Ortstafeln in Kärnten  

erstellt am
13. 07. 06

 Schüssel: Wollen Ortstafelfrage in rot-weiß-rotem Konsens lösen
Bundeskanzler zum Dringlichen Antrag der Grünen im Nationalrat
Wien (övp-pk) - Die Bitte von Kärnten war, sich um eine verfassungs- und staatsvertrags- konforme Lösung zu bemühen, die den Wünschen der Minderheiten Rechnung trägt. Arbeiten wir gemeinsam daran, ohne Gift zu träufeln und Emotionen zu schüren. Wir sind stark und willig genug, diese Angelegenheit in einem guten rot-weiß-roten Konsens lösen zu können, appellierte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am 12.07. im Rahmen der Debatte des Dringlichen Antrags der Grünen im Parlament an die Opposition.

"Mein Weg ist der Runde Tisch, die Verhandlung, die Konsenssuche, auch wenn dies mühsam ist. Wir haben eine große Lösung vorgeschlagen, mit der wir tatsächlich die Quadratur des Kreises gefunden haben, weil wir - im Vergleich zu den 70er Jahren unter Bruno Kreisky - doppelt so viele Ortstafeln aufstellen, und weil wir eine Verfassungslösung sicherstellen, die eine Öffnungsklausel vorsieht. Nach dieser können zehn Prozent der Bevölkerung einen Antrag stellen, der dann umgesetzt werden kann. Das ist der richtige Weg: kein Diktat, kein Automatismus, aber bitte auch kein Veto. Das ist auch genau das, was die slowenischen Volksvertreter verlangt haben. Und ich bin stolz darauf, dass wir ein gutes Verhältnis mit Slowenien haben. Wir sind gute Nachbarn und so muss es auch bleiben", so Schüssel weiter.

Die Grüne Abgeordnete Mag. Therezija Stoisits schreibe offenbar eine eigene Privatgeschichte, reagierte der Kanzler auf die Kritik der Grünen. Er erinnerte an die seit 2000 gemeinsam verhandelte Staatszielbestimmung, die "ihresgleichen sucht, und wir sind stolz darauf." Die Vorwürfe der Grünen seien "absurd". Natürlich gebe es Initiativen für Minderheiten. "Wir haben heute ein Bildungsangebot in Kärnten, nach dem 30 Prozent der Kärntner Pflichtschüler Slowenisch lernen. 70 Prozent davon haben Deutsch als Muttersprache. Sie sollten stolz auf diese Entwicklung sein", so Schüssel weiter.

Den Inhalt der Verordnung und des Gesetzesentwurfes - 15 Prozent bei den Gemeinden und zehn Prozent bei den Ortschaften und dazu noch eine Öffnungsklausel - habe man lange mit Experten und Verfassungsjuristen diskutiert. Es sei dies "mit Sicherheit eine Lösung, die hält und vertretbar ist. Wir sind nicht drübergefahren", verwies der Kanzler auf fünf Jahre Verhandlungen. Er, Schüssel, habe sich um diese Lösung bemüht und versuche, den erreichten Konsens mit Leben zu erfüllen. Die beiden slowenischen Vertreter Bernard Sadovnik und Marjan Sturm hätten dem einstimmigen Wunsch der Kärntner, eine Verfassungsbestimmung zu haben, damit Rechtssicherheit einkehrt, zugestimmt.

 

 Cap: "Polarisierer Haider will Thema für Wahlkampf warm halten, statt nach ehrlicher Lösung zu suchen"
Wien (sk) - "Landeshauptmann Haider will in Wahrheit keine Lösung, vielmehr will er sich das Thema Ortstafeln für den Wahlkampf warm halten", betonte der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap am 12.07. im Rahmen einer Dringlichen im Parlament. "Es ist ungustiös, auf dem Rücken einer Minderheit einen Wahlkampf zu führen, statt im Sinne der österreichischen Verfassung und des Artikel 10 des Staatsvertrags nach einer ehrlichen Rechtsumsetzung und nach einer Lösung zu suchen", so Cap wörtlich, der auf eine breite, konsensuale Lösung für alle in Kärnten lebende Menschen nach der Nationalrats-Wahl hofft. Haiders heutige Aussagen ("die da draußen können beschließen, was sie wollen") bestätigten die SPÖ einmal mehr in ihrer Befürchtung, dass Haider "kein Garant" dafür ist, das Beschlossenes auch umgesetzt werde, so Caps Plädoyer für Rechtssicherheit. Im Übrigen sei Haider gesagt, dass sich die "SPÖ kein Ultimatum stellen lässt", so Cap, der für ein Miteinander-Reden in "vernünftiger Sprache" eintrat. Die SPÖ plädiere für eine Regelung, die die Umsetzung einer erzielten Einigung auch garantiert.

