Staatsschuldenausschuss: Österreichs Fiskalposition ist erfreulich  

erstellt am
04. 09. 06

Aber: Nulldefizit 2008 erfordert erhöhte Anstrengungen der Länder
Wien (pk) - Die Finanzschuld der Republik Österreich (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungen) hat im Jahr 2005 um 4,5 Mrd. Euro auf 155,1 Mrd. Euro zugenommen. Da das Bruttoinlandsprodukt im Vorjahr rascher wuchs, verbesserte sich die Verschuldungs- quote (Staatsschuld in Prozent des BIP) im Berichtsjahr von 63,6 % auf 62,9 %. Diese und andere aktuelle Daten über die Lage der öffentlichen Finanzen sind dem jüngsten Bericht des Staatsschuldenausschusses ( III-239 d.B.) zu entnehmen, den der Finanzminister dem Nationalrat kürzlich vorgelegt hat.

Die gesamtstaatliche Neuverschuldung fiel 2005 mit einem Defizit von 1,5 % des BIP weniger stark aus als ursprünglich befürchtet und ist angesichts der konjunkturschwachen Jahre 2001 bis 2003 sowie der Steuerreform 2004/2005 als "relativ gering" zu bezeichnen. Die Fiskalposition Österreichs sei im internationalen Kontext "erfreulich", konstatiert der Staatsschuldenausschuss. Positives berichtet der Staatsschuldenausschuss auch über die Investitionstätigkeit des Staates und seiner ausgegliederten Einheiten: Nach jahrelangen Rückgängen wird der Zuwachs für 2005 auf "relativ ausgeprägte" 4,3 % geschätzt.

"Merklich reduziert" wurde die gesamtstaatliche Abgabenquote. Bei einem nominellen Wirtschaftswachstum von 4 % ging die Abgabenquote 2005 um 0,7 Prozentpunkte auf 42 % des BIP zurück.

Um das zwischen Bund und Ländern vereinbarte Ziel eines Nulldefizits bis 2008 zu erreichen, bedürfe es aber "insbesondere für die Bundesländer erhöhter Anstrengungen", der Eindämmung "dynamischer Ausgaben im Gesundheitswesen" und der Realisierung der Verwaltungsreform II samt Effizienzsteigerungen und Personalreduktionen unter Beibehaltung des Leistungsangebots, heißt es in den Empfehlungen des Staatsschuldenausschusses.

Die aktuelle Entwicklung der Staatsschuld im Detail
Die Struktur der Staatsschuld hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Der Anteil der Auslandsverschuldung stieg seit der Einrichtung der Wirtschafts- und Währungsunion im Jahr 1999 von 48 % auf 74 %. Bundesanleihen werden beinahe zur Gänze von ausländischen Investoren aus dem Euroraum erworben. Der Anteil österreichischer Banken sank hingegen seit 1999 von 27 % auf 13 %. Unternehmungen und private Haushalte hielten Ende 2005 mit direktem Wertpapierbesitz einen Anteil von 1 % (1,5 Mrd. Euro) an der Staatsschuld. Private Haushalte waren Ende 2005 über Investmentfonds mit 2,5 Mrd. Euro indirekt an der Finanzierung der Republik Österreich beteiligt.

Der Anteil der Fremdwährungsschuld an der Finanzschuld verminderte sich von 2004 auf 2005 von 9,7 % auf 8,2 % - auf dem Eurofinanzmarkt haben Fremdwährungsfinanzierungen an Attraktivität verloren. Unter Berücksichtigung von Währungstauschverträgen wurden 2005 zum zweiten Mal in Folge keine Neufinanzierungen in Fremdwährungen getätigt. Während der Währungsanteil des Schweizer Franken an der bereinigten Fremdwährungsschuld von 59,5 % (2004) auf 61,8 % (2005) zunahm, sank parallel dazu jener des japanischen Yen ab.

