettbewerbsrechts einen völlig neuen institutionell-organisatorischen
Rahmen geschaffen. Seither agieren die weisungsfreie und unabhängige Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und
der dem Justizministerium unterstellte Bundeskartellanwalt als aktive Wettbewerbshüter. Diese Dualität
der Wettbewerbsbehörden habe sich in der Praxis bestens bewährt, hob Bartenstein hervor. Die BWB habe
sich in kurzer Zeit sowohl in Österreich als auch in Europa auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts und der Wettbewerbspolitik
zu einem akzeptierten "Player" emporgearbeitet.
Fusionen als Themenschwerpunkt
Zum Thema "Fusionen", einem der Tagungsschwerpunkte, merkte Bartenstein an, dass sich die Frage
stelle, in wie weit sich solche rechnen. Er verwies dabei auf die stark steigende Anzahl von Unternehmenszusammenschlüssen,
die eine tiefer gehende Betrachtung im Rahmen dieser Veranstaltung nahe lege. Der Minister verwies dabei auf die
erfolgreiche Internationalisierungsstrategie österreichischer Unternehmen (v.a. in Südosteuropa), die
entgegen dem weltweit rückläufigen Trend die Anzahl der Anmeldungen in Österreich von 284 Anmeldungen
im Jahr 2001 auf 462 im Jahr 2005 ansteigen ließ.
Wettbewerb auf dem Energiesektor
Das Thema Fusionen sei gerade auch vor den Entwicklungen im europäischen Energiesektor von hoher Aktualität,
setzte Bartenstein fort. Verbraucher und die europäische Wirtschaft sollten von der Marktöffnung der
europäischen Energiemärkte profitieren, allerdings seien dabei die Erwartungen noch nicht erfüllt
worden. Denn trotz der Liberalisierungsbestrebungen auf der EU-Ebene, die zu einer zügigen Vollendung der
Binnenmärkte für Gas und Elektrizität in den Mitgliedstaaten beitragen sollten, sei es bedauerlicherweise
nicht zu einer fortschreitenden Marktintegration und zu einem grenzüberschreitenden Wettbewerb durch neue
Anbieter gekommen, so der Minister. Auch der österreichische Markt sei von dieser europäischen Entwicklung
nicht verschont geblieben, da sich neue Anbieter vom Markt zurückgezogen hätten und Wettbewerb auf den
Elektrizitäts- bzw. Versorgungsmärkten daher kurz- und mittelfristig weiterhin nur von den bereits am
österreichischen Markt etablierten Unternehmen ausgehen werde.
Der europäischen Wettbewerbspolitik werde deshalb eine zentrale Rolle bei der Beseitigung noch bestehender
Hindernisse für die Vollendung des Binnenmarktes und der zukünftigen Lösung der Energieprobleme
zukommen, da die Debatte um eine Energiepolitik für Europa immer größere Bedeutung und Ausmaße
gewinnt, so Bartenstein.
Antitrustpolitik
Zum zweiten Schwerpunktthema, der Antitrustpolitik, verwies Bartenstein auf das Grünbuch der Europäischen
Kommmission zu Schadenersatzklagen bei Verstößen gegen das europäische Wettbewerbsrecht. Mit dessen
Veröffentlichung im vergangenen Herbst sei der Themenbereich der privaten Verfolgung von Kartellrechtsverstößen
ins Zentrum der Diskussion gerückt worden. Dabei gehe es zum Beispiel um Schadenersatzklagen gegen Kartellanten,
wenn aufgrund deren Verhaltens Produktpreise erhöht worden sind. Da von den Vorschlägen der Kommission
in besonderer Weise die nationalen Systeme in den Bereichen des Schadenersatz- sowie Zivilprozessrechts betroffen
sind, müsse dazu wohl noch ein intensiver Diskussionsprozess geführt werden.
Dienstleistungsrichtlinie
Die Dienstleistungsrichtlinie, über die unter österreichischer Präsidentschaft die politische
Einigung erzielt wurde, sei im Sinne der Schaffung eines fairen Wettbewerbs innerhalb des europäischen Dienstleistungsmarktes
für den Wettbewerb von besonderer Bedeutung. Mit der politischen Einigung sei ein Meilenstein für mehr
Wachstum und Beschäftigung in Europa gesetzt worden, da diese Richtlinie ein Kernstück der Lissabonstrategie
sei und Bedeutung für 70 Prozent der Wertschöpfung und mehr als zwei Drittel der Arbeitsplätze der
Europäischen Union habe.
Der European Competition Day wird seit dem Jahr 2000 halbjährlich von der jeweiligen Ratspräsidentschaft
organisiert und hat aktuelle Themen der Wettbewerbspolitik und des Wettbewerbsrechts zum Gegenstand. Teilnehmer
sind sowohl Vertreter von Ministerien, Wettbewerbsbehörden und der Europäischen Kommission als auch Wissenschafter,
Anwälte und Vertreter aus der Wirtschaft. Erstmals teilen sich zwei Präsidentschaften - neben der österreichischen
auch die finnische (Finnland übernimmt am 1. Juli den EU-Vorsitz von Österreich) die Organisation dieses
Tages. |