Aus den Sammlungen Hofer/Thümmel/Kaplan/Petrowitsch/Strobl/Wolf
Graz (mur.at) - Gartengasse, Ecke Leonhardstraße, 1991. Ein kryptisches, schwarzes Plakat verkündet
in weißen Lettern die rätselhafte Losung: "Immer", ergänzt durch einfache grafische Symbole.
Einige Zeit später folgten Begriffe wie "Oft", "Damals", "Selten" an verschiedenen
Stellen in Graz. Wer um alles in der Welt wollte hier was mitteilen? Es war mindestens so erfreulich einem Rätsel
auf der Spur zu sein, als auch, dass die enervierende Werbesoße im öffentlichen Raum mit einem Lichtblick
durchkreuzt wurde. Das Glück wuchs weiter als ich die anonyme Künstlerin kurz später kennen lernte.
Matta Wagnest tauschte sogar eine Ausgabe ihrer Serie "Zur Zeit" mit meinen damaligen Elaboraten. Dies
muss wohl der Grundstein zu meiner Kunstsammlung gewesen sein. Dies und nicht wie nahe liegend das frühe Haben
Wollen des roten und blauen Albums der Beatles, oder ein wenig weiter in der Pop/Punk Sozialisation die explosionsartige
Begeisterung für die Sex Pistols und den synthetischen Geruch sämtlicher Schallplatten von Virgin Records.
Nein, es begann alles später, mit einer wachsenden Zuneigung zu kleinen magischen Momenten im Alltag, vermischt
mit den rätselhaften Verlockungen der Kunst, manifestiert in Objekten, Zeichnungen oder Irgendwas.
So entstand sukzessive ein persönliches Koordinatensystem des Erforschens und Sammelns, Wunderkammer und Privatuniversum
zugleich. Alle sechs im vorliegenden Katalog vertretenen SammlerInnen - Erika Thümmel, Helmut Kaplan, Edda
Strobl, Michael Petrowitsch, Anita Hofer und ich - teilen diesen Ansatz, wenngleich sie sich dabei unterschiedlicher
Strategien bedienen, die in den beiliegenden Interviews ausführlich besprochen werden.
Große internationale Sammlungen bestimmen einen wachsenden Bereich im Kunstbetrieb. Das kann man nun gut
oder schlecht finden. Fest steht aber, dass damit Konturen erzeugt werden und Qualität festgeschrieben wird.
Wir wenden unseren Blick auf ähnliche private Leidenschaften. Eine individuelle Geschichtsschreibung in nächster
Nähe, die ihre Kriterien allerdings nicht mit der Öffentlichkeit verhandelt. Die hier präsentierten
Sammlungen haben den gemeinsamen Bezugspunkt Graz, inklusive internationaler Verflechtungen im Zeitfenster der
1980er, 1990er Jahre bis ins neue Jahrtausend. Sie sind bestückt mit Werken befreundeter KünstlerInnnen,
Fundstücken von der Straße, der einen oder anderen kostspieligen Akquisition, persönlichen Erinnerungen,
Kinderzeichnungen. Was im Laufe der Zeit Eingang in eine Sammlung findet erzählt auch über die Persönlichkeit
der/des Sammelnden, über die Versuche, sein/ihr Universum der Gegenstände entstehen zu lassen.
Bringen wir sie also ans Licht, die gesammelten Pretiosen - als Pendeln zwischen privater Mythologie, Obsession
und konsensfähigem Ausdruck ihrer Zeit. Oder sehen wir sie als das, was sie auch sein können: zeitgenössische
Kunstsammlungen aus Graz.
Bernhard Wolf
ESC im Labor
Eröffnung: Donnerstag, 13.07., 20:00 Dauer: 14.07. - 17.09., Mo-Sa 14-19
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit theoretischen Beiträgen von Kerstin Bernick-Braun, Christian Fleck
und August Ruhs. Organisation und Durchführung: Anita Hofer, Bernhard Wolf, ESC im Labor mit Unterstützung
von Land Steiermark und Stadt Graz HerausgeberInnen: Anita Hofer, Bernhard Wolf
Jakoministraße 16, A-8010 Graz, T. +43.316.836000, E:ESC@MUR.AT |