ESC im Labor – Dings.  

erstellt am
30. 06. 06

Aus den Sammlungen Hofer/Thümmel/Kaplan/Petrowitsch/Strobl/Wolf
Graz (mur.at) - Gartengasse, Ecke Leonhardstraße, 1991. Ein kryptisches, schwarzes Plakat verkündet in weißen Lettern die rätselhafte Losung: "Immer", ergänzt durch einfache grafische Symbole. Einige Zeit später folgten Begriffe wie "Oft", "Damals", "Selten" an verschiedenen Stellen in Graz. Wer um alles in der Welt wollte hier was mitteilen? Es war mindestens so erfreulich einem Rätsel auf der Spur zu sein, als auch, dass die enervierende Werbesoße im öffentlichen Raum mit einem Lichtblick durchkreuzt wurde. Das Glück wuchs weiter als ich die anonyme Künstlerin kurz später kennen lernte. Matta Wagnest tauschte sogar eine Ausgabe ihrer Serie "Zur Zeit" mit meinen damaligen Elaboraten. Dies muss wohl der Grundstein zu meiner Kunstsammlung gewesen sein. Dies und nicht wie nahe liegend das frühe Haben Wollen des roten und blauen Albums der Beatles, oder ein wenig weiter in der Pop/Punk Sozialisation die explosionsartige Begeisterung für die Sex Pistols und den synthetischen Geruch sämtlicher Schallplatten von Virgin Records. Nein, es begann alles später, mit einer wachsenden Zuneigung zu kleinen magischen Momenten im Alltag, vermischt mit den rätselhaften Verlockungen der Kunst, manifestiert in Objekten, Zeichnungen oder Irgendwas.

So entstand sukzessive ein persönliches Koordinatensystem des Erforschens und Sammelns, Wunderkammer und Privatuniversum zugleich. Alle sechs im vorliegenden Katalog vertretenen SammlerInnen - Erika Thümmel, Helmut Kaplan, Edda Strobl, Michael Petrowitsch, Anita Hofer und ich - teilen diesen Ansatz, wenngleich sie sich dabei unterschiedlicher Strategien bedienen, die in den beiliegenden Interviews ausführlich besprochen werden.

Große internationale Sammlungen bestimmen einen wachsenden Bereich im Kunstbetrieb. Das kann man nun gut oder schlecht finden. Fest steht aber, dass damit Konturen erzeugt werden und Qualität festgeschrieben wird. Wir wenden unseren Blick auf ähnliche private Leidenschaften. Eine individuelle Geschichtsschreibung in nächster Nähe, die ihre Kriterien allerdings nicht mit der Öffentlichkeit verhandelt. Die hier präsentierten Sammlungen haben den gemeinsamen Bezugspunkt Graz, inklusive internationaler Verflechtungen im Zeitfenster der 1980er, 1990er Jahre bis ins neue Jahrtausend. Sie sind bestückt mit Werken befreundeter KünstlerInnnen, Fundstücken von der Straße, der einen oder anderen kostspieligen Akquisition, persönlichen Erinnerungen, Kinderzeichnungen. Was im Laufe der Zeit Eingang in eine Sammlung findet erzählt auch über die Persönlichkeit der/des Sammelnden, über die Versuche, sein/ihr Universum der Gegenstände entstehen zu lassen.

Bringen wir sie also ans Licht, die gesammelten Pretiosen - als Pendeln zwischen privater Mythologie, Obsession und konsensfähigem Ausdruck ihrer Zeit. Oder sehen wir sie als das, was sie auch sein können: zeitgenössische Kunstsammlungen aus Graz.
Bernhard Wolf

ESC im Labor
Eröffnung: Donnerstag, 13.07., 20:00 Dauer: 14.07. - 17.09., Mo-Sa 14-19
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit theoretischen Beiträgen von Kerstin Bernick-Braun, Christian Fleck und August Ruhs. Organisation und Durchführung: Anita Hofer, Bernhard Wolf, ESC im Labor mit Unterstützung von Land Steiermark und Stadt Graz HerausgeberInnen: Anita Hofer, Bernhard Wolf
Jakoministraße 16, A-8010 Graz, T. +43.316.836000, E:ESC@MUR.AT
     
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