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Khol: Positive Bilanz der Nationalratstätigkeit |
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erstellt am
17. 07. 06
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Öffnung des Parlaments wird weiter forciert
Wien (pk) - Mit Freitag, dem 14. Juli 2006, hat der Nationalrat ein intensives Arbeitsjahr
und die XXII. Gesetzgebungsperiode beendet, die gekennzeichnet war durch eine Reihe bemerkenswerter politischer
Aktivitäten und die organisatorische, bauliche sowie technische Anpassung des Hohen Hauses an die Erfordernisse
zeitgemäßer Informationstechnologien.
Bevor Nationalratspräsident Andreas Khol auf die "trockenen Zahlen" der Statistik einging, hob er
den konstruktiven Geist hervor, der trotz aller politischer Gegensätze und Meinungsunterschiede im Hohen Haus
herrscht, und wies mit Nachdruck auf die meist unbemerkte aber zeitaufwändige und Kräfte raubende Arbeit
in den Ausschüssen hin.
"Die Arbeit und den Fleiß der Nationalratsmitglieder nur an den Redeminuten und –sekunden im Plenum
zu bewerten, ist ungerecht", stellte Khol fest, "so verlockend diese Zahlenspiele auch in der medialen
Verwertung sein mögen." Die Abgeordneten hätten sich in der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode in
den 495 Ausschuss- und 119 Unterausschusssitzungen sehr oft mit äußerst komplizierten Materien auseinandersetzen
müssen. Knapp mehr als die Hälfte der 524 Gesetze, nämlich 50,7 Prozent, seien einstimmig beschlossen
worden, berichtete er in weiterer Folge. Auch 90 Prozent der Staatsverträge hätten das Plenum mit einem
einhelligen Votum passiert. Von den 149 Berichten der Bundesregierung hätten 56 die Zustimmung aller Abgeordneten
gefunden. Insgesamt habe es 161 Plenarsitzungen, 2 Enquete-Kommissionen und 4 Enqueten gegeben.
Die Abgeordneten haben auch von ihrem Fragerecht ausführlich Gebrauch gemacht. 4464 schriftliche Anfragen,
davon 45 Dringliche, wurden an die Ministerinnen und Minister gestellt, an den Präsidenten des Nationalrates
sind 49 gerichtet worden, an den Präsidenten des Rechnungshofes 17 und an Ausschussobleute 3. In der Fragestunde
sind 159 mündliche Fragen aufgerufen worden, zu denen 468 Zusatzfragen gestellt wurden.
In seiner Bilanz zum Ende der Tagung schenkte Nationalratspräsident Khol den umfangreichen Bau- und Renovierungsarbeiten,
die zur weiteren Öffnung des Parlaments sowie zu organisatorischen und technischen Anpassungen an die Erfordernisse
zeitgemäßer Kommunikations- und Präsentationstechniken genützt wurden, besonderes Augenmerk.
"Der neue zentrale Eingang in das Parlamentsgebäude unter der Rampe ist zu einem Symbol für die
neue Offenheit des Hohen Hauses geworden. Das erkennt man vor allem an der deutlich gestiegenen Zahl von Besucherinnen
und Besuchern, die in unser Haus kommen:
Im kommenden Monat erwarten wir den 100.000sten Teilnehmer an einer Führung in diesem Jahr. Wir erreichen
damit schon im August ein Ziel, das wir uns bis zum Jahresende 2006 gesteckt haben", so Khol. Symbolisiert
werde die Öffnung des Hauses auch durch das neue Parlamentslogo, das seit vergangenem Jahr in Gebrauch ist.
In der neuen Rampe befinde sich auch das neu errichtete, frei zugängliche Besucherzentrum mit zeitgemäß
aufbereiteten multimedialen Informationen über das Parlament als Ort der Geschichte, als Ort der Bundesgesetzgebung
und als Ort der Kommunikation. Auch der neue Parlamentsshop finde großen Anklang, sagte Khol.
Das Parlamentsgebäude und das Palais Epstein werde auch für Veranstaltungen als Ort der Begegnung zunehmend
attraktiver. In dieser Legislaturperiode seien von unserer Veranstaltungsabteilung rund 500 Veranstaltungen organisiert
worden. Nicht eingerechnet seien dabei die unterschiedlichen Veranstaltungen der parlamentarischen Klubs.
