IV-Präsident Sorger und IV-GS Beyrer beim Forum Alpbach - Aufgaben für neue Legislaturperiode
Alpbach (pdi) - „China und Indien sind Symbole für die wirtschaftlichen Herausforderungen und Chancen
für Österreich und Europa. Geben wir die richtigen Antworten - vor allem Flexibilität, Entbürokratisierung
sowie Investitionen in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur, bis hin zu einer Steuer- und Abgabenentlastung,
stehen die Chancen gut, dass Österreich mehr profitiert als verliert“, betont der Präsident der Industriellenvereinigung
(IV), Dr. Veit Sorger, anlässlich einer Pressekonferenz gemeinsam mit IV-Generalsekretär Mag. Markus
Beyrer im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsaftsgespräche. Bei dem diesjährigen Thema „Die Weltwirtschaft
im Umbruch. China und Indien als Herausforderung für Europa“ soll es darum gehen, die Herausforderungen, die
auf Europa und im Speziellen auf Österreich aufgrund der aufstrebenden Wirtschaftsmächte in Fernost zukommen,
auszumachen und Antwortstrategien für die Zukunft zu finden.
Für die österreichische Industrie sind die spürbaren Auswirkungen dieser Herausforderung noch in
beschränktem Rahmen: Was Direktinvestitionen in China betrifft, hinkt Österreich beispielsweise noch
deutlich nach: Kaum 1 Prozent unserer gesamten Auslandsinvestitionen oder etwa 500 Mio. Euro befinden sich in China
einschließlich Hongkong. Allerdings haben sich die Außenhandelsbeziehungen zwischen Österreich
und China seit dem Jahre 2000 deutlich belebt. Dabei haben die Importe aus China rascher zugenommen als die österreichischen
Exporte nach China, sodass sich in den letzten Jahren das Außenhandelsdefizit gegenüber China deutlich
ausgeweitet hat. Eine spürbare Auswirkung des Wachstums in China und Indien auf österreichische Unternehmen
ist beispielsweise die kräftige Nachfragesteigerung nach Rohstoffen und Energie im zweistelligen Bereich und
die damit verbundenen teilweise dramatischen Preiserhöhungen.
Die wirtschaftliche Öffnung China und Indiens hat den Druck auf die Löhne wenig qualifizierter Arbeitskräfte
erhöht. Gleichzeitig entstehen aber neue Arbeitsplätze in der Produktion anspruchsvoller Konsum- und
Investitionsgüter sowie Vorprodukten, aber auch in bestimmten Dienstleistungsbereichen. „Klar ist in diesem
Zusammenhang: Die Globalisierungsspirale hat ihre Drehzahl sprungartig erhöht, Veränderungen finden rascher
statt als früher und wirtschaftliche Entwicklungen werden unberechenbarer. Dass dadurch bei vielen Menschen
Unsicherheiten entstehen ist verständlich,“ so IV-Präsident Sorger.
Durch die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt hat der Wirtschaftsstandort Österreich die Möglichkeit,
nicht nur auf diese Veränderungen zu reagieren, sondern von ihnen zu profitieren. Für die europäische,
aber auch österreichische Ebene heißt das unter anderem: Es müssen globale und durchsetzbare rechtliche
Rahmenbedingungen geschaffen werden - z.B. im Zusammenhang mit Produktpiraterie - eine leichte Beendigung von Arbeitsverhältnissen
umgesetzt, eine Senkung der Lohnnebenkosten vorgenommen, die Bürokratiekosten abgebaut und verstärkte
Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in eine moderne Infrastruktur getätigt und ermöglicht
werden.
Aufgaben für die nächste Legislaturperiode - Staats- und Verwaltungsreform, Lockerung des Kündigungsschutzes,
weitere Steuer- und Abgabenreform, Arbeitszeitflexibilisierung
„Im Detail sind aus Sicht der Industrie eine Reihe von Veränderungen nötig um auf den verstärkten
Eintritt der beiden Giganten in die Weltwirtschaft zu reagieren“, leitet Generalsekretär Beyrer sein Statement
ein. „Österreich braucht endlich eine umfassende Staats- & Verwaltungsreform, bzw. eine Gemeindereform.
Das heißt unter anderem: Eine Verfassungsreform auf Basis des Berichtes des Vorsitzenden des Österreich-Konvents
Franz Fiedler - mit einer modernen, dem österreichischen Binnenmarkt förderlichen Kompetenzlage,“ erklärt
Beyrer weiter.
Zusätzlich fordert Beyrer unter anderem
- die konsequente Umsetzung des Standard Cost Models zur Verminderung von Bürokratieanforderungen in Unternehmen
bis zu 2 Mrd. € nach niederländischem Vorbild,
- die Reform des Haushaltsrechts, die zusammen mit einer konsequenten Aufgabenreform eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes
von mindestens 1,5 Mrd. € bringt sowie
- eine Flexibilisierung beim Personalmanagement.
