Amon:
Politisches Sittenbild für Umgang mit Verantwortung
Wien (övp-pk) - "Es ist inakzeptabel, wenn insbesondere ehemalige politische Verantwortungsträger
ihre Aussage verweigern und von vornherein ankündigen, nicht in den Ausschuss zu kommen", so ÖAAB-Generalsekretär
Werner Amon, der in einer Pressekonferenz am 05.09. einen Ausblick auf den am 06.09. stattfindenden BAWAG-RH-Unterausschuss
gab. Von den geladenen Personen (die ehemaligen Finanzminister Dr. Andreas Staribacher, Mag. Viktor Klima und Rudolf
Edlinger sowie Dr. Alexander Gancz, MMag. Dr. Christian Büttner und Dr. Wolfgang Flöttl) haben sich mit
Ausnahme von Rudolf Edlinger und Christian Büttner alle entschuldigen lassen. "Dies ist ein Sittenbild,
wie man hier mit politischer Verantwortung umgeht: Auf der einer Seite heißt es, man hat von allem nichts
gewusst, auf der anderen Seite will man keine Verantwortung übernehmen und keine Auskunft im Ausschuss geben."
Wenn die parlamentarische Usance, dass man sich einer Ladung stelle, nicht mehr eingehalten werde, müsse man
sich entsprechend des §40 der Nationalratsgeschäftsordnung eine Vorführung durch die politische
Behörde überlegen. Aber es gebe offensichtlich gute Gründe, warum sich die geladenen Herren nicht
den Fragen im Ausschuss stellen wollen. Der "außerordentlich kritische" Prüfbericht der Nationalbank
aus dem Jahr 1994 hatte zu einem Bescheid des Finanzministeriums mit der Auflage von Prüfungen geführt
- "in weiterer Folge gab es dann aber keine Prüfungen mehr. Warum hat nach dem Ministerwechsel niemand
mehr in die BAWAG hineingeschaut?", fragte sich Amon. Wenn die SPÖ nun dem Finanzminister die Schuld
am "gesamten Debakel" gebe, nehme er das zur Kenntnis. Aber: "Sie haben sich offensichtlich in der
Jahreszahl geirrt."
Amon legte in der Pressekonferenz eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft vor, die von zwei leitenden Mitarbeitern
der BAWAG gegen BAWAG-Generaldirektor Walter Flöttl im Jahr 1994 eingebracht wurde. "Diese Personen haben
bereits damals auf kriminelle Machenschaften in der BAWAG hingewiesen und auch ausdrücklich darauf, dass offenbar
ein großer Verlust von Gewerkschaftsgeldern droht, dass der ÖGB-Streikfonds bedroht ist und sie nennen
auch ausdrücklich den ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch." Die Staatsanwaltschaft sei nach Erhalt
der Anzeige an die Nationalbank herangetreten und habe nachgefragt. Die Nationalbank habe auf die Zuständigkeit
des Finanzministeriums verwiesen, da ohne deren Auftrag keine Möglichkeit zu weiteren Untersuchungen bestehe.
"Es gab kein Personalproblem in der Nationalbank - es war ausdrücklich nicht gewünscht von Seiten
des Finanzministeriums, weitere Untersuchungen in der BAWAG vorzunehmen." Erst im Dezember 1998 wurde eine
Prüfung in Erwägung gezogen, die dann aber auch wieder nicht erfolgt sei. "Dafür ist Finanzminister
Edlinger verantwortlich und es wird Gegenstand der morgigen Befragung sein, warum er keinen Auftrag zur Prüfung
der BAWAG erteilt hat."
Das BAWAG-ÖGB-Debakel sei "nicht nur ein Kriminalfall, sondern ein Kriminalfall mit Mafiosi-Struktur,
die weit in die Sozialdemokratie hineinreicht", betonte Amon. "Es waren nicht nur SPÖ-Abgeordnete
in die BAWAG-Affäre involviert, sondern offenbar auch SPÖ-Finanzminister." Interessant sei auch,
dass sich die Gewerkschaftsspitzen in der öffentlichen Darstellung des ÖGB widersprechen. "ÖGB-Chef
Hundstorfer und sein Finanzchef Schneider versuchen immer noch mit aller Gewalt die dramatische Finanzsituation
im ÖGB zu vertuschen. Wilhelm Haberzettl hingegen verweist auf die bleibende Gefahr der Insolvenz." Dass
die überfällige ÖGB-Bilanz 2005 noch nicht vorliege, habe ausschließlich mit dem Wahlkampf
und den Interventionen seitens der SPÖ zu tun.
