Alle Jahre sind es dieselben Fragen: Ist es zu
viel Sonne für unsere Weingärten? Oder doch etwa zuwenig?
Wien (öwm) - Fakt ist, dass Rebstöcke sehr anpassungsfähig sind, vorausgesetzt bei ihrer
Auspflanzung wurde auf ihre Vorlieben, Reifemöglichkeiten und Standortanforderungen geachtet. Rebsorten, die
spät reifen, stehen daher selten in kühlen Lagen, da es sonst zu Reifeproblemen kommen kann. Und krankheitsanfällige
Sorten wird man selten in feuchten Lagen finden, da der Pilzdruck zu hoch wird. Österreichs Winzer wissen,
welche Rebsorten wo am besten wachsen und haben dieses Wissen in den vergangenen Jahren noch vertieft. Frische,
knackige Weißweine kommen daher typischerweise aus kühleren Anbaugebieten wie z.B. nördlich der
Donau, aus Wien, dem nördlicheren Teil der Thermenregion oder aus der Steiermark. Aber auch Regionen, wo die
Temperaturunterschiede von Tag- und Nacht sehr ausgeprägt sind und durch Waldnähe oder Höhenlagen
beeinflusst werden (wie dem Leithagebirge), sind idealtypisch dafür. Charmante, fruchtige Rotweine bevorzugen
wärmere Gegenden wie z.B. Burgenland, Carnuntum oder die südliche Thermenregion. Ausnahmen bestätigen
jedoch wie überall die Regel.
Österreichs Winzer bisher zufrieden
Aufgrund guter Wasserreserven aus dem Spätherbst 2005 und des langen und schneereichen Winters sind bisher
kaum Trockenschäden aufgetreten. Rebstöcke sind Tiefwurzler, daher hat das vorhandene Wasser zu einem
starken Wachstum der Blattmasse geführt. Dies erfordert sorgfältige Weingartenarbeiten der Winzer, wie
z.B. überlegtes Freistellen der Traubenzone, Wipfeln der Triebspitzen, Ausbrechen von Geiztrieben uvm. Vereinzelt
wurde in einigen Gegenden ein höherer Druck von Blattkrankheiten wie falscher Mehltau verzeichnet. Der Traubenansatz
ist gut, wobei jedoch einzelne Gebiete bei einigen Rebsorten geringere Mengen melden. „Beim Grünen Veltliner
hat das kalte und feuchte Wetter im Juni zu einem geringeren Traubenansatz geführt“, berichtet Franz Mittelbach
aus der Wachau. „Dadurch sind die Trauben aber lockerbeerig, erhalten genügend Belichtung und sind daher auch
während der Reifephase weniger Botrytis-anfällig. Wir erwarten deshalb eine hochqualitative Ernte.“ Im
Burgenland zeigen Zweigelt und Blaufränkisch einen guten Vegetationsverlauf. Das bestätigt auch Hans
Nittnaus aus Gols: „Das angesagte kühlere Wetter tut unseren Weingärten jetzt aber sehr gut.“ Auch aus
der Steiermark wird Positives berichtet. „In den vergangenen schönen Wochen wurde der Rückstand aufgrund
des regenreichen Frühjahrs gut ausgeglichen“, freut sich Christoph Neumeister aus Straden und bestätigt
die gute Stimmung unter den österreichischen Winzern.
Jetzt geht’s in die nächste Runde
In den nächsten Tagen beginnt in den Weingärten die so genannte „Veraison“ – die Verfärbung
der Beeren. Ab diesem Zeitpunkt setzt auch die Reife der Weintrauben ein, wobei für hohe Qualität nicht
nur die Zuckereinlagerung sondern ein ausgewogenes Verhältnis von Säure, Aromen und aller weiteren Inhaltstoffen
ausschlaggebend ist. Da in vielen österreichischen Weingärten die Grünlese, die bewusste Reduzierung
der Trauben zur Erhöhung der Weinqualität, noch nicht stattgefunden hat, sind die Angaben der Erntemengen
zum bisherigen Zeitpunkt noch nicht exakt. „Ein trockener, warmer September und Spätherbst entscheidet letztendlich
maßgeblich über die Qualität des geernteten Traubenmaterials. Unsere Winzer wissen, wie man aus
unseren Weingärten das Beste rausholt“, so Michael Thurner, Geschäftsführer der Österreichischen
Weinmarketinggesellschaft (ÖWM), über die zu erwartende Qualität des Jahrgangs 2006. |