Österreichs Lackindustrie hofft nach schwierigem Jahr 2005 auf Konjunkturanstieg – Starker
Importdruck, Export positiver Lichtblick
Wien (pwk) - Auf ein schwieriges Jahr 2005 schaut die österreichisch Lack- und Anstrichmittelindustrie
zurück: Trotz positiver Vorzeichen mussten die 25 Unternehmen der Branche mit insgesamt rund 3.000 Mitarbeitern
einen Rückgang um 4,4 Prozent bei der Produktionsmenge auf rund 121.450 Tonnen und um 3,6 Prozent beim Produktionswert
auf rund 348 Mio. Euro hinnehmen. Damit lag die Branche deutlich unter dem Schnitt der gesamten chemischen Industrie,
die im vergangenen Jahr im Produktionswert ein Plus von 4,1 Prozent erwirtschaftete. Besonders die konstant steigenden
Rohstoff- und Energiepreise, die im Jahr 2005 neue Rekordhöhen erreichten, drückten auf die Ergebnisse.
„Die Erwartungen, die die Branche in das Jahr 2005 gesetzt hatte, erfüllten sich nicht. Aber wir sind trotz
eines schwierigen Marktumfeldes optimistisch. Für 2006 rechnen wir wieder mit deutlich besseren Ergebnissen“,
resümiert Günther Berghofer, Obmann der Berufsgruppe Lackindustrie im Fachverband der chemischen Industrie.
Das erste Quartal gibt Grund zur Hoffnung: In den ersten drei Monaten des Jahres erwirtschaftete die Lackindustrie
zweistellige Zuwachsraten.
Mit einem Plus von 6,2 Prozent erzielte die Branche im Jahr 2005 bei den Exporten ein stabiles Wachstum und konnte
insgesamt Waren im Wert von rund 200 Mio. Euro exportieren. Verantwortlich für den Anstieg war vor allem der
Handel mit den EU-Ländern wie Frankreich (+ 41,6 Prozent), den Niederlanden (+ 46,7 Prozent) oder Italien
(+ 23,9 Prozent), innerhalb der EU24-Staaten konnte ein Ausfuhrwachstum von zwölf Prozent erreicht werden.
„Dies ist ein deutliches Indiz für einen bevorstehenden Konjunkturaufschwung“, so Berghofer. Die neuen, osteuropäischen
EU-Länder hingegen präsentierten sich beim Exportwachstum nach starken Steigerungen im Vorjahr nur noch
im einstelligen Prozent-Bereich. So beispielsweise wiesen die Ausfuhren nach Tschechien oder Polen ein Plus von
4,5 bzw. drei Prozent auf. Dennoch gehören die osteuropäischen Länder mit einem Exportwert von insgesamt
rund 80 Millionen Euro zu den wichtigsten Auslandsmärkten für die österreichische Lackindustrie.
Der hohe Importdruck des Jahres 2004 blieb 2005 aufrecht, die Einfuhren stiegen um 14,2 Prozent (234 Mio. Euro)
– insbesondere aus Deutschland: Mit 88.500 Tonnen kommen rund 80 Prozent aller Einfuhren aus dem Nachbarland. Auch
an den Zahlen zum Inlandsverbrauch zeigte sich der hohe Importdruck. Trotz leicht gestiegenen Verbrauchs (+ 1,6
Prozent Mengenwachstum) kam es nicht zu einer Steigerung des Absatzes der österreichischen Unternehmen. Vielmehr
fand ein Verdrängungswettbewerb statt, der hauptsächlich über die Preise geführt wurde und
in Marktanteilsverlusten im Inland für die österreichische Lackindustrie resultierte. Die Zuwächse
im Export jedoch haben die Situation etwas gemildert.
Beim Blick auf die einzelnen Bereiche gibt es unterschiedliche Ergebnisse. Während der Markt für Bautenlacke
leicht zulegen konnte, stagnierten die Bereiche Fassadenfarben und Holzlasuren. Der Industrielackbereich hingegen
musste deutliche Verluste hinnehmen.
Die neue europäische Chemikalienpolitik REACH stellt eine Herausforderung mit vielen Unwägbarkeiten dar.
