Stadträtin Brauner eröffnet internationales Vorzeigeprojekt der Österreichischen
Blindenwohlfahrt
Wien (rk) - Im Johann-Wilhelm-Klein-Haus der Österreichische Blindenwohlfahrt in Wien-Penzing
eröffnete am 18.09. die weltweit erste Pflegestation für demente blinde und hochgradig sehbehinderte
Menschen. Die neue Station bietet 25 Pflegeplätze, die speziell an die Bedürfnisse blinder und hochgradig
sehbehinderter Menschen angepasst wurden. Die Stadt Wien förderte die Errichtung mit 50.000 Euro und unterstützt
den laufenden Betrieb mit bis zu 1 Mio. Euro jährlich.
"Die Eröffnung dieser ersten Pflegestation für demente blinde Menschen zeigt einmal mehr, dass Wien
Vorreiter im Bereich der individuellen Pflege und Betreuung alter Menschen ist. Damit das so bleibt und solche
innovativen Projekte realisiert werden können, nehmen wir bewusst erhebliche finanzielle Mittel in die Hand.
Denn der laufende Betrieb der Mehrzahl aller Pflegeplätze in Wien wäre ohne die Cofinanzierung seitens
der Stadt für die privaten Betreiber nicht möglich", so Mag. Renate Brauner, Gesundheits- und Sozialstadträtin.
Demenz macht auch vor blinden und sehbehinderten Menschen nicht Halt. "Für Menschen mit einem Seh-Handikap
wiegt der Verlust der Leistungsfähigkeit des Gehirns doppelt schwer", ist Mag. Konrad Widmann, der Direktor
der Österreichischen Blindenwohlfahrt überzeugt, "Wir wollen gerade diesen Menschen mit Liebe und
Zuwendung ein würdevolles Leben in unserem Haus anbieten".
Wohnliche Atmosphäre für mehr Lebensqualität
In nur 6 Monaten Bauzeit wurde die neue Pflegestation den speziellen Bedürfnissen blinder und hochgradig
sehbehinderter demenzerkrankter Menschen entsprechend umgebaut. "Schon der demenzkranke sehende Mensch hat
eine beträchtlich schwierige Situation. Umso mehr müssen wir erkennen und verstehen, welche Probleme
die Kombination von Sehverminderung und Demenz für die Betroffenen mit sich bringt", so Oberarzt Dr.
Georg Psota, Gerontopsychiatrisches Zentrum der Psychosozialen Dienste in Wien.
Die Zimmer strahlen eine wohnliche Atmosphäre aus und sind barrierefrei und blindengerecht ausgestattet. Ein
Rundweg mit verschiedenen Erlebnis-Stationen verbindet die Zimmer und bietet ein belebendes Umfeld. Die Voliere
mit zwei Wellensittichen, das Gehege mit Meerschweinchen, der Plätscherbrunnen und die vielen Blumen lassen
die BewohnerInnen Natur hautnah erleben. Im gemütlichen, großzügig angelegten Wohnbereich ist ständige
Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeit gegeben, ein wichtiges Element in der Betreuung dementer Menschen.
Die Wohnküche bietet Gelegenheit, einzelne Speisen gemeinsam mit den BewohnerInnen zuzubereiten und so das
Gefühl des Gebraucht-Werdens zu vermitteln. Räumlichkeiten für Beschäftigungs- und Physiotherapie
runden das Angebot ab. In den hell durchfluteten Gängen wurde versucht, durch starkes, aber blendfreies Licht
Schattenbildung und Spiegelungen zu verhindern, da diese gerade in dementen hochgradig sehbehinderten Menschen
Wahnbilder erzeugen und Angst machen können. Ein zentraler, modernst eingerichteter Pflegestützpunkt
ist mit technischen Einrichtungen ausgestattet, um für die Sicherheit der BewohnerInnen zu sorgen. Herzstück
des neuen Sanitärbereichs ist eine Pflegebadewanne mit Hebelifter und Einstiegstür.
Liebevolle Pflege und Betreuung
Schon vor Inbetriebnahme haben sich die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter der neuen Station mit den besonderen Anforderungen
der Pflege von blinden dementen Menschen auseinandergesetzt. Das Erlernte soll nunmehr den BewohnerInnen der neuen
Demenzstation zugute kommen. Für jeden Bewohner wird ein individuelles Therapieprogramm erstellt, das verschiedene
aktivierende und fördernde Erlebnis- und Therapiemöglichkeiten einschließt. Dabei müssen die
verschiedenen Pflegemodelle, wie etwa Validation nach Naomi Feil, Demential Care Map nach Tom Kitwood oder das
psychobiografische Pflegemodell nach Erwin Böhm der speziellen Situation blinder dementer Menschen angepasst
werden. Durch individuelle, adäquate Pflege und Betreuung wird eine stabile Beziehung zwischen Pflege-Team
und BewohnerInnen geschaffen, die Geborgenheit, Wertschätzung, Nähe und Vertrauen vermittelt.
Integriert in die Angebote des Johann-Wilhelm-Klein-Hauses
Im Betrieb der neuen Demenzstation wird bewusst eine Ghettoisierung vermieden. Den BewohnerInnen der neuen
Demenzstation stehen alle Angebote der Österreichischen Blindenwohlfahrt wie der große Garten oder die
zahlreichen Veranstaltungen im Hause offen. Je nach Gesundheitszustand der Bewohnerin bzw. des Bewohners werden
solche Aktivitäten durch das Pflege-Team betreut und begleitet. "Wir sind stolz, international eine Vorreiter-Rolle
in der Betreuung dementer blinder und hochgradig sehbehinderter Menschen einzunehmen und sind sicher, dass wir
bereits in den nächsten Monaten volle Auslastung erreichen", betont Mag. Konrad Widmann, Direktor der
Österreichischen Blindenwohlfahrt.
Die Österreichische Blindenwohlfahrt
Seit 1825 stellt sich die Österreichische Blindenwohlfahrt in den Dienst blinder und sehbehinderter
Menschen. Johann Wilhelm Klein - der Begründer der Blindenbildung im deutschen Sprachraum - errichtete damals
das erste Blindenwohnheim in Wien-Josefstadt. Die Österreichische Blindenwohlfahrt war und ist seither bestrebt,
zeitgemäße Angebote für blinde und sehbehinderte Menschen zu entwickeln und umzusetzen. Das Johann-Wilhelm-Klein-Haus
in Wien- Penzing bietet blinden und sehbehinderten Menschen ein familiäres Zuhause - zeitlich begrenzt oder
auf Dauer. |