Am Scheitern des Konsenses zur Ortstafelfrage sei die "Polarisierungspolitik Haiders federführend" beteiligt – dies sei "schade für die wunderschönen Länder Kärnten und Slowenien" und auch "schade für die österreichische Demokratie", führte Cap aus. Gerade angesichts der engen Beziehungen zwischen Kärnten und Slowenien (Wirtschaftsbeziehungen, Investitionen, EU) seien die Vorgänge rund um die Ortstafeln umso unverständlicher und eine "Absurdität sondergleichen". Immer dann, wenn eine konstruktive Lösung in Sichtweite gewesen sei, habe Landeshauptmann Haider auf eine "sehr spezielle Art" reagiert – er habe begonnen, zu polarisieren. Offenbar bestehe Haiders Ziel darin, zwar einen Kompromiss zu erzielen, bei dem jedoch die Slowenen nicht dabei sind, betonte Cap mit Hinweis darauf, dass Haider erst in seiner gestrigen Pressekonferenz wieder auf die "Minderheitenvertreter hingedroschen hat".

Gerade dort, wo im Rahmen eines Verfassungsgesetzes Minderheitenrechte berührt werden, müsse man "besonders sensibel" vorgehen und auf die Zustimmung namhafter Vertreter der Minderheitengruppe achten, so der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann. Die SPÖ habe sich – immer in Rücksprache mit den Slowenengruppen - konstruktiv an den Gesprächen beteiligt und trete für eine Lösung nach der Nationalrats-Wahl ein. Während die SPÖ an einer breiten und vernünftigen Lösung interessiert ist, stelle Haider abzulehnende Ultimaten, wenn er die SPÖ etwa wissen lasse: "Entweder die SPÖ kehrt an den Verhandlungstisch zurück, oder es gibt überhaupt keine Lösung". Caps klare Antwort: "Wir lassen uns kein Ultimatum stellen".

 

 Scheibner-Appell an SPÖ: "Denken Sie nicht an Ihre parteipolitischen Scharmützel"
Wien - "Denken Sie nicht an Ihre parteipolitischen Scharmützel, sondern denken Sie endlich daran, daß wir knapp daran sind, einen 30-jährigen Konflikt rund um die Ortstafelfrage ein für allemal zu klären. Darum geht es, Herr Kollege Cap und um nichts anderes", meinte der Klubobmann des Freiheitlichen Parlamentsklub-BZÖ Herbert Scheibner am 12.07. im Zuge der Debatte über einen Dringlichen Antrag der Grünen.

Die Menschen in Kärnten und in Österreich wünschten sich eine Lösung. In den letzten zehn oder 15 Jahren sei in Kärnten im Zusammenleben zwischen Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung viel Positives passiert. "Daher ist es zu kritisieren, daß einige selbsternannte Interessensvertreter, wie der Herr Vouk provozierend Verfassungsgerichtshoferkenntnisse hier mitinitiieren, um die gesamte Diskussion wieder aufzukochen", stellte Scheibner fest. "Wir haben uns verständigt, diese Problematik zu lösen, wie es auch die Slowenenvertreter mit Verfassungsbestimmung wollen, daß hier Rechtssicherheit besteht", so Scheibner.

"Wenn Sie diesen Konsens nicht zu lassen, dann heißt das nicht, daß nur pro futuro keine Ortstafeln mehr über die Öffnungsklausel aufgestellt werden können, sondern dann wissen Sie, daß all diese Ortschaften, auf die wir uns schon geeinigt haben, auch in Zukunft keine zweisprachigen Ortstafeln haben werden. Da ist dann nicht der Kärntner Landeshauptmann schuld, auch nicht die Bundesregierung, sondern dies liegt dann in der Verantwortung der SPÖ", betonte Scheibner.

"Wir sind politisch verantwortlich und wir haben über diesen Dingen zu stehen. Wir haben die staatspolitische Verantwortung - wo diese Einigung so nahe erscheint - die Chance zu ergreifen und jetzt dies umzusetzen", schloß Scheibner.

 

Strache: Regierung versinkt endgültig im Chaos
Kärnten braucht keine einzige zusätzliche zweisprachige Ortstafel
Wien (fpd) - "Diese Regierung versinkt endgültig im Chaos." Das stellte FPÖ- Bundesparteiobmann HC Strache am 12.07. zur jüngsten Entwicklung bei der Ortstafelfrage fest.

Zuerst hätten Schüssel, Haider und Co. vollmundig von einem "historischen Kompromiß" geplappert, ohne zu erwähnen, daß dieser sogenannte "Kompromiß" ausschließlich zu Lasten der deutschsprachigen Kärntnerinnen und Kärntner gehe, erklärte der FPÖ-Obmann. Jetzt stelle sich heraus, daß das ausverhandelte Paket, das ohnehin schon eine regelrechte Kapitulation darstelle, den Scharfmachern auf slowenischer Seite immer noch nicht weit genug gehe. Diese würden wohl erst dann Ruhe geben, wenn in ganz Kärnten zweisprachige und letztlich einsprachig slowenische Ortstafeln aufgestellt worden seien.

Man solle jetzt die Chance nutzen und die Diskussion endgültig beenden, forderte Strache. Kärnten brauche keine einzige zusätzliche zweisprachige Ortstafel. Die FPÖ sei die einzige Partei, die in dieser Frage voll und ganz auf der Seite der Kärntnerinnen und Kärntner stehe.

