Zukunftsfrage "Pflege"  

erstellt am
17. 08. 06

 SPÖ ortet Politiknotstand in der Regierung
Wien (sk) - Die SPÖ hat am Mittwoch ihr Konzept für Pflege und Betreuung älterer Menschen vorgestellt. Federführend ausgearbeitet wurde es vom Salzburger Soziallandesrat Erwin Buchinger im SPÖ-Kompetenzteam Soziales. Im Konzept der SPÖ steht der flächendeckende Ausbau der mobilen Pflege im Mittelpunkt, der es ermöglicht, dass die zu Pflegenden so lange wie möglich zu Hause bleiben können, erläuterte Buchinger in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Behindertensprecherin Christine Lapp. Die beiden SPÖ-Politiker orten in der Regierung einen "Politiknotstand" bei diesem Thema; denn trotz der Fülle von Wortmeldungen habe die Regierung überhaupt keine Lösung anzubieten.

Auch Lapp kritisierte, dass Kanzler Schüssel in den letzten Jahren "geschlafen hat". Denn schon vor drei Jahren wurde er auch von Kardinal Christoph Schönborn auf den Pflegenotstand aufmerksam gemacht und gebeten, Lösungen zu finden. Schönborn hat sich für einen Nationalen Aktionsplan für die Pflege ausgesprochen. Geschehen sei freilich nichts. Zuletzt hat Schüssel sogar gemeint, Pflege sei "keine Aufgabe des Staates". Lapps Fazit: "Die Regierung lässt die pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen im Stich."

Beim von der SPÖ vorgeschlagenen Ausbau einer flächendeckenden mobilen Pflege kommen die anerkannten sozialen Dienstleister zum Zug, deren Qualität laufend überprüft und damit gesichert werde. Für besonders wichtig hält es Buchinger, dass diese Dienste auch in der Nacht und an den Wochenenden zur Verfügung stehen. Für diese Zeiten solle es auch eine Kofinanzierung aus einem Pflegefonds geben, denn es sei klar, dass sich die Betroffenen das zu den üblichen Tarifen nicht leisten können. Wenn es dieses flächendeckende Angebot an mobilen Diensten gibt, wäre auch das Problem mit der illegalen Beschäftigung in der Pflege weitgehend behoben.

Als zweiten Eckpunkt im SPÖ-Konzept nannte Buchinger die Unterstützung pflegender Angehöriger. Sie leisten zwischen 60 und 80 Prozent der Pflege, vor allem sind es Frauen, die diese sehr beanspruchende Arbeit erledigen. Für sie soll es deutliche Entlastungen geben: erstens durch ein gutes Angebot an Beratung, Information und Supervision; zweitens durch den Ausbau von Tageszentren und Kurzzeitpflegeangeboten (bis zu drei Wochen), die den pflegenden Angehörigen Verschnaufpausen ermöglichen.

Außerdem fordert Buchinger, dass mehr Personen im Pflegebereich ausgebildet werden. Derzeit gebe es deutlich mehr Interessenten als Ausbildungsplätze. Damit könne der Pflegesektor auch die volle Wirksamkeit auf den Arbeitsmarkt entfalten. Buchinger wendet sich im Zusammenhang mit der illegalen Pflege auch entschieden gegen eine Kriminalisierung von Angehörigen oder Betroffenen. "Staatliches Nachschnüffeln lehnen wir ab", so Buchinger, zugleich dürfen die illegalen Pflegedienste aber selbstverständlich auch nicht von öffentlichen Stellen beworben werden; denn dabei gebe es keine verbindlichen Qualitätsstandards und –kontrollen.

Die SPÖ will auch eine Valorisierung des Pflegegelds und einen bundesweiten Pflegefonds, der jährlich mit 200 Millionen Euro dotiert wird, einrichten. Mit diesen zusätzlichen Mitteln lasse sich der Ausbau der mobilen Dienste bewerkstelligen. Außerdem will die SPÖ für pflegende Angehörige eine Reihe von rechtlichen Verbesserungen schaffen. So soll es einen Rechtsanspruch auf eine zeitlich befristete Arbeitszeitreduktion geben und eine Erleichterung bei der Anstellung von nahen Angehörigen für die Pflege.

