Libanon: möglicherweise ein Österreicher getötet  

erstellt am
26. 07. 06

Anschlag auf UN-Posten
Wien (bmlv) - Es ist bestätigt, dass im Libanon ein UN-Posten getroffen worden ist, in dem sich UN-Beobachter befinden. Auf diesem Posten sind ein chinesischer, ein kanadischer, ein finnischer und ein österreichischer UN-Beobachter stationiert. Nachdem kein Kontakt mehr mit dem UN-Posten aufgenommen werden konnte, wurde von der UN-Mission UNIFIL eine indische Patrouille zu dem Posten entsendet. Diese Patrouille hat zwei Leichen gefunden, deren Identität bisher noch nicht festgestellt werden konnte.

 

 Ausdrücklicher Protest von Außenministerin Plassnik
Wien (bmaa) - Außenministerin Ursula Plassnik hat am 26.07. Früh mit ihrer israelischen Amtskollegin Tzipi Livni telefoniert. Auf Grundlage der Stellungnahme des UN-Generalsekretärs Kofi Annan brachte sie den nachdrücklichen österreichischen Protest gegen den Beschuss des UNO-Beobachterpostens im Libanon durch die israelische Luftwaffe zum Ausdruck. Zum Zeitpunkt des Angriffs auf die UN-Stellung soll unter anderem auch ein österreichischer UN-Beobachter dort auf Posten gewesen sein. Über dessen Schicksal liegen derzeit noch keine gesicherten Informationen vor.

Die Außenministerin informierte ihre Kollegin über die Empörung der österreichischen Bundesregierung angesichts dieses Vorfalls und verlangte eine sofortige und lückenlose Aufklärung. "Ein solcher Angriff auf unbewaffnete UN-Beobachter ist vollkommen inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen", unterstrich Plassnik.

Plassnik forderte Israel weiters dringend dazu auf, den weiteren Beschuss des Gebietes sofort einzustellen. Zur Stunde besteht aufgrund der fortdauernden Kampfhandlungen keine Möglichkeit zum betroffenen Bunker vorzudringen. "Der UNO muss umgehend der volle und gesicherte Zugang zum betroffenen UN-Posten ermöglicht werden. Zudem muss die israelische Regierung ausschließen, dass UNO-Posten in Zukunft erneut Ziel von Angriffen werden", so Plassnik.

Die israelische Außenministerin Tzipi Livni drückte ihr tiefes Bedauern über den Vorfall aus und erklärte, dass es sich nicht um einen gezielten Angriff auf den UN-Posten gehandelt habe. Eine derartige Vorgangsweise stünde im vollen Widerspruch zu Israels Werten und Regeln. Livni sagte eine umgehende Untersuchung des Vorfalls zu. Sie werde sofort persönlich mit dem israelischen Verteidigungsminister in der Frage des Zugangs zur betroffenen UN-Stellung Kontakt aufnehmen.

Der israelische Botschafter in Wien wurde umgehend ins Außenministerium vorgeladen. Plassnik erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die dringende Aufforderung der EU an Israel, die Gewalt zu beenden und jegliches unverhältnismäßige Vorgehen zu vermeiden. Alle militärischen Operationen müssen im Einklang mit dem Völkerrecht und unter Beachtung der Unverletzlichkeit der Vereinten Nationen erfolgen. Dazu gehöre selbstverständlich auch der Schutz und die Sicherheit der UNO-Soldaten und -Beobachter im israelisch-libanesischen Grenzgebiet.

 

 Einem: Einsatz im Libanon wäre vorsätzliche Gefährdung österreichischer Soldaten
Wien (sk) - Der israelische Angriff auf einen UNO-Beobachterposten im Libanon – ob er nun vorsätzlich oder irrtümlich erfolgt ist – macht nach Meinung des SPÖ-Europasprechers Caspar Einem die Debatte über eine österreichische Beteiligung an einer UNO-Friedenstruppe endgültig zur Makulatur. "Eine Friedenstruppe kann ihre Aufgabe nur dann erfüllen, wenn beide Kriegsparteien zur Einhaltung eines Waffenstillstandes bereit sind", betonte Einem, "im Südlibanon würde eine solche Friedenstruppe aber nur zwischen die Fronten geraten. Das Leben ihrer Angehörigen wäre ständig in höchster Gefahr."

