"Centrope – Europaregion Mitte" als zentrale Übergangsregion in Europa  

erstellt am
06. 07. 06

Wien (wifo) - "Centrope" wurde als "Europaregion Mitte" im Jahr 2003 von Vertretern von Regionen und Städten in Wien, Niederösterreich, Burgenland, West-Transdanubien, Bratislava, der West-Slowakei und Süd-Mähren ins Leben gerufen. Die Region verfügt über keine einheitliche, homogene Struktur und auch nicht über die Eigenschaften eines funktional eng verflochtenen Wirtschaftsraums. Im Hinblick auf die vielfältigen Herausforderungen grenzüberschreitender Standortpolitik bildet sie aber einen optimalen Kooperationsraum: groß genug, um die relevanten Akteure zu erfassen, aber auch hinreichend überschaubar, um Kooperationserfolge zu ermöglichen.

Der institutionelle Rahmen der "Centrope – Europaregion Mitte" soll durch grenzüberschreitende Kooperation die Wettbewerbsfähigkeit der Großregion stärken und langfristig zur Entwicklung eines integrierten Wirtschaftsraums beitragen. Das WIFO hat Status-quo und Entwicklungspotentiale dieses Vorhabens im Rahmen umfangreicher Analysen evaluiert.

Die Lage von Centrope an der "europäischen Wohlstandskante" spiegelt sich in erheblichen Entwicklungsunterschieden der Teilräume: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt in den östlichen Teilregionen von Centrope (2003) rund 88%, im österreichischen Teil rund 117% des Durchschnitts der EU. Damit ist Centrope derzeit als ein Konglomerat unterschiedlicher Teilräume mit einer Vielfalt von Standortbedingungen und (daraus folgend) Spezialisierungen zu betrachten. Wettbewerbsvorteile entstehen daher vor allem aus der intelligenten Nutzung einander ergänzender komparativer Vorteile.

Gemessen am erreichbaren Marktpotential ist Centrope auch keine europäische "Kernregion". Ihr Charakter entspricht vielmehr einer "zentralen Übergangsregion" zwischen dem hochentwickelten Kern Westeuropas und den entwicklungsschwächeren, aber dynamischen Peripherien Ost-Zentraleuropas. Dies eröffnet Möglichkeiten der funktionalen Spezialisierung: Die Vielfalt der Standortvorteile und das enorme Lohnkostendifferential auf kurze Distanz (Lohnkosten pro Stunde 2003 zwischen 19,4% des österreichischen Niveaus in der Slowakei und 25,3% in Ungarn) machen Strategien der grenzüberschreitenden vertikalen Arbeitsteilung entlang der Wertschöpfungskette attraktiv. Zudem ermöglicht die geographische Lage einen günstigen Zugang zu den kaufkräftigen Märkten im Westen, aber auch zu den dynamischen Märkten im Osten.

Unter Nutzung von Skalenerträgen und dem Vorteil niedrigerer Transaktionskosten wurde dies in den letzten Jahren in eine dynamische Entwicklung umgesetzt: Das BIP wuchs in der Region Centrope seit 1995 sowohl in den östlichen (nominell +5,6% p. a.) als auch in den westlichen Teilregionen (+4,2% p. a.) rascher als im Durchschnitt der EU 15 (+4,1% p. a.).

Trotz verbliebener Defizite der Verkehrs-, Ausbildungs- und Forschungsinfrastruktur machen diese Vorteile bezüglich der Kosten- und Absatzfaktoren die Region Centrope zu einem attraktiven Standortraum in Zentraleuropa, wie nicht zuletzt der Zustrom an Direktinvestitionen und die Außenhandelserfolge zeigen. So war der Anteil der Bestände an ausländischen Direktinvestitionen in den an Centrope beteiligten neuen EU-Ländern zuletzt (2003) mit 35% des BIP höher als in der EU 15 (33%) oder im Gesamtdurchschnitt (Welt 23%); in der Industrie dieser Länder beschäftigen die mit Direktinvestitionen ausgestatteten Betriebe mittlerweile 40% der Arbeitskräfte und erwirtschaften 60% bis 70% der Umsätze. Die Gesamtausfuhr der Länder Zentraleuropas stieg im Zeitraum 1995/2005 mit +12,2% pro Jahr fast doppelt so rasch wie jene der EU 15, nicht zuletzt dank der Erfolge im wettbewerbsstarken EU-Binnenmarkt. Mit Zuwachsraten zwischen 14,6% (Slowakei) und 17,6% (Ungarn) verzeichneten auch hier die neuen EU-Länder Zentraleuropas besondere Erfolge, aber auch Österreichs Ausfuhrerlöse (+7,9%) stiegen überdurchschnittlich (EU 15 +6,3%). Zudem entwickelt sich die Angebotsstruktur der neuen EU-Länder Zentraleuropas rasch in Richtung "moderner" technologie- und qualifikationsorientierter Spezialisierungen.

Im Hinblick auf die vielfältigen Herausforderungen grenzüberschreitender Standortpolitik bildet die zunächst als politisches Konstrukt entstandene Region Centrope einen optimalen Kooperationsraum: groß genug, um die relevanten Akteure zu erfassen, aber auch hinreichend überschaubar, um Kooperationserfolge zu ermöglichen. Die Absatzmärkte der Unternehmen werden jedoch typischerweise über diesen Standortraum hinausreichen. Deshalb sollte in Centrope vor allem die Angebotsstruktur optimal entwickelt werden, um den regionalen Unternehmen Erfolge auf globalen Märkten zu erlauben.

Quelle: WIFO
Autoren: Peter Huber, Peter Mayerhofer, Gerhard Palme
     
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