Eine Pflegeversicherung wird vom Kompetenzteam Soziales skeptisch bewertet. Zur Frage der Finanzierung erklärte Buchinger, dass statt einer Streichung der Erbschaftssteuern, wie das Finanzminister Grasser will, diese für einen Pflegeschwerpunkt im Budget eingesetzt werden soll.

 

 Tancsits: SPÖ hat Maßnahmen der Bundesregierung verschlafen
Wien (övp-pk) - "Wenn die SPÖ von einem `Verschlafen im Pflegebereich` spricht, kann sie nur sich selbst meinen", so ÖVP-Sozialsprecher Walter Tancsits zu den Aussagen von SPÖ-Behindertensprecherin Christine Lapp. Denn die Bundesregierung habe in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Altenpflege und Altenbetreuung gesetzt. Tancsits verwies unter anderem auf die Einführung der Familienhospizkarenz, die begünstigte Selbstversicherung für pflegende Angehörige, die Pflegegeldvalorisierung sowie die Erleichterung für die Zulassung ausländischer Fachkräfte. "Die Bundesregierung hat den Bedarf nach mehr benötigten Pflegekräften rechtzeitig erkannt", so Tancsits weiter. Im Bereich der Pflegekräfte wurde der Personalstand zwischen 1980 und 2004 verdoppelt und seit dem Jahr 2000 wurden 14.000 Diplomkrankenschwestern und Diplomkrankenpfleger sowie 7.300 Pflegehelferinnen und Pflegehelfer fertig ausgebildet.

Der Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel gehe es darum, keine Panik bei den Betroffenen zu erzeugen, sondern gute Lösungsvorschläge für ein Altern in Würde zu bieten. Deshalb sei auch die nationale Expertengruppe unter der Leitung von Waltraud Klasnic eingerichtet worden. "Der SPÖ hingegen geht es nur darum, die alten Menschen und deren Angehörige zu verunsichern und dieses sensible Thema mit Schlagworten wie `Pflegenotstand` oder seit neuestem `Politiknotstand` für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen", so der ÖVP-Sozialsprecher abschließend.

 

 Haubner: Jobchance Sozial- und Pflegeberuf nützen
Wien (bzö) - "Nur ernsthafte Lösungen für die Zukunft bringen uns in der Pflegediskussion weiter", erklärt Sozialministerin Ursula Haubner. Die Pflegesituation in Österreich und ihre Entwicklung ist allen Verantwortlichen bekannt, es wurden auch bereits wesentliche Weichen gestellt wie zB die Erhöhung des Pflegegeldes und die günstige Pensionsversicherung für pflegende Angehörige und die Anerkennung der Pflege als Schwerarbeit. Das System mit den klaren Verantwortungsbereichen zwischen Bund mit dem Pflegegeld und den Ländern mit den Pflegebetten und mobilen Pflegediensten ist bewährt und wird auch gemeinsam in einem Pflegeplan erarbeitet und angepasst. Offen ist für Ursula Haubner der Umgang mit privaten Pflegedienstleistern, hier sieht Haubner den größten Handlungsbedarf. "Nicht den Schwarzmarkt legalisieren, sondern den Pflegearbeitsmarkt vorübergehend integrieren, sozialrechtlich und qualitativ absichern und parallel schleunigst mit einem Pflegeberufmodell auch den Österreicher/innen neue Berufschancen bieten", ist für Ursula Haubner der wichtigste Schritt.