Kräftig zugenommen hat 2005 der Zinsaufwand für die Finanzschuld, und zwar um 0,43 Mrd. Euro (2004: 0,06 Mrd. Euro). Die Ursache war der Forderungsverzicht des Bundes bei der Rechtsträgerfinanzierung von SCHIG und ÖBB, die den Zinsendienst des Bundes 2005 mit 275 Mill. Euro belastete. Teilweise konnte der zusätzliche Zinsendienst durch niedrige Marktzinsen aufgefangen werden. Der sonstige Aufwand stieg 2005 von 6,23 Mrd. Euro auf 6,47 Mrd. Euro, wobei die sonstigen Einnahmen abermals höher waren als die sonstigen Ausgaben.

Angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus forcierten die Staatsschuldenmanager Finanzierungen mit fixer Verzinsung sowie langen Laufzeiten und bauten alte Schuldtitel mit höherer Zinsbelastung ab. Der Bestand an fix verzinsten Schulden erhöhte sich um 8 Mrd. Euro oder 6,2 % auf 96 % aller aushaftenden Verbindlichkeiten des Bundes (2004: 94,2 %); variabel verzinste Verbindlichkeiten wurden im Berichtsjahr um 2,2 Mrd. Euro oder 28,1 % reduziert. Bei einem Rückgang der durchschnittlichen Restlaufzeit der Finanzschuld seit 2004 um 1,2 Jahre auf 7,6 Jahre nahm die durchschnittliche Nominalverzinsung von 4,8 % auf 4,6 % ab. Die positiven Wirkungen des Ersatzes hoch verzinster Schuldkategorien durch geringer verzinste werden aber ab 2008 schwächer werden, erwartet der Staatsschuldenausschuss.

Nach wie vor stellt die Verzinsung der Finanzschuld eine bedeutende Ausgabenposition dar; der Zinsendienst samt sonstigem Aufwand absorbierte 17 % des Steueraufkommens. In den letzten Jahren konnte die Belastung des Budgets reduziert und 2005 stabilisiert werden. Die Zinsendienstquote (Relation Zinsen/BIP) lag bei 2,6 %.

Empfehlungen des Staatsschuldenausschusses
Der Staatsschuldenausschuss empfiehlt, das mittelfristige Ziel eines ausgeglichenen gesamtstaatlichen Budgetsaldos über den Konjunkturzyklus weiter zu verfolgen und die deutlich verbesserte Konjunkturlage für die Rückführung des Budgetsaldos zu nützen.

Die geplante Haushaltsrechtsreform sollte in der kommenden Legislaturperiode rasch realisiert werden. Der Staatsschuldenausschuss plädiert für eine mehrjährige Budgetplanung mit Ausgabengrenzen sowie für eine leistungs- und wirkungsorientierte Budgetsteuerung zur Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Die Gesamtausgabensumme soll in große Politikfelder gegliedert werden und das Parlament nicht nur über die Verwendung der öffentlichen Mittel entscheiden, sondern auch über die angestrebten Ergebnisse und Wirkungen (performance budgeting). Für die gesamtstaatliche Finanzverantwortung wäre überdies eine systematische und einheitliche Vorgehensweise aller Gebietskörperschaften bei Budgetplanung und Buchführung zweckmäßig, heißt es im Bericht des Staatsschuldenausschusses.

Vorangetrieben werden sollten auch die Verwaltungs- und die Bundesstaatsreform, um Effizienz und Effektivität in der öffentlichen Verwaltung zu verbessern. Dabei sieht der Staatsschuldenausschuss Bund, Länder und Gemeinden gefordert.

Beim Österreichischen Stabilitätspakt schlagen die Finanzexperten eine Evaluierung hinsichtlich der Einhaltung seiner Ziele und seiner Anreizmechanismen vor. Die Länder, die 2005 ihren Beitrag für das gesamtstaatliche Defizitziel "klar unterschritten" haben, sieht der Staatsschuldenausschuss bei der Erreichung der Ziele des aktuellen Stabilitätspaktes 2005 bis 2008 vor erhöhten Anstrengungen stehen. Zur Budgetpolitik der Bundesländer im Lichte der Maastricht-Vorgaben 2001 bis 2004 (Ländersample: Burgenland, Kärnten, Steiermark) haben Mitarbeiter des Büros des Staatsschuldenausschusses eine Studie verfasst, die im Internet abrufbar ist.
 
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