"Der Tag der offenen Tür im Parlamentsgebäude sowie im Palais Epstein, einen Tag nach der Eröffnung
des Besucherzentrums, wird nach dem Erfolg des Vorjahres sicherlich auch in Zukunft durchgeführt werden",
sicherte der Nationalratspräsident zu.
"Mit besonderer Freude konnten wir im Vorjahr das neue in alter Pracht erstrahlende Palais Epstein zur Nutzung
übernehmen. Neben der Nutzung der Arbeitsräume für Abgeordnete steht es auch der Öffentlichkeit
zur Besichtigung, für Veranstaltungen und Ausstellungen zur Verfügung", erläuterte Khol. "Besonders
hinweisen möchte ich auf eine Veranstaltungsreihe des Austrian Jewish Welcome Service, die im kommenden Herbst
beginnen wird".
Die Modernisierung des Hohen Hauses wird auch in der kommenden Gesetzgebungsperiode fortgesetzt
Khol wies in diesem Zusammenhang auf das Internetangebot der Parlamentsdirektion hin. Es umfasst rund 200.000 Seiten
und verzeichnet pro Monat zwischen 400.000 und 600.000 Zugriffen. Vorrangiges Ziel der Neugestaltung im Jänner
2004 war es, dieses umfangreiche Angebot übersichtlich zu gestalten sowie Navigation und Graphik zu vereinheitlichen.
Sowohl versierte Kenner parlamentarischer Abläufe und Begriffe, wie Juristen, Journalisten und Politiker,
die auf der Homepage nach ganz bestimmten Dokumenten und Informationen suchen, als auch jene Bürgerinnen und
Bürger, die beim Surfen vielleicht zufällig hier landen und eher Allgemeines über das Parlament
finden möchten, sollen einfach und rasch zu den gesuchten Informationen gelangen. Für beide Zielgruppen
interessant ist ein weiterer Schwerpunkt der Neugestaltung: Hinweise und Berichte über das aktuelle Geschehen
im Parlament.
Nach der Verlagerung von Bücherbeständen in die neuen Rampenmagazine kann die Neuordnung der Dr. Karl
Renner-Bibliothek erfolgen. Ziel ist es, den ursprünglich als Magazin genutzten Bibliothekshauptraum in einen
Freihandbereich zu verwandeln und die vorhandene Substanz zu sanieren. Gleichzeitig können durch diese Neuorganisation
zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen und die seit 1994 im Haus 1 angesiedelte Zeitungs- und Zeitschriftenverwaltung
samt Zeitschriftenlesesaal wieder in den Bibliotheksbereich zurückgeführt werden.
Eine zusätzliche Vereinfachung wird auch die Umstellung der Verteilung der Dokumente vorparlamentarischer
Begutachtungsverfahren bringen. Diese werden künftig ausschließlich elektronisch verteilt. Das bringt
beträchtliche Einsparungen beim Papier und macht den hohen manipulativen Aufwand überflüssig.
"Wir haben damit das elektronische Parlament zu 100 Prozent verwirklicht", betonte Khol. "In dieser
Legislaturperiode wurden mehr als 700 Beschlüsse über Gesetze, Staatsverträge und 15a-Vereinbarungen
ins Netz gestellt. Ich kenne kein anderes Parlament, das in der Lage ist, in dieser Transparenz zeitgleich für
Abgeordnete und Bürger diese Informationen anzubieten".
"Nebenbei sparen wir mit Hilfe der Elektronik jährlich rund 60 Tonnen Papier, das ergäbe im Din
A4-Format aufgestapelt einen Turm, der annähernd vier mal dem Eiffelturm entspricht", rechnete der Präsident
vor.
