Neue Leit- und Sicherheitszentrale für Wiener U-Bahn  

erstellt am
25. 07. 06

46,5 Mio. Euro für eine der weltweit modernsten U-Bahn- Leitstellen: U2, U3, U6 bereits im System - U1 folgt im September
Wien (rk) - "Die Wiener U-Bahnen befördern täglich rund 1,2 Millionen Fahrgäste. 8,5 Milliarden Kilometer sind die mehr als 400 Millionen Fahrgäste pro Jahr auf den Wiener U-Bahnlinien insgesamt unterwegs, und das seit Jahrzehnten ohne große Zwischenfälle. Mit gutem Grund zählen die Wiener Linien im Bereich Sicherheit und Sicherheitsempfinden zu den besten Verkehrsbetrieben in Europa. Um die hohen Sicherheitsstandards, die Verlässlichkeit, die Pünktlichkeit und die Qualität insgesamt weiter zu steigern, haben wir rund 46,5 Millionen Euro in die Errichtung einer der weltweit modernsten Leit- und Sicherheitszentralen investiert", erklärte Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Vizebürgermeister Dr. Sepp Rieder am 24.07. bei der Präsentation der neuen Leit- und Sicherheitszentrale gemeinsam mit Wiener Linien-Direktor Dipl. Ing. Günter Steinbauer.

Die neue Leitstelle in Erdberg wird Schritt für Schritt die bisherige Zentrale am Karlsplatz ablösen. Schon heute werden von Erdberg aus Teile des Wiener U-Bahn-Netzes - die Linien U2, U3 und U6 - überwacht. Die U1 folgt am 2. September 2006, wenn der neue 4,6 km lange Streckenabschnitt mit den Stationen Kagraner Platz, Rennbahnweg, Aderklaaer Straße, Großfeldsiedlung und Leopoldau eröffnet wird. Die Aufsicht über die U4 wird voraussichtlich Mitte 2007 übernommen werden. Dann ist die neue Leitstelle in Erdberg endgültig in Vollbetrieb und ersetzt die alte 1978 in Betrieb genommene Leitstelle am Karlsplatz komplett.****

Herzstück des Wiener U-Bahnsystems: Bis zu 50 Mitarbeiter überwachen Sicherheit und Betrieb der U-Bahn
Die neue Leit- und Sicherheitszentrale ist das Herzstück des Wiener U-Bahn-Systems. Bis zu 50 Mitarbeiter steuern und überwachen den U-Bahnbetrieb. So erfolgt von der Leitstelle aus die Fernsteuerung der Energieversorgung und des Fahrbetriebs sowie die Fernüberwachung der Stationen. Die Mitarbeiter der Wiener Linien können zum Beispiel den Zugslauf, den Zustand der Stromschiene, das Tunnellicht oder die Brandentlüftung überwachen. Eventuelle Probleme im Betrieb der U-Bahn werden sofort erkannt, entsprechende Maßnahmen eingeleitet und die Fahrgäste darüber informiert, wie sie sich richtig verhalten sollen.

Im zentralen, zweistöckigen Überwachungsraum wird jede U- Bahnlinie durch Rückprojektion auf einer eigenen sechs Meter langen Übersichtstafel dargestellt. Durch das neue PC-System und diese neue Visualisierungstechnik können alle relevanten Daten aus verschiedenen Bereichen zentral gesammelt und dargestellt werden. Auf einen Blick bekommen die Mitarbeiter so alle wichtigen Informationen und können noch rascher auf Störungen und Notfälle reagieren.

Dank einer Besuchergalerie können zusätzlich 60 Interessierte die Leitstelle kennen lernen, ohne dass der Betrieb dadurch beeinträchtigt wird. Die Wiener Linien wollen in Zukunft diese Möglichkeit nutzen, um Schulklassen, Studenten und allen Wienerinnen und Wienern einen Einblick hinter die Kulissen der täglichen U-Bahnfahrt zu ermöglichen. Jeder kann sich von der modernen Sicherheitstechnik selbst ein Bild machen.

Neue Leitstelle: Genug Platz auch für neue, künftige U- Bahnlinien
Mit ein Grund für die Errichtung der neuen Leit- und Sicherheitszentrale ist der konsequente Ausbau des Wiener U- Bahnnetzes. Die bisherige Leitstelle am Karlsplatz wurde 1978 in Betrieb genommen. In diesem Vierteljahrhundert wurde das U- Bahnnetz der Wiener Linien auf insgesamt 61 km und 85 Stationen erweitert. Mit der Verlängerung der U1 ab September wäre die alte Leitstelle am Karlsplatz an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen. Die neue Zentrale in Erdberg verfügt nun über genug Raum und Reserven auch für kommende Erweiterungen der Wiener U-Bahn. Denn schon jetzt wird an der nächsten U-Bahnverlängerung gebaut: Bis 2008 und damit rechtzeitig zur Fußball-EM wird der Bereich Stadion mit der U2 erreichbar sein. Voraussichtlich 2010 folgt dann der weitere Anschluss über die Stationen Donaumarina, Donaustadtbrücke, Stadlau, Hardeggasse, Donauspital und Aspernstraße. Dann werden insgesamt 74,6 U-Bahn-Kilometer mit 101 Stationen zur Verfügung stehen. Täglich nutzen zwei Millionen Menschen das öffentliche Verkehrsnetz Wiens. Im Jahr 2005 waren es insgesamt 747 Millionen Fahrgäste. Mehr als die Hälfte davon sind mit der U-Bahn unterwegs.

