Technische Meisterleistung verbessert Wasserqualität des Wienflusses
Wien (rk) - "Wien setzt sein ambitioniertes Gewässerschutzprogramm weiter zügig
um. Die Fertigstellung des Wiental Kanals ist dabei ein echter Meilenstein für den Gewässerschutz und
damit für die Lebensqualität in Wien", betonte die Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima am 29.08.
im Mediengespräch des Bürgermeisters: "Der neue Kanal sorgt gemeinsam mit der 2005 abgeschlossenen
Erweiterung der Hauptkläranlage Simmering, dem Kanalbau am Liesingbach und der innovativen Wiener Kanalnetzsteuerung
für eine deutliche Steigerung der Qualität der Wiener Gewässer." Ein besonderes Anliegen für
Sima, die beim Wiental Kanal auch als Tunnelpatin fungierte: "Ich bin sehr froh, dass die schwere und gefährliche
Arbeit unter Tage ohne Unfälle abgelaufen ist. Mein Dank gilt allen Beteiligten für den erfolgreichen
Abschluss des Projekts."
Seit Mai 2003 liefen die Arbeiten an den Bauabschnitten 2 + 3 des Wiental Kanals: Ein 136 Meter langer und 1.090
Tonnen schwerer "Bohrwurm" (Erddruckschildmaschine) bohrte dann nach Abschluss der Baumeisterarbeiten
ab Herbst 2004 vom Stadtpark in rund 30 Meter Tiefe den "Ulli"-Tunnel mit 8,6 Metern Durchmesser Richtung
Ernst- Arnold-Park in Wien-Margareten. Nach dem Durchbruch zum Zielschacht im April 2005 erfolgte die Anbindung
des Wiental Kanals an die schon bestehenden Wienfluss-Sammelkanäle und der Einbau technischer Einrichtungen.
Im September geht der neue Kanal in Betrieb, die Stadt Wien investierte in die Bauabschnitte 2 + 3 des Wiental
Kanals 82,7 Millionen Euro.
Sichere Abwasserentsorgung für künftige Generationen
Der erste Abschnitt des Wiental Kanals wurde bereits 1997 begonnen und 2001 fertig gestellt. Die Trasse
verläuft vom Donaukanal auf der Höhe Urania dem Wienfluss folgend bis zum Stadtpark. Bei der Urania schließt
der Wiental Kanal an den Rechten Hauptsammelkanal-Entlaster an, der das Abwasser bis zur Hauptkläranlage Simmering
transportiert. Sima: "Mit dem neuen Kanal wird künftig verhindert, dass mit Regen verdünntes Schmutzwasser
aus den bestehenden Kanälen in den Wienfluss gelangt. Der Wiental Kanal ist ein internationales Vorzeigeprojekt,
wir gehen damit zukunftsweisende Wege und sorgen dafür, dass auch für künftige Generationen Entsorgungssicherheit
auf der einen und Gewässerschutz auf der anderen Seite garantiert ist. Mit dem Wiental Kanal bleibt die Stadt
Wien ihrer Linie treu: Wir investieren in den Umweltschutz, denn Investitionen in die Umwelt sind Investitionen
für die Zukunft."
Technische Meisterleistung in Rekordgeschwindigkeit
Die Bauabschnitte 2 + 3 des Wiental Kanals stellten die Techniker der Stadt Wien und der beteiligten Firmen
vor große Herausforderungen. Damit es an der Oberfläche zu keinen Beeinträchtigungen kommt, spielten
sich die Bauarbeiten für das Kanalprojekt im Wesentlichen im Untergrund ab. Zu verdanken ist dies der Erddruck-Schildmaschinen-Technologie,
der 126 Meter lange "Bohrwurm" wurde im Stadtpark-Startschacht zusammengebaut.
Mehr als 7 Monate wühlte sich die Maschine durch den Wiener Untergrund, 120 Tunnelexperten arbeiteten am neuen
Kanal. Der Wiener "Bohrwurm" arbeitete im Turbobetrieb - bis zu 36 Meter pro Tag gelten als weltweite
Rekordgeschwindigkeit bei Erddruckschildmaschinen über 7 Meter Durchmesser. Auf seinem Weg zum Ernst-Arnold-Park
fraß die 1.090 Tonnen schwere Erddruckschildmaschine 150.000 Kubikmeter Erde. Allein das Schneidrad - mit
insgesamt 141 Schälmessern, 24 Schneidrollen und 16 Räumwerkzeugen - wog 120 Tonnen. Das abgegrabene
Erdreich wurde zu Brei verarbeitet und von einer Schnecke an die Oberfläche transportiert. Gleichzeitig erfolgte
die Auskleidung der schon gegrabenen Teile der Kanalröhre mit Stahlbetonteilen. Insgesamt waren 10.400 Einzelbausteine,
so genannte Tübbinge, dafür nötig.