Die mobilen Dienste zur Unterstützung der Pflege daheim sind stark nachgefragt und allein von 1999 bis 2004 um 17,4 % angestiegen, ebenso ist die Beschäftigtenzahl im Altenbereich zwischen 1999 und 2003 um ein Fünftel angestiegen. Ursula Haubner: "Wir brauchen den neuen Pflegeberuf dringend, es geht auch um selbstständige Pfleger/innen, die neben der Pflege ihrer eigenen Angehörigen auch darüber hinaus noch eine Pflege übernehmen könnten und wollen. Es ist schon klar, dass es sich hier nicht um die obersten Pflegestufen handeln kann, deshalb sollte es neben den ausgesprochenen Spezialist/innen auch genau definierte Altenpflegeberufe geben, die einem klaren Berufsbild folgen." Das zweite große Handlungsfeld der Pflegevorsorge sieht Haubner in der Unterstützung der pflegenden Angehörigen, die nach wie vor den weitaus größten Pflegebeitrag in Österreich leisten. Das Pflegescheckmodell bietet sich hier als bestes Angebot an, ebenso werden pflegende Angehörige in Kürze in einer eigenen Plattform eine Stimme für ihre berechtigten Anliegen erhalten.

"Wir arbeiten sehr konsequent an der Zukunftssicherung der Pflegevorsorge in Österreich, auch der im September vorliegende Sozialschutzbericht enthält in einem der Hauptkapitel die nachhaltige Sicherung der Pflegevorsorge und "daran haben immerhin Bund, Länder, Sozialpartner und NGO}s gleichermaßen mitgearbeitet", erklärt Ursula Haubner. Einen wichtigen Partner sieht die Sozialministerin im AMS, das bereits wesentliche Mittel für die Qualifikation in Pflegeberufe investiert, das habe die Bundesregierung schon am 14. September 2005 festgelegt. "Wir streben konkrete Lösungen an, bereits am 29. August wird in einer weiteren Pflegeenquete ganz gezielt die Sicherstellung eines Pflegeangebotes in Österreich thematisiert", schließt Ursula Haubner.

 

 Hofer: Wo ist die Gesundheitsministerin?
Wien (fpd) - Die FPÖ spricht sich im Rahmen der aktuellen Diskussion rund um den Personalmangel im Pflegebereich erneut für eine Ausbildungs- und Umschulungsinitiative der öffentlichen Hand aus.

FPÖ-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer: "Selbstverständlich muss bei akutem Personalmangel in diesem wichtigen sozialen Bereich befristet eine legale Beschäftigung von ausländischem Pflegepersonal möglich sein. Das haben wir auch in unserem Programm so verankert. Allerdings muss alles daran gesetzt werden, endlich eine Ausbildungsoffensive für heimische Arbeitskräfte im Pflegedienst zu starten. Auf diese Art und Weise kann der kränkelnde Arbeitsmarkt spürbar entlastet werden, und zwar nachhaltig."

Hofer fordert zudem eine Verlegung der Ausbildung für den Gesundheits- und Pflegedienst in das tertiäre Bildungssystem. Das sei im Rahmen einer zukunftsorientierten Qualifikation unerlässlich. Die weitere, praktische Ausbildung in den Krankenhäusern, den Pflegeheimen oder in der Hauskrankenpflege muss durch höchst qualifiziertes und speziell geschultes Personal erfolgen.

"Gesundheits- und Pflegeberufe haben in Österreich das größte Entwicklungspotential und sind eine große Chance für unsere Jugend. Wer hier qualitativ hochwertig ausgebildet ist, muss sich um seine Zukunft keine Sorgen machen“, sagt Hofer.

"Offensichtlich hat der Kanzler die Dame mit dem Faible für Hüte bereits abgeschrieben. Ich gehe davon aus, dass Rauch-Kallat nicht mehr Mitglied einer neuen Bundesregierung sein wird. Trotzdem ist sie als amtierende Gesundheitsministerin gefordert, ihr Zukunftskonzept für den Pflegebereich auf den Tisch zu legen."

Die FPÖ schlägt auch die rasche Umsetzung eines neuen Zivildienstmodells für Frauen vor. Wenn sich Frauen freiwillig im Rahmen eines Zivildienstes dem Pflegebereich widmen, so sollen sie im Falle eines Studiums im Gesundheits- oder Sozialbereich für die Mindeststudiendauer von Studiengebühren befreit werden. Sie sollen unabhängig davon in Pflegeeinrichtungen der öffentlichen Hand aufgrund ihrer Erfahrung auch bevorzugt eine Anstellung erhalten.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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