Wien (prime) - Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) zeichnen sich in Österreich durch eine
chronisch schwache Eigenkapitalbasis aus, wobei ein Gefälle nach Betriebsgröße auszumachen ist:
Je kleiner ein Unternehmen, desto geringer ist im Schnitt die Eigenkapitalquote. Nach Angaben der KMU-Forschung
Austria beläuft sich die Eigenkapitalquote heimischer KMU´s bloß auf 19 Prozent, während
sie bei Tourismusbetrieben gar nur bei zwei Prozent liegt. Dementsprechend ist die Forderung namhafter Steuerrechtsexperten
wie etwa jene von Karl Bruckner, Vorsitzender des Fachsenats für Steuerrecht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder,
zu begrüßen, der sich nach der Einführung der Steuerbegünstigung für nicht entnommene
Gewinne nun für weitere Maßnahmen zur steuerlichen Förderung von Eigenkapital einsetzt.
Fremdkapital derzeit steuerlich besser
Das Problem betrifft konkret die steuerliche Benachteiligung von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital. Da für
Eigenkapitalfinanzierungen keine Zinsenbelastungen anfallen, können Eigenkapitalzinsen grundsätzlich
auch nicht als Betriebsausgabe vom steuerpflichtigen Gewinn abgesetzt werden, während Fremdkapitalzinsen sehr
wohl steuerlich absetzbar sind. Eine steuerliche Gleichstellung beider Finanzierungsvarianten – die Einführung
von abzugsfähigen, fiktiven Eigenkapitalzinsen – sollte demnach die Attraktivität von Eigenkapital erhöhen
und die unternehmerische Eigenkapitalbildung fördern. Es würde daher für Unternehmen auch der steuerliche
Anreiz entfallen, Gewinne bzw. Eigenkapital aus dem Betrieb zu entnehmen, um diese Mittel im Privatbereich steuergünstig
veranlagen zu können, oder private Verbindlichkeiten aus steuerlichen Gründen in das Unternehmen zu transferieren.
Denn selbst wenn für land- und forstwirtschaftliche sowie gewerbliche Einzelunternehmen und für Gesellschafter
von Personengesellschaften seit der Steuerreform 2004 wieder vorgesehen ist, nicht entnommene Gewinne bis zu einer
Obergrenze von 100.000 Euro pro Betrieb und Jahr nur mit dem halben Durchschnittssteuersatz zu besteuern, bleibt
es derzeit aus steuerlicher Sicht attraktiver, darüber hinausgehende Gewinne möglichst zur Gänze
aus dem Unternehmen zu entnehmen.
Mehr Eigenkapital gegen Krise
Eine höhere Eigenkapitalquote wirkt allerdings wie ein Bonus für jene Zeiten, in denen es dem
Unternehmen eventuell schlechter geht, und es ohne Reserven mitunter in Konkurs gehen müsste. Folglich würde
eine Erhöhung der Eigenkapitalquote heimische KMU`s stärken, und damit dazu beitragen, die Arbeitsplätze
in diesen Unternehmen zu sichern. Aus volkswirtschaftlicher Sicht könnte es durchaus eine langfristig lohnenswerte
Investition darstellen, zu Lasten des Staatshaushalts auf jene Einnahmen zu verzichten, die durch die steuerliche
Schlechterstellung von Eigenkapital erzielt werden. Eine vollständige Abzugsfähigkeit von Eigenkapitalzinsen
war zum Beispiel im kroatischen Steuerrecht von 1994 bis 2000 vorgesehen und funktionierte in der Praxis bestens.
Kroatien konnte etwa in den späten 90ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mehr ausländische Direktinvestitionen
anziehen als die meisten seiner Nachbarn. Die steuerliche Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapitalzinsen hat
dazu mit Sicherheit einen wesentlichen Beitrag geleistet. Aus rein politischen Gründen wurde die Abzugsfähigkeit
der Eigenkapitalzinsen in Kroatien inzwischen aber leider wieder abgeschafft. Da Österreich allerdings – etwa
bei der Endbesteuerung von Kapitalerträgen und bei der Gruppenbesteuerung – eine Vorreiterrolle bei Steuerreformen
übernommen hat, wäre es angebracht, bei der nächsten Steuerreform auch die vollständige steuerliche
Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital vorzusehen, womit ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung der KMU´s
geleistet werden könnte. |