Herausforderung U-Bahn-Querung
Das schwierigste Stück der Tunnelarbeiten - die Querung der U-Bahnlinie 1 unter dem Karlsplatz - ging
planmäßig über die Bühne. Die tiefbautechnische Herausforderung, einen Tunnel mit einem Außendurchmesser
von immerhin 8,6 Meter nur 3 Meter unterhalb der U-Bahnlinie 1 im Bereich des Karlsplatzes durchzuführen,
wurde von den Tiefbauspezialisten der MA 30 - Wien Kanal und der bauausführenden Firma Arge Porr Tunnelbau/Bilfinger
Berger erfolgreich bewerkstelligt. Um Setzungen vorzubeugen, musste dieser Bereich mit Injektionsbohrungen, die
mit einer Betonmischung ausgefüllt wurden, gestützt werden ("Soil- Verfahren"). 90 dieser Bohrungen
waren erforderlich, um die Bauarbeiten am Kanal sicher fortsetzen zu können. Während der Injektionen
kontrollierte ein aufwändiges Lasermess-System etwaige Verschiebungen der U-Bahn-Röhren. Dank der sorgfältigen
Vorbereitung konnte diese schwierige Passage in nur wenigen Tagen gemeistert werden - ohne Störung des U-Bahn-Verkehrs.
Vom 3. Mann ins 3. Jahrtausend
Rund 98 % der Wiener Haushalte sind an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen, ein Spitzenwert im internationalen
Vergleich. Das Wiener Kanalnetz muss jährlich mit 220 Millionen Kubikmeter Abwasser fertig werden, das entspricht
1,5 Millionen randvoll gefüllten Badewannen täglich. Rund 2.300 Kilometer Straßenkanäle (das
entspricht etwa der Entfernung Wien-Moskau) und rund 6.300 Kilometer Hauskanäle leiten das Abwasser zur erweiterten
Hauptkläranlage Simmering, wo es auf höchstem technischen Niveau biologisch gereinigt wird.
Mit dem Wiental Kanal bekommt das Wiener Kanalnetz einen technisch innovativen Zuwachs, erstmals wurde in Wien
ein Entlastungskanal unter einem Flussbett errichtet. Der insgesamt 3,5 Kilometer lange Wiental Kanal kann bis
zu 110.000 Kubikmeter Abwasser speichern. Hintergrund für das Umweltschutz-Projekt: Die Wienfluss-Sammelkanäle
waren bei starkem Regen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen. Durch den Regen verdünntes Kanalwasser,
so genanntes Mischwasser, gelangte in den Wienfluss. Mit dem neuen Wiental Kanal gehört das der Vergangenheit
an. Er dient als Stauraum, nach Abklingen der Regenfälle kann das Wasser durch die "Wiener Kanalnetzsteuerung"
- einem aufwändigen elektronischen Steuer- und Pumpsystem ausgestattet, das vollautomatisch in Aktion tritt
- kontrolliert zur Hauptkläranlage Simmering abgeleitet werden.
Der 2005 abgeschlossene Ausbau der Hauptkläranlage und der Bau des Liesingtal Kanals sind weitere Beiträge
zur Steigerung der Wasserqualität der Donau, des Donaukanals, der Liesing und des Wienflusses auf Gewässergüte
2. Durch die sinnvolle Doppelnutzung des Kanalsystems als Speicher und Abwasserabfluss ersparte sich die Stadt
Wien den Bau von Überlaufbecken und damit rund 52 Millionen Euro.
Technische Daten zum Wiental-Kanal
* Gesamtlänge: 3.500 Meter
* Speichervolumen: 110.000 m3
* Bauabschnitt 1 (Urania bis Stadtpark):
800 Meter Länge, errichtet 1997-2001
Baukosten: 16,1 Millionen Euro
* Bauabschnitte 2 + 3 (Stadtpark bis Ernst-Arnold-Park):
2.700 Meter Länge (Tunnellänge 2.600 Meter), errichtet 2003-2006
Innen-Durchmesser: 7,5 Meter
Außen-Durchmesser: 8,6 Meter
Baukosten: 82,7 Millionen Euro |