ÖVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel beim "Sommercampus Zukunft"
an der Politischen Akademie
Wien (övp-pd) - Mit einem spannendem Blick in die Zukunft von ÖVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel begann am 30.06. der "Sommercampus Zukunft" an der Politischen Akademie.
Nach 1.500 Zukunftsgesprächen in ganz Österreich und einer Podiumsdiskussion mit hochkarätigen
"Zukunftsdenkern" brachte Bundeskanzler Schüssel den Fokus der Zeit auf den Punkt: "Global
denken und lokal handeln" müsse die Devise sein.
"Neu für uns, und das müssen wir erst lernen, ist die Tatsache, dass die globale Welt Wirklichkeit
ist." Sämtliche Themen des "Global Village" hätten ihre Auswirkungen auf den einzelnen
Menschen. Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine Anfang des Jahres sei ein Beispiel dafür. Die
Menschen seien sich dieser weltweiten Vernetzung jedoch noch gar nicht bewusst. Ein Außenhandelsvergleich
unterstreiche dies: "Den Menschen ist nicht klar, dass von einem 100-Euro-Schein in Österreich 55 Prozent
davon im Ausland erwirtschaftet werden müssen. Die abgeschottete `Schrebergarten-Mentalität` kann somit
zwar mit 45 Prozent, aber nicht mehr mit 100 Prozent unseres Wohlstandes gemacht werden.
Die EU-Ratspräsidentschaft habe gerade im Hinblick der Globalisierung zu einem enormen Lerneffekt geführt:
"Wir müssen tatsächlich global denken und lokal handeln", so Schüssel. Allerdings gebe
es durchaus paradoxe Entwicklungen: "Gute Politik und guter Journalismus müssen dies aufarbeiten. Man
kann nicht einerseits die Schlagzeile von morgen im Kopf haben und zugleich für 20 Jahre nachhaltig voraus
denken." So seien etwa Entscheidungen im Bereich der Infrastruktur solche, die für die nächsten
50 bis 100 Jahre ihre Gültigkeit hätten.
Dasselbe gelte für den Energiesektor: "Der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger ist
zwar ein Gebot der Stunde, dauert in seiner Wirkung aber 20 bis 30 Jahre. Die Vorlaufzeiten für den Umstieg
sind sehr lange, aber die Entscheidungen müssen natürlich jetzt getroffen werden. Wer will, dass wir
nachhaltig denken, muss bereit sein, über den Tag hinaus Politik zu machen", so der Bundeskanzler.
Der Gedanke der Langfristigkeit sei auch auf die Sozialsysteme umlegbar. "Wir haben bei der Pensionsreform
2003 die Computerprogramme bis 2050 rechnen lassen - mit dem Effekt, dass Österreich heute das einzige Land
ist, wo der Anteil der Pensionsleistung aus dem Staatshaushalt hoch, einer der höchsten in Europa, nicht
steigt, sondern sinken wird. Weil wir eben rechtzeitig langfristig denkend diese Reformen gemacht haben",
betonte der Bundeskanzler.
Eine überbordende Harmonisierung, so Bundeskanzler Schüssel, führe jedoch zu einer stärkeren
Zentralisierung. "Wer will, dass wir harmonisieren und vereinheitlichen, muss in Kauf nehmen, dass das zu
einer konzentrierten Macht in Brüssel führt." Die Verschiebung der Entscheidungsgewalt von den
kleinen Einheiten nach oben sei eine der entscheidenden Ursachen für die Skepsis der Menschen gegenüber
der Europäischen Union. Der "großartige Gedanke der europäischen Einigung" werde durch
eine zu starke Vereinheitlichung unterminiert.
Bundeskanzler Schüssel sprach sich klar für den europäischen Wettbewerb aus, den er als "Driving
Force" bezeichnete. Jeder, der davon ausgehe, "dass man sich weniger Wettbewerb leisten kann, der irrt
und fällt zurück". Der Angst und den damit verbundenen Feindbildern in diesem Zusammenhang müsse
ein Positiv-Bild und die notwendige Selbstsicherheit entgegengesetzt werden. Es gelte, mutige Entscheidungen
in die EU einzubringen. "Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen",
ergänzte der Bundeskanzler.
Neben dem Diskurs über materielle Dinge hätten auch Werte wie Toleranz ihre politische Bedeutung: "Über
diese Fragen wird in unserer Zeit viel zu wenig geredet. Oft werden diese Dinge entweder als automatisch vorausgesetzt
oder einfach delegiert." Ein Beispiel dafür sei die Schule. Es sei unfair, wenn Lehrer für alles
als Sündenbock herhalten müssten. "Ich plädiere für eine Verantwortungsgesellschaft,
wo eben Selbstverantwortung wahrgenommen wird. Dieses Grundprinzip muss zudem in allen Lebensbereichen gelten",
so Schüssel.
Den Veränderungen der Gesellschaft müssten die politischen Parteien, Institutionen und die Sozialpartner
entsprechen. "Man muss neue Gedanken entwickeln. Warum gibt es etwa unterschiedliche Sozialversicherungssysteme
für die Bauern und für die Selbstständigen? In Wahrheit sind das doch beide Unternehmer",
so der Bundeskanzler. Auch in der Gewerkschaftsbewegung werde dies deutlich: "Die Sozialpartner sollten
die Hände für die wichtigen Dinge frei haben. Es ist doch nicht notwendig, dass eine Partei eine Zeitung
besitzt, die Gewerkschaft eine Bank führt oder eine Wirtschaftsvertretung ein Hotel betreibt."
Bundeskanzler Schüssel ging abschließend auf das Exzellenz- Institut bei Klosterneuburg ein. "Wir
brauchen bei der Bildung einerseits die Breite und andererseits ein paar Spitzeneinrichtungen." Für
den wissenschaftlichen Bereich sei diese Einrichtung "absolut sinnvoll". Bundeskanzler Schüssel
verwies auf die Schweiz, in der "mindestens zwei bis drei solche Exzellenz- Institute im Angebot sind, um
die sie die ganze Welt beneidet". Die Bundesregierung investiere für dieses Projekt fast 600 Millionen
Euro zusätzlich: "Das macht Sinn und reißt auch andere mit. Wichtig ist aber auch, dass wir insgesamt
Bildung und die Verbindung mit der Kultur als eine Chance begreifen, die wir mit der Lebensqualität und
der wirtschaftlichen Leistung vernetzen können." |