Schließlich erinnerte er auch an den Umbau des Plenarsitzungssaales, der voraussichtlich im Jahr 2008 in
Angriff genommen wird. |
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Khol blickte auch, wie er betonte, mit Stolz auf die vergangenen Monate der österreichischen Ratspräsidentschaft
zurück. Dem österreichischen Parlament sei es gelungen, eine verstärkte Mitwirkung der nationalen
Parlamente in EU-Angelegenheiten zu erlangen. Damit werde das Subsidiaritätsverfahren durch die nationalen
Parlamente europäische Realität, betonte Khol. In Zukunft könnten diese prüfen, ob neue Gesetzesinitiativen
der EU-Institutionen tatsächlich auf europäischer Ebene oder nicht doch besser auf staatlicher bzw. regionaler
Ebene, und damit näher bei den Bürgerinnen und Bürgern, geregelt werden können. Aufgrund einer
Selbstverpflichtung der Kommission habe diese die Stellungnahmen der Parlamente gebührend zu berücksichtigen.
Diese neue Aufgabe bedeute für das Haus nicht nur wesentliche Mehrarbeit, sondern bedürfe auch der Entwicklung
einer standardisierten Vorgangsweise für die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Die Basis für dieses Verfahren sei bei der Subsidiaritätskonferenz am 18. und 19. April 2006 in St. Pölten
gelegt worden. Anlässlich der Zukunftskonferenz am 8. und 9. Mai 2006 in Brüssel habe Kommissionspräsident
José Manuel Barroso zugesagt, in Hinkunft alle neuen Gesetzesinitiativen der Kommission den nationalen Parlamenten
zu übermitteln. Der Vorschlag sei dann einstimmig von der Konferenz der Europaausschüsse, COSAC, unterstützt
worden und schließlich habe dieses Verfahren auch Eingang in das Schlussdokument des Europäischen Rats
vom 16. Juni 2006 gefunden.
Die Parlamente seien aber auch gefordert gewesen, so Khol weiter, die Diskussion um die Zukunft Europas anzukurbeln
und an dieser aktiv mitzuwirken. Eine Reaktivierung der Verfassungsdiskussion habe schließlich im Zuge der
interparlamentarischen Konferenz zur Zukunft Europas erreicht werden können. Da man im Vorfeld dazu die Notwendigkeit
gesehen habe, die Grundlagen dieser Zusammenarbeit neu zu definieren, sei er gemeinsam mit den Präsidenten
des finnischen und des deutschen Parlaments bemüht gewesen sicherzustellen, dass die nationalen Parlamente
als "Herren der EU-Verträge" respektiert werden und dass diese als gleichberechtigte Partner den
Diskussionsprozess über die zukünftige Verfassung Europas führen.
Zur besseren Vernetzung unter den Parlamenten sei aber auch die Zusammenarbeit der Ausschüsse erforderlich.
Deshalb habe man im letzten Halbjahr die Vorsitzenden der Außenpolitischen Ausschüsse, der Innenausschüsse
sowie der Finanzausschüsse und der Umweltausschüsse zu einem intensiven Gedankenaustausch im Rahmen von
vier Konferenzen ins österreichische Parlament eingeladen. Darüber hinaus hätten die Parlamentarierinnen
und Parlamentarier an zahlreichen weiteren multilateralen und bilateralen Terminen teilgenommen.
In diesem Zusammenhang unterstrich Khol die Bedeutung der regionalen Partnerschaft, die bereits vor der letzten
Erweiterung der Union ins Leben gerufen worden war. Sowohl auf der Ebene der Fachausschüsse als auch auf jener
der Parlamentspräsidenten habe sich daraus eine enge Kooperation unter den Parlamenten der Tschechischen Republik,
Ungarns, Sloweniens, Polens, der Slowakei und Österreichs entwickelt.
Wie der Nationalratspräsident weiter ausführte, habe die verstärkte Mitwirkung in EU-Angelegenheiten
die Anpassung der internen Struktur des österreichischen Parlaments notwendig gemacht. Dabei fand Khol durchaus
auch selbstkritische Worte. So hätten die im Mai 2005 beschlossenen Europatage, die der ausschließlichen
Erörterung von EU-Themen dienen, nicht ganz ihr Ziel erreicht, räumte er ein. Bei den bisher immer live
vom ORF übertragenen Diskussionen sei oftmals die Innenpolitik im Vordergrund gestanden und nicht die Europapolitik.