„Zur Entrümpelung unseres Rechtsrahmens gehört auch der Abbau von Investitionshürden, beispielsweise
durch Milderungen im UVP-Gesetz oder im Immissionsschutzgesetz Luft,“ so der IV-Generalsekretär. „Wir sind
ebenfalls ganz klar der Meinung von AMS-Vorstand Buchinger, dass punkto Lockerung des Kündigungsschutzes im
Bereich (wiedereinsteigende) Ältere, Lehrlinge und Menschen mit Behinderung etwas getan werden muss. Bei letzteren
ist das Netz gegen ungerechtfertigte Entlassungen - nicht zuletzt durch das Behindertengleichstellungsgesetz -
mittlerweile eng genug gewebt.“
Um Österreich für die Zukunft fit zu machen, muss auch der Weg der Steuer- und Abgabenentlastung weiter
gegangen werden. Denn die Steuer- und Abgabenquote in Österreich ist trotz eines positiven Trends immer noch
zu hoch, insbesondere für Leistungsträger und den betrieblichen Mittelstand. Genauer heißt das
aus Sicht der Industrie:
- Eine Entlastung des Mittelstandes durch eine Senkung des Einkommenssteuertarifs bis 2008, insbesondere durch
eine Reduktion des Spitzensteuersatzes auf 45% - mittelfristig auf 40% - und einer Valorisierung der Einkommensgrenze.
- Eine Entlastung des betrieblichen Mittelstandes und der österreichischen Familienunternehmen durch steuerliche
Erleichterungen bei Unternehmensübertragungen bzw. Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer nach dem
Vorbild Schwedens.
- Senkung der Arbeitszusatzkosten durch Nutzung vorhandener Einsparungspotenziale (WBF, AUVA, IESG, FLAF).
Auch bei einem weiteren Steuerthema ist die Botschaft der IV klar - IV-Generalsekretär Beyrer: „Österreich
verträgt keine neuen Ökosteuer-Abenteuer für Österreichs energieintensivere Unternehmen, die
zu den energieeffizientesten der Welt zählen und mehr als 170.000 Menschen direkt beschäftigen und mehr
als 2,5 Mrd. € jährlich investieren, können keine weiteren Belastungen mehr verkraften. Eine allfällige
„Ökologisierung des Steuersystems“ muss für energieintensive Unternehmen belastungsneutral gestaltet
werden.“
Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten bleibt für die Industrie auf der Tagesordnung, nicht zuletzt weil es
Thema Nummer 1 in den Industrieunternehmen ist. Österreich braucht die gesetzliche Regelung für die Flexibilisierung
der Arbeitszeit nach dem Modell 10-12-60-2. Der Erfolg aus diesen Flexibilisierungsmaßnahmen soll beiden
Seiten - Arbeitnehmern und Arbeitgebern - zugute kommen.
Dazu Präsident Sorger: „Wir Österreicher arbeiten fleißig und motiviert. Wir arbeiten je nach Berechnung
weniger oder etwas mehr als der EU-Durchschnitt. Alleine über Maßnahmen bei den Lohnkosten werden wir
mit Fernost nicht konkurrieren können. Aber: Wir können flexibler sein. In Wirklichkeit, wissen auch
die Arbeitnehmer, dass sie um eine diesbezügliche Lösung nicht herum kommen - wir müssen endlich
Ergebnisse sehen.“
„Maßnahmen nur in einem Gebiet werden nicht ausreichen. Veränderungen werden in all den hier angesprochenen
Bereichen geschehen müssen und sind Voraussetzung für ein Weitergehen auf dem Weg des Erfolges Österreichs.
Wenn wir diese Antworten geben, werden wir unsere Chancen massiv erhöhen und aus den Herausforderungen mit
China und Indien Nutzen für uns alle ziehen,“ betont IV-Präsident Sorger.
An guter standortpolitischer Ausgangsbasis Österreichs nichts ändern
Einen Appell richtete der Präsident der Industriellenvereinigung an die wahlkämpfenden politischen Parteien:
„An der guten standortpolitischen Ausgangsbasis Österreichs darf nichts geändert werden. Wir warnen nachdrücklich
davor, wirtschafts- und standortpolitische Rahmenbedingungen, die vor kurzem eingeführt wurden, wieder zu
verändern.“ Konkret nannte Sorger die attraktive Höhe der Körperschaftssteuer, das moderne System
der Gruppenbesteuerung oder die Errungenschaften der Forschungsförderungen sowie die Rahmenbedingungen für
Stiftungen.
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