„Einige Belastungen, die noch in den ersten Entwürfen zu REACH integriert waren, wurden reduziert. Dennoch
gilt es, an einigen, wichtigen Stellschrauben bei REACH zu drehen. Vor allem die kleinen und mittelständischen
Unternehmen müssen noch deutlich von Bürokratie entlastet werden“, erläutert Klaus Schaubmayr, zuständig
für die Berufsgruppe Lack- und Anstrichmittelindustrie im Fachverband der chemischen Industrie. Zudem ist
das Problem mit aus Nicht-EU-Staaten lackierten und beschichteten Fertigwaren noch ungelöst. Die Beschichtungen
für diese Fertigwaren unterliegen nicht REACH, und bringen so der österreichischen Lackindustrie deutliche
Wettbewerbsnachteile.
Die neue Lösungsmittelverordnung 2005 hingegen, die im Dezember rückwirkend für 30. Oktober 2005
in Kraft gesetzt wurde, wurde zur Zufriedenheit der Lackindustrie in Österreich umgesetzt. Durch die EU-weite
Regelung wird die Wettbewerbsverzerrung, die durch die alte Lösungsmittelverordnung 1995 vorlag, gemildert.
Diese strengen Begrenzungen für flüchtige organische Verbindungen gab es bisher nur in Österreich.
Nun muss sich ganz Europa daran halten. Für Produkte, die nachweislich vor dem in der Richtlinie genannten
Umsetzungs-Zeitraum 2007-2010 hergestellt wurden, gibt es eine Übergangszeit von 12 Monaten. „Wir hoffen hierbei
auf das Verständnis der Behörden, dass auch nach Ablauf der Übergangsfrist auf Lager liegende Bestände
nicht als Abfall entsorgt werden müssen. Damit würde ein nicht zu rechtfertigender volkswirtschaftlicher
Schaden entstehen und die Umwelt zusätzlich belastet werden“, so Schaubmayr weiter. Erste Gespräche mit
den Behörden dazu haben bereits stattgefunden – mit positivem Echo.
„Die Basis für eine erfolgreiche Zukunft der Lackindustrie in Österreich sind Qualität und gut ausgebildete
Mitarbeiter“, erklärt Hubert Culik, Geschäftsführer von Rembrandtin Lack. Gerade Lehrlinge spielen
in diesem wichtigen wirtschaftlichen Rahmen eine bedeutende Rolle, was jedoch in der heutigen Leistungsgesellschaft
oft unterschätzt wird. „Der Wert der Lehre wird immer noch deutlich zu gering eingeschätzt. Dabei gibt
es gerade im Bereich der Lackindustrie unzählige Chancen, denn Chemie besteht aus weit mehr als reiner Laborarbeit“,
beschreibt Culik. Von Bürokaufmann über EDV-Techniker bis hin zu Logistiker – die Vielfalt der Berufe,
in denen die Lackindustrie ausbildet, ist groß. Rembrandtin selbst bildet sieben Lehrlinge aus – bei einer
Mitarbeiterzahl von 130 ein hoher Prozentsatz. Dennoch: Die Lehrlingszahlen nehmen kontinuierlich ab. So waren
im Jahr 2005 in der chemischen Industrie 1.248 Lehrlinge beschäftigt. 2001 waren es noch 1.313. „Es besteht
durchaus die Gefahr, dass wir wie in den 60er Jahren wieder auf eine Lehrlingsknappheit auf dem Markt zulaufen.
Hier ist das AMS gefordert, die Bedeutung der Lehre stärker zu kommunizieren und in dieser Richtung verstärkte
Initiativen zu ergreifen“, so Culik weiter. Die Lackindustrie selbst arbeitet mit Schnupperlehren oder Schulaktionen
aktiv daran, die Lehre in der Industrie attraktiv zu machen.
Der Fachverband ist die gesetzliche Interessenvertretung der chemischen Industrie in Österreich und vereinigt
über 300 Mitglieder unter einem Dach. Der FCIO fördert die wirtschaftliche Entwicklung, indem er sich
bemüht, die Rahmenbedingungen positiv zu beeinflussen. Er begutachtet Gesetze, vertritt die gemeinsamen Interessen
seiner Mitglieder gegenüber Behörden, Politik und Öffentlichkeit. Zugleich ist der Fachverband Kollektivvertragspartner
und vertritt die Arbeitgeberinteressen der chemischen Industrie gegenüber den Gewerkschaften. Energiepolitik,
Forschung & Entwicklung sowie die Förderung der naturwissenschaftlichen Bildung zählen ebenfalls
zu wichtigen Themenfeldern der Fachverbandsarbeit im Interesse der gesamten chemischen Industrie. |