EU-Präsidentschaft Österreichs  

erstellt am
30. 06. 06

 Hundstorfer: Substanzlos – für die ArbeitnehmerInnen hatten Schüssel & Co wenig übrig
Wien (ögb) - "Zu viel Oberfläche, zu viel Marketing und zu wenig Substanz. Gute Stimmung und Wiener Schmäh sind eindeutig zu wenig", so bewertet der gf. ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer die nun zu Ende gegangene EU-Präsidentschaft Österreichs. Vor allem für die ArbeitnehmerInnen gab es in den vergangenen sechs Monaten wenig Erfreuliches. Hundstorfer: "Schüssels Ankündigungen bei dessen Antrittsrede als EU-Ratsvorsitzender, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zur EU wieder wachsen zu lassen, stellt sich nun am Ende der österreichischen Ratspräsidentschaft als billiger Marketinggag heraus".

Trotz plakativer Überschriften und großer Inszenierung bleibt bei genauerer Betrachtung nicht viel übrig. Bei der groß gefeierten politischen Einigung auf eine Dienstleistungsrichtlinie hatte es der zuständige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein in der Tat geschafft, noch hinter dem im EU-Parlament erzielten Kompromiss zurück zu bleiben. Hundstorfer: "Der Kompromiss im EU-Parlament kam auf Druck der Gewerkschaften im Verein mit den NGO´s zu Stande. Bis zur endgültigen Beschlussfassung im EU-Parlament werden wir neuerlich Druck machen." Dabei geht es vor allem um die generelle Herausnahme der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, Ausnahmen für alle Gesundheits-und sozialen Dienstleistungen sowie das große Defizit im Bereich der Kontrollen und Sanktionen.

Bei der Arbeitszeitrichtlinie ist die österreichische Präsidentschaft überhaupt gescheitert. Hundstorfer: "Der von Arbeitsminister Bartenstein im letzten Moment vorgelegte Kompromiss war selbst einer großen Mehrheit im EU-Ministerrat zu abeitnehmerInnenfeindlich." Vom Auslaufen des missbräuchlichen "opt-out" war im Kompromisspapier keine Rede mehr und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sollte plötzlich nicht mehr pro ArbeitnehmerIn, sondern pro Dienstverhältnis gelten. Hundstorfer: "Ein besonderer Trick. Bei zwei Dienstverträgen könnte völlig legal 96 Stunden die Woche gearbeitet werden. Dies zeigt, dass kein Wille besteht, wenigstens soziale Mindeststandards zu sichern, von einem weiteren Ausbau ganz zu schweigen."

Im Bereich der Beschäftigungspolitik war die österreichische Präsidentschaft vollkommen "abgeschrieben". Hundstorfer: "Am Anfang ging Arbeitsminister Bartenstein mit 'Flexicurity' hausieren und Bundeskanzler Schüssel posaunte was von zwei Millionen neuen Arbeitsplätzen pro Jahr bis 2010 hinaus. Am Ende blieb Totenstille. Es gibt weder eine wirtschaftspolitische Koordinierung noch ein Konjunkturbelebungsprogramm und schon gar keine zusätzlichen Arbeitsplätze." Beim EU-Budget für 2007 bis 2013 schaffte es Finanzminister Grasser, dass Österreich in den kommenden Jahren bei den Regionalfonds 200 Millionen Euro und beim für die aktive Arbeitsmarktpolitik so wichtigen Sozialfonds 334 Millionen Euro verliert.

Was die EU-Verfassung anbelangt so schaffte es Ratspräsident Schüssel nicht einmal, die Nachdenkpause zu beenden. Diese liegt weiterhin in der Tiefkühltruhe. Hundstorfer: "Die Verpackung war alles, vom Inhalt keine Spur. Damit wurde leider wieder einmal eine Chance vertan die Menschen für Europa zu gewinnen."

 

 Spindelegger: Parteipolemik und Ablenkungsversuch
Wien (övp-pk) - "Die Kritik von ÖGB-Präsident Hundstorfer an der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ist nicht ernst zu nehmen und disqualifiziert sich angesichts der vorliegenden Zahlen und Fakten von selbst", sagte der außenpolitische Sprecher der ÖVP Dr. Michael Spindelegger am 30.06. Der "billige Ablenkungsversuch von der eigenen Krise" sei unseriös und klar zurück zu weisen: "Hundstorfer sollte mit seinem Vorhaben, der Reform der Gewerkschaftsbewegung, eigentlich genug zu tun haben. Seine Kritik im Stil der SPÖ-Polemik ist mehr als entbehrlich", sagte Spindelegger.

"Hundstorfer glaubt doch wohl selber nicht, was er an Kritik vorgebracht hat. Prominente europäische Sozialdemokraten wie etwa Günter Verheugen oder Martin Schulz sparen nicht mit Lob für den österreichischen Vorsitz", so der außenpolitische Sprecher der ÖVP. Auch eine aktuelle Umfrage würde die Zufriedenheit der Österreicher mit der Ratspräsidentschaft mehr als deutlich machen - knapp 80 Prozent zeigen sich stolz auf den EU-Vorsitz.

Spindelegger erinnerte Hundstorfer zudem an den medialen Niederschlag zu diesem Thema: "Die EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Schüssel ist von klaren politischen Erfolgen gekennzeichnet und wird dementsprechend durchwegs positiv beurteilt. Auch der ÖGB-Präsident sollte diese Tatsache nicht negieren."
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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