 

Stoisits: Ortstafelerkenntnis des Verfassungsgerichtshofes endlich umsetzen
Wien (grüne) - Die Grünen brachten im Parlament einen Dringlichen Antrag Dringlichen Antrag der Abgeordneten Terezija Stoisits, Alexander van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes ein.

Begründung

Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen haben deutlich gemacht, dass die Bundesangelegenheit Minderheitenschutz in Österreich dem Kärntner Landeshauptmann zur Profilierung überlassen wurde.

Der jahrelange Kleinkrieg um jede einzelne Ortstafel hat namhaften Institutionen unseres Rechtsstaates schweren Schaden zugefügt und den Rechtsbruch höchster politischer Verantwortungsträger salonfähig gemacht. In mancher Hinsicht hat sich dieser Rechtsbruch noch ausgezahlt. Das ist das bedenklichste Resultat der Diskussion der letzten Tage und des vorläufig gescheiterten Versuchs von ÖVP und BZÖ, die im Staatsvertrag von Wien verbrieften Minderheitenrechte durch neue Verfassungsbestimmungen auszuhebeln. Einige haben diesen Versuch sogar als „historische Lösung“ bezeichnet.

In seinem Erkenntnis von 13. Dezember 2001 hat der Verfassungsgerichtshof jene Passage des Volksgruppengesetzes 1976 als verfassungswidrig aufgehoben, die für das Aufstellen von zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten und in Burgenland einen

25 % Anteil von Minderheitenangehörigen vorsah. Die zu Korrektur vorgesehene Frist bis 31.12.2002 ließ die Bundesregierung völlig ungenutzt verstreichen.

Die Bundesregierung hat seit 2001 den Auftrag des VfGH zur Erlassung einer neuen Topografieverordnung negiert. Am 30.06.2006 wurde völlig überstürzt eine neue Topografieverordnung für Kärnten im Hauptausschuss beschlossen. Diese Verordnung beinhaltet lediglich 93 Ortstafeln und ist mit Sicherheit (erneut) verfassungswidrig. Der Erstentwurf dieser Verordnung hatte noch 158 zweisprachige Ortstafeln vorgesehen. Am 11. 7. 2006 wurde eine neuerliche Topografieverordnung über 142 Ortstafeln beschlossen, die nun mangels Verfassungsbestimmung nicht in Kraft treten kann. Diese Verordnung bezieht sich auf ein Gesetz, welches bislang noch nicht beschlossen wurde. Das Resultat ist, dass nun eine verfassungswidrige Topografieverordnung über 93 Ortstafeln in Kraft ist. Dies im 51. Jahr nach in Kraft treten des Staatsvertrages von Wien.

Der Staatsvertrag von Wien regelt im Artikel 7 die Rechte der Minderheiten auf topografische Aufschriften im Verfassungsrang. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem sogenannten Ortstafelerkenntnis 2001 Teile des Volksgruppengesetzes und der Topografieverordnung als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat dabei den Staatsvertrag von Wien zur Auslegung herangezogen und ausgesprochen an welchen Kriterien sich eine verfassungskonforme Regelung orientieren muss. Zweisprachige Ortstafeln müssen dem gemäß in Ortschaften mit einem Minderheitenprozentsatz von „mehr als 10% über einen längeren Zeitraum“ aufgestellt werden. Die gegenständliche Regelung des Volksgruppengesetzes hat damit nichts zu tun. Zweisprachige Ortstafeln sind darin erst ab einem Minderheitenanteil von 10% in Ortschaften und ab 15% in Gemeinden vorgesehen. Es besteht ein doppelter Widerspruch zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes. Dieser sieht in seinen Erkenntnissen eben keinen Mindestanteil von 15% auf Gemeindeebene vor, zum anderen differenziert der Verfassungsgerichtshof nicht zwischen Ortschaften und Gemeinden, geschweige denn hat er eine kumulative Verknüpfung von Prozentanteilen auf Ortsebene und Gemeindeebene vorgesehen.

Es gibt zwei Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen. Die Regierung hat in den letzten Tagen versucht, Bestimmungen, die möglicherweise einer weiteren Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht stand halten, mit einem Verfassungsgesetz jeder Prüfung durch den VfGH zu entziehen. Sie kann dem Nationalrat aber auch eine Vorlage, die als einfaches Gesetz den Erkenntnissen des VfGH, aber vor allem den Bestimmungen des Staatsvertrags entspricht, zuleiten. 51 Jahre nach Unterzeichnung des Staatsvertrages könnte dieser so endlich vollständig umgesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein verfassungskonformes Volksgruppengesetz zuzuleiten, damit sichergestellt ist, dass eine Beschlussfassung des Nationalrates noch in dieser Legislaturperiode erfolgen kann.

In diesem Entwurf ist darauf Bedacht zu nehmen, dass weder Landeshauptleuten noch Bürgermeistern die Möglichkeit eröffnet wird, die Umsetzung des Gesetzes zu verhindern.

Der Entwurf soll darüber hinaus sicher stellen, dass das Recht des Verfassungsgerichtshofes, die Einhaltung des Staatsvertrags zu prüfen, nicht beschnitten wird.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt
 
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