AUA gegen OMV  

erstellt am
25. 07. 06

Austrian ersucht Wettbewerbsbehörden um Überprüfung des Verdachts auf Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch OMV
Wien (austrian airlines) - Die Austrian Airlines Group sieht sich in Österreich mit einer Monopolstruktur beim Treibstoffeinkauf konfrontiert. Der OMV kommt sowohl bei der Erzeugung von Flugzeugtreibstoff als auch bei der für den Transport von Flugzeugtreibstoff erforderlichen Infrastruktur von der Raffinerie zum Flughafen und dem Betrieb der Hydrantenanlage am Flughafen Wien eine marktbeherrschende Stellung in Österreich zu.

Aus Sicht der Austrian Airlines Group besteht der Verdacht des Missbrauchs dieser marktbeherrschenden Stellung durch die OMV in Form von Preismissbrauch (überhöhte Preise sowohl von Flugzeugtreibstoff als auch von Benützungsentgelten für die Betankungsinfrastruktur) sowie Missbrauch der Vertriebsstruktur durch Einschaltung von anderen internationalen Mineralölgesellschaften als Zwischenhändler, wodurch der unrichtige Eindruck von Wettbewerb entsteht. Der dem Austrian Konzern dadurch zugefügte Schaden wird mit 35 Mio. Euro pro Jahr geschätzt. Nachdem drei Vergleichsversuche auf höchster Ebene scheiterten, wurde nun die Wettbewerbsbehörde ersucht, Untersuchungen einzuleiten.

Der Preis für Flugzeugtreibstoff setzt sich aus folgenden Preisbestandteilen zusammen: Produktpreis, Differential (Logistikkosten und Marge) und Abgaben. Im Einzelnen geht es im Überblick dabei um folgende Sachverhalte:

  1. Obgleich das für die Verarbeitung von Flugzeugtreibstoff von der OMV eingekaufte Rohöl über eine Pipeline aus Triest angeliefert wird, wendet OMV beim Verkauf des Flugzeugtreibstoffes nicht die für Produktanlieferungen in Triest von den internationalen Mineralölgesellschaften geschaffene MED-Notierung, sondern die deutlich höhere Platt’s Notierung Rotterdam an. In dieser Platt’s Notierung Rotterdam werden aber Logistik-Kosten berücksichtigt, die bei Rohöl-Anlieferungen in Triest nicht anfallen. Würde statt dieser virtuellen Notierung ein tatsächlich kostenbezogener Produktpreis verrechnet werden, könnten Einsparungen in Höhe von ca. Euro 25 Mio. erzielt werden.
  2. Das Differential ist am Flughafen Wien doppelt bis dreifach so hoch wie auf vergleichbaren Wettbewerbsflughäfen. Die von der Austrian Airlines Group 2005 begonnene Eigenbetankung (derzeit ca. 22 % des Bedarfs am Drehkreuz Wien) ist trotz des Überlandtransports des Flugzeugtreibstoffes über 500 km in Kesselwaggons aus dem süddeutschen Raum um rd. 15 % günstiger gegenüber dem von OMV bezogenen Flugzeugtreibstoff. Die Herabsenkung des Differentials auf eine Höhe, wie es auch auf vergleichbaren Flughäfen, auf welchen unter den Treibstoff-Lieferanten ausreichend Wettbewerb herrscht, üblich ist, würde bei der Austrian Airlines Group zu Einsparungen von mindestens Euro 8 Mio. pro Jahr führen.
  3. Trotz Ermöglichung des Zuganges zur Raffineriestruktur der OMV im Jahr 2005 ist es für die Austrian Airlines Group äußerst schwierig, den Anteil an Eigenbetankung zu erhöhen, da Raffinerien, die in der Nähe von Österreich gelegen sind, nicht bereit sind, entsprechende Mengen Flugzeugtreibstoff an die Austrian Airlines Group nach Wien zu verkaufen. Es besteht somit der Verdacht, dass diese Raffinerien – aus welchen Gründen auch immer – nicht mit der OMV in Konflikt geraten möchten.
  4. Obwohl die OMV 100 % des Bedarfs an Flugzeugtreibstoff in Wien produziert und damit der Austrian Airlines Group 100 % ihres Bedarfs anbieten könnte, liefert sie der Austrian Airlines Group nur ca. die Hälfte des Bedarfs. Den verbleibenden Bedarf muss die Austrian Airlines Group von anderen Mineralölgesellschaften wie ExxonMobil, BP, Shell, Agip und Total kaufen, die aber seit einigen Jahren nicht mehr selbst Flugzeugtreibstoff in Wien produzieren lassen, sondern diesen ebenfalls von der OMV erwerben. Durch Einschaltung dieser Zwischenhändler, die keinerlei handelsübliche Akquisitions- bzw. Beratungsleistung erbringen, verteuert sich nicht nur der Flugzeugtreibstoff, sondern wird dadurch auch der Anschein eines Wettbewerbs erzeugt, der in Wirklichkeit nicht stattfindet. Von der Austrian Airlines Group in den letzten Jahren durchgeführte Ausschreibungen zeigten, dass die OMV und die anderen Mineralölgesellschaften immer gerade jene Mengen an Flugzeugtreibstoff angeboten hatten, die gemeinsam ca. 100 % des ausgeschriebenen Bedarfs ausmachten. Auch waren die angebotenen Preise in der Vergangenheit nahezu ident.
  5. Seit Jahren weigert sich die von der OMV beherrschte Hydrantengesellschaft am Flughafen Wien, welche das Unterflurbetankungssystem betreibt, die Kalkulation für die von der Austrian Airlines Group zu bezahlenden Hydrantengebühren gegenüber dem zuständigen Ministerium offenzulegen. Dazu wäre sie aber gesetzlich bereits seit 1998 verpflichtet, damit die Höhe der Hydrantengebühren genehmigt werden kann. Im Vergleich zu anderen Flughäfen ist diese Hydrantengebühr in Wien mehr als doppelt so hoch. Eine Herabsenkung auf ein angemessenes Ausmaß würde bei der Austrian Airlines Group zu Einsparungen von ca. Euro 2 Mio führen.


„Insbesondere unter dem Blickwinkel des einsetzenden Verdrängungswettbewerbs unter den europäischen Flugdrehscheiben, müssen wir auch im Sinne einer umfassenden Standortpolitik danach trachten, die OMV-Geschäftspolitik kartellrechtlich zu hinterfragen. Für unser Unternehmen, das immerhin 70 % der gesamten Nachfrage für Flugzeugtreibstoff in Österreich generiert, geht es dabei um sehr viel. Ein Fall, der überhöhte Preise für Flugzeugtreibstoff betraf, wurde gerade in Italien kartellrechtlich untersucht und führte zu Bußgeldzahlungen der Mineralölgesellschaften von insgesamt Euro 315 Mio. Insbesondere angesichts des exorbitanten Preisniveaus für Flugzeugtreibstoff sollte die OMV um Transparenz und echten Wettbewerb zu Gunsten ihrer Kunden bemüht sein.“ kommentiert Austrian Vorstandsvorsitzender Mag. Alfred Ötsch die Motive für die Einschaltung der Wettbewerbsbehörden, nachdem die partnerschaftlichen Gespräche mit OMV zu keinem Resultat führten.

     
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