Die Situation einer UNO-Friedenstruppe im Südlibanon wäre dadurch besonders prekär, so Einem weiter, weil ihr von israelischer Seite die Aufgabe zugedacht ist, die bisherigen Operationsgebiete der Hizbollah zu besetzen. Dies würde die Hizbollah, die vor Jahren in einem Abnützungs-Krieg den Rückzug der israelischen Truppen erzwang, kaum hinnehmen. Umgekehrt würde sich Israel von Militärschlägen gegen vermutete Hizbollah-Kräfte in diesem Gebiet kaum abhalten lassen, die stets auch die UNO-Kräfte gefährden würden, erläuterte Einem am Mittwoch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

"Österreich hat eine gute Tradition der Teilnahme an friedenssichernden UNO-Einsätzen. Nichts spricht dagegen, diese Tradition auch fortzusetzen. Aber ein Einsatz, der österreichische Heeresangehörige zwischen die Fronten eines Krieges schickt, ist nach Meinung der SPÖ nicht verantwortbar, weil er eine vorsätzliche Gefährdung österreichischer Soldaten darstellen würde", betonte Einem.

Der SPÖ-Abgeordnete verurteilte den israelischen Angriff gegen den UNO-Beobachterposten und forderte von der Außenministerin einen scharfen Protest. "Eine Armee, die in der Lage ist, einzelne gegnerische Führer gezielt zu töten, wird doch wohl auch imstande sein, einen deutlich gekennzeichneten UNO-Posten von einer Hizbollah-Position zu unterscheiden." Mit überschießender Gewalt "wird der Nahost-Konflikt mit Sicherheit einer Lösung nicht näher gebracht", so Einem abschließend.

 

 Westenthaler: BZÖ beruft nationalen Sicherheitsrat ein
Wien (bzö) - Im Rahmen einher Pressekonferenz zeigte sich heute BZÖ-Chef Peter Westenthaler erschüttert über den israelischen Luftangriff auf einen UN-Posten, bei dem möglicherweise ein Österreichischer UNO-Beobachter ums Leben gekommen ist. "Jetzt sind auch wir betroffen. Das BZÖ hat daher bereits den nationalen Sicherheitsrat einberufen".

Westenthaler wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich laut UN-Generalsekretär Kofi Annan nicht um einen Irrtum sondern einen gezielten Angriff von israelischer Seite gehandelt habe. Er forderte die Zitierung des israelischen Botschafters ins Außenamt. "Es wurde klar gegen internationale Regeln verstoßen. Es ist inakzeptabel was hier passiert", so Westenthaler.

 

 Strache: Keine österreichischen Soldaten im Libanon
Wien (fpd) - Die FPÖ spricht sich gegen den von Bundespräsident Fischer angedeuteten Einsatz von österreichischen Soldaten im Libanon aus. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache will das Leben österreichischer Soldaten nicht den "Kriegstreibern" im Nahen Osten opfern.

Fassungslos zeigt sich Strache aufgrund des israelischen Luftrangriffs auf einen UNO-Beobachterposten, bei dem offenbar auch ein österreichischer UNO-Soldat zu Tode gekommen ist. UNO-Generalsekretär Kofi Annan sprach von einem "offenbar vorsätzlichen" Angriff der Israelis.

Strache: "Die Leidtragenden dieses Krieges sind wieder einmal vor allem Unschuldige, Zivilisten, Frauen und Kinder. Ich fordere die Außenministerin auf, den israelischen Botschafter ins Außenministerium zu zitieren und die Österreicher über die Hintergründe dieses feigen Angriffs zu informieren."

 

IKG bedauert Tod der UN-Beobachter
Wien (ikg) - Die Israelitische Kultusgemeinde Wien bedauert zutiefst den tragischen Tod von 4 UN-Beobachtern, unter denen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Österreicher befindet.

Die IKG ist davon überzeugt, dass es sich bei dem Tod der UN-Soldaten um ein tragisches Unglück handelt. Äußerungen wonach es sich um einen absichtlichen Angriff gehandelt hat, ohne dass das Ergebnis einer entsprechenden Untersuchung abgewartet wird, werden von der IKG zurückgewiesen. Sie sind zwar im Einzelfall emotional verständlich, stellen aber Vorverurteilungen dar und sind im politischen Zusammenhang gedacht, einseitige Polemik.

In diesem Zusammenhang weist die IKG nochmals auf den wesentlichen Unterschied zwischen Kriegshandlungen Israels, die sich gezielt gegen terroristische Ziele bei Hisbollah oder Hamas richten und den bewusst gegen Zivilisten gerichteten völkerrechtswidrigen Terror durch Raketenbeschuß oder Selbstmordattentate hin.

Auch bei völkerrechtsmässiger Kriegsführung sind bedauerlicherweise Verluste unter der Zivilbevölkerung oder unbeteiligten Dritten nicht auszuschließen.

Die Wortmeldungen rechtsradikaler Randgruppen, wie der FPÖ, deren politische Akademie erst unlängst Vertreter des Holocaustleugnerregimes aus Teheran als Gäste nach Wien einlud und die Tragödie zu politischen Kleingeldzwecken versucht zu nutzen, werden von der IKG entschieden zurückgewiesen. Vielmehr wären die mit solchen Besuchen verbundenen finanziellen Beziehungen einer Untersuchung wert.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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