Wien (prime) - Wenn die AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital
Organisation) als Branchenverband der heimischen Private Equity-Unternehmen beim Fundraising über einen Zuwachs
von knapp 78 Prozent auf 216,7 Mio. Euro im Jahr 2005 berichtet, so ist dies für heimische Verhältnisse
zweifellos als Erfolg zu werten. Im europäischen Vergleich, wo im Vorjahr insgesamt 71,8 Mrd. Euro an frischem
Geld für Investments gesammelt wurde, wirkt diese Zahl freilich eher bescheiden, während sie im Vergleich
mit Blackstone, einer US-amerikanischen Beteiligungsgesellschaft, gänzlich zu verblassen droht. Diese hat
nämlich mit dem „Blackstone Capital Partners V“ den bisher weltweit größten Private Equity-Fonds,
der mit einem Investitionskapital von 15,6 Mrd. Dollar (12,2 Mrd. Euro) für Beteiligungsunternehmen ausgestattet
ist.
Große Beteiligungsunternehmen
Dass Riesen wie Blackstone bei ihrer Beteiligungspolitik anders vorgehen müssen als heimische Eigenkapitalgeber
liegt auf der Hand. In der Praxis ist es nämlich undenkbar, derartige Summen auf viele kleinere, zukunftsträchtige
Unternehmen zu verteilen. Schließlich kann niemand ein Portfolio mit hunderten Beteiligungsunternehmen überblicken,
von Einflussnahme oder Know-how-Transfer ganz zu schweigen. Daher müssen sich die Branchenriesen nach wesentlich
größeren Kalibern umsehen, um ihre Fonds mit aussichtsreichen Firmenbeteiligungen auszustatten. Erst
unlängst erwarben drei große Kapitalgeber den größten US-Krankenhausbetreiber HCA um 33 Mrd.
Dollar – ein Rekordwert für die Branche. Allerdings bieten größere Unternehmen zumeist jedoch nicht
dieselben Ertragsaussichten wie etwa Early-Stage-Investments, deren Firmenwerte sich im Erfolgsfall meist vervielfachen.
Rasche Rückflüsse auf Kosten der Substanz
Um für ihre Investoren dennoch möglichst rasch entsprechende Erträge aus den Beteiligungen herauszuholen,
setzen die Profis unter den Equity-Unternehmen natürlich auf Profit: Auf Grund ihrer Zielsetzung steht der
kurz- bis mittelfristige Erfolg der Beteiligung im Mittelpunkt, selbst wenn es auf Kosten der langfristigen Aussichten
und der Substanz der betroffenen Unternehmen geht. So wird beispielsweise bei geeigneten Beteiligungsfirmen gerne
die Verschuldung deutlich hochgefahren, damit genügend liquide Mittel für kräftige Ausschüttungen
an die neuen Eigentümer zur Verfügung stehen. Freilich sind die langfristigen volkswirtschaftlichen und
betriebswirtschaftlichen Auswirkungen solcher Strategien fragwürdig. Schließlich fehlen den operativen
Unternehmen die ausgeschütteten Mittel für Forschung und Entwicklung oder zur Finanzierung zukunftsträchtiger
Investitionen.
Nachhaltige Firmenwertsteigerung
Gänzlich anders ist die Situation am Private Equity-Markt in Österreich. Ziel ist es hier, aussichtsreichen,
innovativen und zumeist jungen Unternehmen frisches Eigenkapital für deren weitere Entwicklung zur Verfügung
zu stellen. Geld für Ausschüttungen ist bei diesen Beteiligungsunternehmen ohnedies kaum vorhanden, sodass
der Kapitalgeber in der Regel nur über eine nachhaltige Entwicklung des Firmenwerts zu entsprechenden Renditen
kommen kann. In Anbetracht dieser Unterschiede ist es schlicht falsch, alle Eigenkapital-Firmen als „Heuschrecken“
zu bezeichnen. Es wäre daher für die interessierte Öffentlichkeit wichtig, sich auch mit diesem
Aspekt des Private Equity auseinanderzusetzen. Denn vor allem für wachstumsstarke KMUs ist Private Equity
ein ideales Finanzierungsinstrument. |