Wien (öj) - Auch wenn es in manchen anderen Ländern zum politischen Alltag zählt, hat es
das bisher in Österreich auf bundespolitischer Ebene noch nicht gegeben: Ein Wahlbündnis, so wie es am
Sonntag (03.09.) vom Bundessprecher des "Liberalen Forums", (LIF) Alexander Zach, bekanntgegeben wurde.
Das hat viele überrascht, auch wenn die Reaktionen - verhältnismäßig - zurückhaltend
sind. Nun kann es auch daran liegen, daß bei vielen das Kopfschütteln überwiegt ob dieser ungewöhnlichen
Allianz. Schließlich war das LIF bei den Nationalratswahlen 1995, 1999 und 2002 eigenständig und mit
ziemlich heftigen Attacken auf die SPÖ angetreten. Bei der Landtagswahl in Kärnten 1999 war das LIF schon
damals ein Zweckbündnis eingegangen, mit den Kärntner Slowenen gemeinsam aber dennoch unter den erforderlichen
zehn Prozent für den Einzug in den Landtag geblieben.
Der damalige Plan der Liberalen und Grünen, bei der Nationalratswahl im Herbst einerseits eine "Ampelmehrheit"
zu erobern, um so mit der SPÖ zu koalieren und die ÖVP in die Opposition zu drängen, und andererseits
zugleich eine verfassungsgebende Zwei-Drittel-Mehrheit von SPÖ und ÖVP im Nationalrat zu verhindern,
scheiterte. Die Liberalen unter Heide Schmidt verfehlten mit 3,65 Prozent der Stimmen den Einzug in den Nationalrat,
bei der Nationalratswahl 2002 reichte es für gerade 0,98 Prozent der Wählerstimmen. Bei der Europawahl
2004 war das LIF nicht angetreten, dafür aber die "Liste Dr. Hans-Peter Martin - für echte Kontrolle
in Brüssel", deren Hauptperson, aus dem Stand heraus, 13,98 Prozent und damit natürlich den Einzug
in Brüssel bzw. Straßburg erreichte. Hans-Peter Martin, zuvor Mitglied der SPÖ und als EU-Delegationsleiter
vorgesehen, trennte sich in nicht gerade gutem Einvernehmen von seiner politischen Heimat, um mit der Journalistin
Karin Resetarits die Interessen seiner Partei im Europaparlament zu verfolgen.
Zwischenzeitlich hat sich Resetarits mit Martin zerstritten und tritt nun gemeinsam mit Alexander Zach als Spitzenkandidatin
des Liberalen Forums auf.
Letzterer gab also am 03.09. bekannt, das LIF werde "das Angebot von Dr. Alfred Gusenbauer" annehmen,
ein Wahlbündnis für die kommenden Nationalratswahlen einzugehen. Im Rahmen dieses Bündnisses würden
liberale Kandidatinnen und Kandidaten auf der Bundesliste der SPÖ kandidieren, angeführt von Bundessprecher
Zach, der an fix wählbarer Stelle kandidieren werde. Zach erklärte, daß eine eigenständige
Kandidatur aufgrund der fehlenden Rahmenbedingungen (die vier Prozent Hürde zu erreichen) nicht zustande gekommen
sei, aber als politische Gruppierung könne man sich bei dieser Wahl nicht neutral verhalten. Das Ziel sei
ganz klar die Abwahl dieser Regierung. Er sei kein Sozialdemokrat und wolle auch keiner werden, betont Zach die
unverminderte Eigenständigkeit der Liberalen, der auch nicht Mitglied des SPÖ-Klubs werden würde.
SPÖ- Vorsitzender Alfred Gusenbauer erklärte, es gebe eine gemeinsame Kandidatur der SPÖ mit dem
Liberalen Forum, weil die SPÖ wolle, dass diejenigen, die mit dem Gedankengut von Heide Schmidt sympathisiert
hätten, sich auch in Zukunft im Parlament mit einer Stimme wieder finden könnten. Zweitens sollen die
Kräfte gebündelt werden, damit die derzeitige "schwarz-blau-orange" Regierung abgelöst
werde. Es gehe um ein gemeinsames Signal, um das große Ziel des Kurswechsels zu erreichen, und darum, zu
signalisieren, daß die SPÖ eine sehr breite Bewegung sei, die auch ein Angebot an die liberalen Wähler
stelle, unterstrich Gusenbauer.
Anders sieht dies naturgemäß die ÖVP, deren Wiener Landesgeschäftsführer, Norbert Walter,
sich daran erinnert, daß Zach vor einigen Monaten noch bei seiner Partei angeklopft habe, was zu denken geben
sollte. Scheinbar seien die politischen Parteien, bei denen Zach anheuere, austauschbar. Dieser "nütze
scheinbar jede Bühne" für seinen persönlichen Auftritt und um geschäftliche Kontakte zu
knüpfen. Spannend werde also die Frage der inhaltlichen Verträglichkeit.
Ähnliches ist aus der FPÖ zu hören. Dort warte man auf das von Outing der Grünen, der KPÖ,
der SLP (Sozialistische Linkspartei) oder der Liste "Sicher-Absolut-Unabhängig" (SAU), dass sich
Zach auch dort um einen vorderen Listenplatz beworben habe. Bei dieser offensichtlichen Flexibilität im Bereich
der Columna vertebralis (Wirbelsäule, Anm.) wäre der "SPÖLIF-Kandidat" allerdings am besten
beim Zirkus oder im exlusiven Kreis der orangen Verrenkungskünstler aufgehoben.
Womit das BZÖ gemeint ist, mit dem die FPÖ in heftigen Auseinandersetzungen verstrickt ist. Vor allem
geht es um die Führung des Wortes/ Wortbestandteiles "Freiheitlich", wobei sowohl FPÖ als auch
BZÖ darauf pochen, das alleinige Recht zum Führen des Namens hätten - jeweils als Nachfolger jener
Partei, die seit Beginn der Zweiten Republik - unter wechselnden Namen - im Parlament vertreten ist. (mm) |