Eine runde Sache: Architektonisch ansprechend - optimale Innenausstattung
Die neue Leitstelle ist in einem architektonisch ansprechenden 32 Meter hohen Gebäude auf sechs Stockwerken mit einer Nutzfläche von je 600 m2 untergebracht. Der Grundriss ist nahezu elliptisch mit einer Längsachse von rund 38 und einer Querachse von etwa 26 Metern. Die ovale Raumform sorgt für den richtigen Überblick und bannt die Gefahr von störenden Echoeffekten.

Ein ausgeklügeltes Lichtmanagement garantiert sehr helle, von Tageslicht durchflutete und dadurch angenehme Arbeitsplätze. Die moderne Lüftungsanlage, die die Frischluft von unten in den Raum "einschwemmt", versorgt die Räume mit Sauerstoff, ohne störende Zugluft. Bei der Verkabelung wurde ein völlig neues Konzept umgesetzt: Aus dem klassischen Kabelboden wurde eine ganze Kabeletage, sodass die Technik direkt unter den jeweiligen Arbeitstischen und Arbeitspulten platziert werden kann. Die Kabelwege bleiben dadurch kurz und sind einfach erweiterbar, die Unfallgefahr wird minimiert.

5.000 Kubikmeter Beton und 600 Tonnen Stahl verbaut
Der Rohbau der neuen Leitstelle wurde von Juni 2000 bis Ende 2003 errichtet. Alleine in diesem Zeitraum wurden rund 1.100 Laufmeter Bohrpfähle, rund 5000 m3 Beton und 600 t Stahl verbaut und rund 1800 m3 Aushubmaterial abtransportiert.

Von Mitte Dezember 2005 bis Mai 2006 wurde die Anlage etappenweise in Betrieb genommen. Die Gesamtkosten von Planung, über den Roh- und den Innenausbau bis hin zur Technik betrugen 45,6 Mio. Euro. Die Planung wurde von der bewährten Architektengruppe U-Bahn (AGU) und dem Ziviltechnikerbüro Tecton Consult übernommen sowie vom Büro Maurer & Partner.

Wiener U-Bahn: Konsequente und kontinuierliche Weiterentwicklung der hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards
Die Errichtung der neuen Leitstelle ist nur eines von vielen Beispielen für die kontinuierliche Steigerung und Weiterentwicklung der Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei den baulichen und betrieblichen Einrichtungen genauso wie beim rollenden Material.

So sind alle U-Bahnstationen mit Brandmeldern ausgestattet. Alle U-Bahn-Tunnelabschnitte sind außerdem mit Trockenlöschleitungen versorgt, um im Brandfalle rasch eingreifen zu können. Die Ent- und Belüftung der Tunnel ist so konzipiert, dass keine Gefahr für Fahrgäste besteht. Auch wurden sämtliche Streckenkabel und die Fernsteuerung der Außenstellwerke auf eine halogenfreie, brandbeständige Ausführung umgerüstet. Um die Gefahr von Kleinstbränden einzudämmen, gilt seit 1990 Rauchverbot im gesamten U-Bahn-Bereich. Auch bei der Wahl der Stoffe und Materialien für Stationen und Fahrzeuge wird auf höchste Sicherheit geachtet.

Alle Tunnel im Wiener U-Bahnsystem verfügen - anders als etwa in London - über durchgehende Fluchtwege entlang der Geleise. So können die Fahrgäste zu Fuß relativ sicher zur nächsten Station gelangen. Auch eine Bergung von Verletzten ist so nicht nur über Heck und Front des Zuges, sondern auch von der Seite her möglich. Ist der Abstand zwischen zwei Stationen länger als 600 Meter, führen zusätzlich Notausgänge aus dem Tunnel. Das Evakuieren von Fahrgästen aus dem Tunnel ist übrigens ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung der U-Bahnfahrer.

Zusätzliche Sicherheitstechnik um 700.000 Euro in jedem neuen V-Wagen - Sämtliche Züge mit Notbremsüberbrückung
Die neueste Generation der Wiener U-Bahnzüge, der so genannte V-Wagen - das Nachfolgemodell des Silberpfeils - verfügt über zahlreiche sicherheits- und brandschutztechnische Neuheiten, wie zum Beispiel Rauchmelder am Dach des Fahrzeuges, Temperaturfühler am Untergestell und Rohrleitungen mit Spritzdüsen zur besseren Brandbekämpfung. Jeder V-Wagen hat zusätzliche Sicherheitseinrichtungen im Wert von 700.000 Euro an Bord. Der Prototyp für dieses Fahrzeug läuft bereits seit fünf Jahren problemlos im Probebetrieb.

Als erstes öffentliches Verkehrsunternehmen haben die Wiener Linien in allen Zügen das System der Notbrems-Überbrückung eingeführt. Ziel ist es, die U-Bahngarnitur, bei einem Notfall im Tunnel sofort in die nächste Station zu bringen, da dort die Rettungsmaßnahmen erheblich leichter, schneller und effizienter durchgeführt werden können. Die Notbremsüberbrückung sorgt dafür, dass die Notbremse nur dann wirksam ist, solange sich der Zug im Bahnsteigbereich befindet. Ist der Zug im Tunnel und ein Fahrgast zieht die Notbremse, so wird zwar eine Sprechverbindung zum Fahrer aufgebaut, die Notbremsung aber nicht eingeleitet. Nach der Kaprun-Katastrophe führten die Sicherheitsbehörden in Österreich die Notbremsüberbrückung als Standard für alle Schienenverkehrsmittel ein, die einen Tunnel befahren. Diese Maßnahme wurde aus der Überlegung heraus gesetzt, dass ein Fahrgast außerhalb des Bahnsteigbereiches eigentlich keine Gefahr dadurch abwenden kann, indem er den Zug per Notbremse stoppt.
     
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