Gut zum Gesamtstil passe auch die Kandidatur des Liberalen Forums auf der SPÖ-Liste: "Während nun
Spitzengewerkschafterinnen und Spitzengewerkschafter nicht mehr auf SPÖ-Listen kandidieren dürfen - wobei
sie das teilweise dann doch tun -, findet sich nun ein Protagonist des Liberalen Forums auf der Liste der SPÖ
- also ein Protagonist der Partei, die den Heuschreckenkapitalismus propagiert", so Amon. "Nachdem man
dem Heuschrecken-Kapitalismus gefrönt hat und im hochspekulativen Bereich tätig war, passt ein Bau-Tycoon
wie Haselsteiner als wesentlicher Repräsentant des Liberalen Forums sehr gut ins Bild", so Amon abschließend. |
Matznetter: Amons Vernebelungsversuche bezüglich Grassers Aufsichtsversagen werden immer
peinlicher
Wien (sk) - Zu den heutigen Aussagen von ÖAAB-Generalsekretär Amon bezüglich des Kriminalfalls
BAWAG erklärte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter: "Der Haupt- beweggrund des Herrn Amon liegt
im Vernebelungsversuch des veritablen Aufsichtsversagens von Finanzminister Grasser - und diese Versuche werden
immer peinlicher." Matznetter erinnerte daran, dass Grasser Anfang 2001 den umfassenden Prüfbericht der
Nationalbank mit sorgfältiger Aufzählung aller Gesetzesverstöße "ein halbes Jahrzehnt
unterdrückt hat".
Zum Sachverhalt erklärte Matznetter am Dienstag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst, dass die Nationalbank
in ihrem Prüfbericht vom 27. April 2001 an Finanzminister Grasser, der für die Bankenaufsicht zuständig
war, alle Gesetzesverstöße des BAWAG-Managements festgehalten und ausdrücklich auch alle damals
bestandenen ominösen Stiftungen mit aushaftenden Dollar-Milliarden-Betrag angeführt hat. "Und Grasser
hat gar nichts getan", kritisierte Matznetter. Im Gegenteil, erinnerte Matznetter daran, dass in diese Zeit
launige Zusammentreffen mit dem Hauptverdächtigen Wolfgang Flöttl fielen. "Der ja auch, wie sich
inzwischen nach anfänglichem Leugnen von Grasser herausgestellt hat, Jachturlaubspartner von Grasser war",
so Matznetter.
Ganz anders und völlig korrekt haben die SPÖ-Finanzminister vor Grassers Zeit gehandelt. "Aufgrund
der Medienberichterstattung hat der damalige Finanzminister Ferdinand Lacina bereits sechs Tage vor dem mit 28.
April 1994 datierten und von Amon zitierten anonymen Brief, nämlich am 22. April 1994, den sofortigen Auftrag
einer Vor-Ort-Prüfung durch die Nationalbank gegeben." Obwohl das damalige Prüfergebnis der Nationalbank
wegen der gänzlichen Rückführung der Flöttl junior-Veranlagungen keine Gesetzesverletzung feststellen
konnte, haben Lacina sowie seine sozialdemokratischen Amtsnachfolger Staribacher, Klima und Edlinger dem Generaldirektor
Flöttl senior bescheidmäßig Auflagen erteilt und seinen Nachfolger Elsner zur Einhaltung verpflichtet.
Und die gemischte Expertenkommission aus Fachleuten des Finanzministeriums und der Nationalbank wurde mit der laufenden
Überwachung der BAWAG beauftragt. "Dies führte zur erneuten Prüfung im Jahr 2000 und schließlich
zum vernichtenden Prüfbericht 2001. Grasser aber hat jede weitere bankenaufsichtliche Konsequenz aus diesem
Prüfbericht unterlassen", so Matznetter abschließend. |