Khol regte daher an, die Praxis in der nächsten Gesetzgebungsperiode zu überprüfen und entsprechende
Reformen anzustreben. Weitere Neuerungen im Parlamentsalltag betreffen die Diskussion der Einzelberichte der Mitglieder
der Bundesregierung zum jährlichen Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission sowie zum Jahresprogramm
der Ratspräsidentschaft in den Fachausschüssen. Auch in der Parlamentsdirektion selbst habe man mit der
Schaffung der neuen Abteilung "EU-Koordination" im Bereich des "EU- und Internationalen Dienstes"
sowie durch eine eigene Vertretung beim Europäischen Parlament den neuen Anforderungen Rechnung getragen. |
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Besonderes Augenmerk schenkte Khol im Rahmen der Verfassungsreform in Österreich. "Die Verfassungsreform
braucht ihre Zeit. Wir können uns diese für eingehende Beratungen und Verhandlungen nehmen, denn es herrscht
kein Staatsnotstand in Österreich", betonte er im Hinblick auf die immer wieder geäußerte
Kritik, dass es bisher zu keiner Einigung gekommen ist. In diesem Jahr habe der Besondere Ausschuss das gemacht,
was politisch möglich gewesen sei, sagte Khol. Die einzelnen Fraktionen hätten – anders noch als im Konvent
– ihre Positionen zu Kernthemen der Verfassungsreform deutlich zum Ausdruck gebracht und in einem ausführlichen
Ausschussbericht festgehalten. Damit seien die tatsächlichen Voraussetzungen für politische Verhandlungen,
für die Konsenssuche und die Umsetzung einer Teil- oder Gesamtreform der Verfassung geschaffen worden. In
großen Themenbereichen, wie der Verfassungsbereinigung, den Grundrechten, der Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit
oder der Reform der weisungsfreien Behörden zeichne sich eine Einigung ab, resümierte Khol. Ausgeblieben
seien die weiteren Verhandlungen mit den Gebietskörperschaften.
Nationalratspräsident Khol hatte in seiner Antrittsrede vom 20. Dezember 2002 die Einrichtung eines "Österreich-Konvents"
und damit die Neuaufnahme der Verfassungsreform in Österreich als einen seiner Arbeitsschwerpunkte vorgestellt.
Im Frühjahr 2003 hat dann das 70köpfige Expertengremium des Konvents unter Vorsitz des ehemaligen Rechnungshofpräsidenten
Franz Fiedler seine Arbeit aufgenommen. Noch nie zuvor sei in einer solchen Breite, aus so unterschiedlichen Perspektiven,
und vor allem in und mit der Öffentlichkeit über die Verfassung diskutiert worden, unterstrich Khol.
Ebenso habe man damit erreicht, die Bedeutung der Verfassung und das Anliegen der Reform stärker als bisher
im öffentlichen Bewusstsein zu verankern.
Weder die intensive Diskussion in den zehn Ausschüssen des Konvents und in den insgesamt siebzehn Plenarsitzungen
noch die auf der Basis tief greifender Analysen, wissenschaftlicher Kritik, praktischer Erfahrungen und politischer
Standpunkte erarbeiteten Reformvorschläge hätten jedoch die mühsame Konsenssuche aller politischen
Kräfte und Ebenen ersetzen können, bemerkte Khol. Der Konvent sei von Beginn an in einem Spannungsverhältnis
zum geregelten Verfahren der Verfassungsgesetzgebung im Parlament und im zunehmenden Maße auch in einem Spannungsverhältnis
mit den politischen Konstellationen in Bund und Ländern gestanden. Wichtige Anliegen der Verfassungsreform,
wie etwa die Neuordnung der Kompetenzverteilung, seien daher offen geblieben. Der Besondere Ausschuss des Nationalrats,
der sich dann in zehn Sitzungen mit dem Bericht des Bundeskanzlers über den Österreich-Konvent befasst
hat, habe den Weg der eingehenden Beratungen und des Dialogs fortgesetzt. Er sei daher zuversichtlich, dass bereits
in der nächsten Gesetzgebungsperiode viele Anliegen der Verfassungsreform verwirklicht werden können,
so die Erwartung des Nationalratspräsidenten. |
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