Exporte und Investitionen beleben die Konjunktur  

erstellt am
02. 07. 06

WIFO-Prognose für 2006 und 2007 – Steigerung der Warenexporte
Wien (wifo) - Österreichs Wirtschaft erzielt im Jahr 2006, getragen von Export und Investitionen, mit real +2,6% das höchste Wachstum seit dem Jahr 2000. Dagegen bleibt die Aufwärtstendenz des privaten Konsums trotz der positiven Einkommenseffekte der Steuerreform verhalten. Der Anstieg der Erdölpreise löst kaum Zweitrundeneffekte über Lohnerhöhungen aus. Das bremst die Inflation, aber auch die Steigerung der Realeinkommen. Im Jahr 2007 werden sich die Sondereffekte aus Deutschland umkehren: Das Wirtschaftswachstum wird sich in Österreich auf 2,1% verlangsamen.

Das WIFO erwartet für 2006 eine reale BIP-Steigerung um 2,6%. Gegenüber der Prognose vom März dieses Jahres wird das Wachstum um 0,2 Prozentpunkte nach oben revidiert. Die günstigere Einschätzung stützt sich auf die Entwicklung von Export und Investitionen, die heuer an Schwung gewonnen hat.

Die Warenexporte nehmen 2006 dank der florierenden Weltkonjunktur und der relativ guten preislichen Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen real um 8% zu. In Ost-Mitteleuropa und in Asien wächst die Wirtschaft noch etwas rascher als erwartet, und das Recycling der Rohölgelder lässt die Importe Russlands und der OPEC-Staaten stark steigen.

Die positive Stimmung der Unternehmen schlägt sich nun auch deutlich in den Investitionsplänen nieder. Laut WIFO-Investitionstest wollen die Sachgütererzeuger heuer um 15% mehr investieren als im letzten Jahr – im Herbst planten sie eine nur halb so starke Ausweitung. Die Sachgüterindustrie ist freilich dank hoher Export- und Gewinnsteigerungen in einer besonders günstigen Situation, in der Gesamtwirtschaft wird die Investitionsbeschleunigung wesentlich geringer ausfallen. Darauf deutet auch die eher vorsichtige Investitionseinschätzung laut Erhebung der Wirtschaftskammer hin.

Bisher hat sich die Entwicklung des privaten Konsums nicht signifikant belebt. Das Wachstum der Beschäftigung erhöht zwar die verfügbaren Einkommen, doch bleibt die Realeinkommensentwicklung pro Kopf der Beschäftigten verhalten. Bei wenig veränderter Sparquote wird der private Konsum heuer real um knapp 2% steigen.

Im Jahr 2006 wird die heimische Wirtschaft von Vorziehkäufen vor der Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland begünstigt, 2007 wird sich dieser Effekt umkehren, die Mehrwertsteuererhöhung wird die Konjunktur dämpfen. Das Wirtschaftswachstum wird sich in Österreich damit 2007 auf 2,1% verlangsamen.

Heuer zieht die Konjunkturbelebung einen kräftigen Anstieg der Beschäftigung nach sich (+40.000 bzw. +1,3%). Zunehmend dürfte auch die Vollzeitbeschäftigung wachsen: Die Zahl der Arbeitsplätze für Männer sowie in typischen Vollzeitbranchen (Sachgüterproduktion, Bauwirtschaft u. a.) erhöht sich deutlich. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt heuer vor allem infolge der Ausweitung der Schulungen um 11.000. 2007 wird sie wieder steigen, weil weniger Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vorgesehen sind. Die Zahl der Arbeitsuchenden (einschließlich Personen in Schulungen) ist heuer und im nächsten Jahr annähernd konstant. Die Konjunkturbelebung reicht also aus, um das stark wachsende Arbeitskräfteangebot zu absorbieren – aber nicht um einen signifikanten Rückgang der Arbeitslosigkeit herbeizuführen.

Die Inflationsrate bleibt 2006 und 2007 mit 1¾% relativ niedrig. Bisher wirkt sich somit der Anstieg der Erdölpreise nur wenig aus, Zweitrundeneffekte über eine Anhebung der Löhne sind kaum zu verzeichnen, da die Arbeitslosenquote relativ hoch und die Verhandlungsposition der Unselbständigen dadurch geschwächt ist. Bisher treten auch nur geringe indirekte Preiseffekte bei energieintensiven Produkten und Dienstleistungen auf. Ein wichtiger preisdämpfender Faktor ist die Zunahme der billigen Importe von industriell-gewerblichen Waren. Der Aufschwung Chinas und anderer Schwellenländer hat also zwei gegenläufige Wirkungen: Einerseits trägt er wesentlich zum Anstieg der Rohöl- und Rohstoffpreise bei, andererseits verbilligt er die Importe von Industriegütern.

Das Haushaltsdefizit des Staates war 2005 vor allem wegen der erhöhten Einnahmen aus der Körperschaftsteuer niedriger als erwartet. Heuer wird der Haushalt durch die Kosten der Steuerreform 2005 belastet, die im Bereich der Gewinnsteuern mit Verzögerung wirken. Außerdem schlägt sich die Ausweitung der Ausgaben für aktive Arbeitsmarkt- und Forschungspolitik nieder. Das Defizit aller öffentlichen Haushalte dürfte 2006 bei 1,7% des BIP liegen, etwas höher als im vergangenen Jahr. Da für 2007 noch kein Bundesvoranschlag vorliegt, muss die Einschätzung der Haushaltsentwicklung vage bleiben. Das Paket für die mittelständische Wirtschaft im Ausmaß von rund 200 Mio. Euro ist bereits fixiert; es wird 2007 wirksam werden, das Budget aber vor allem in den darauffolgenden Jahren belasten. Infolge der günstigeren Konjunktur dürfte das Budgetdefizit 2007 zurückgehen – sofern die Ausgaben restriktiv gehandhabt werden und die Verwaltungsreform II zügig umgesetzt wird.

Quelle: WIFO
Autoren: Marcus Scheiblecker, Ewald Walterskirchen
     
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