Innenpolitisches Thema Nummer 1
Wien (öj) - Er ist wohl die Hauptperson im "BAWAG/ÖGB-Skandal", über den
wir in den vergangenen Monaten immer wieder berichtet haben. Vergangene Woche hatte die Staats- anwaltschaft Wien
einen Haftbefehl wegen Fluchgefahr erlassen. In Zusammenarbeit mit der europäischen Justizbehörde Eurojust
und der französischen Staatsanwaltschaft wurde Elsner dann am 14.09. früh in seinem Wohnsitz in einem
der schicken Touristen- und Künstlerorte an der Cote d'Azur verhaftet. Elsner war von 1995 bis 2003 Chef der
Gewerkschaftsbank, ihm wird vor allem vorgeworfen, für die immensen Verluste verantwortlich zu sein, die sowohl
das Unternehmen als auch Eigentümer, den Österreichischen Gewerkschaftsbund, in ärgste finanzielle
Bedrängnis gebracht haben. Es werden ihm mehrere Straftatbestände vorgehalten, zu denen er demnächst
in Wien vernommen werden wird.
Im Umfeld hatte es hitzige Debatten gegeben, die durch eine Stellungnahme von Wolfgang Flöttl (er soll BAWAG-Millarden
verspekuliert haben) ausgelöst wurden. Flöttl meinte, er habe 1999 namhafte Summen an die SPÖ überwiesen.
Beweise dafür hat er keine vorgelegt. Aufregung gab es dann natürlich auch, als Flöttl erklärte,
er habe an Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky 72.000 Euro für Beratertätigkeit in Sachen Euro-Einführung
gezahlt - was letzterer auch nicht bestreitet und als normalen Vorgang erklärt und auch ordnungsgemäß
versteuert habe.
Angebliche Zahlungen aus BAWAG-Geldern an die SPÖ stehen - wahlkampfbedingt - seit Wochen im Raum, sind aber
nach wie vor unbewiesen. Nun steht ein anderer ehemaliger Spitzenpolitiker im Kreuzfeuer: der Industrielle und
Ex-ÖVP-Obmann Josef Taus hat Elsner unmittelbar vor dessen Verhaftung in Frankreich besucht. Er erkärte,
er habe nur einen Freund besucht, dem es gerade besonders schlecht gehe. Die SPÖ sieht ihrerseits darin bewiesen,
daß der gesamte Skandal um Elsner, Vranitzky und angebliche Zahlungen an die SPÖ, ja auch die Tatsache,
daß ein Wiener Staatsanwalt Flöttls Aussagen - siehe oben - an die Öffentlichkeit brachte, von
der ÖVP minutiös insziert worden sei, um der SPÖ vor der Wahl massiv zu schaden.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos meinte, es stelle sich immer drängender die Frage,
ob nicht Bundeskanzler Schüssel der direkte Drahtzieher der Verleumdungsgeschichte gegen die SPÖ im Zusammenhang
mit dem ÖVP/Flöttl-Komplott wäre. Als Beleg für die Vermutung, daß höchste ÖVP-Kreise
in diesen Komplott verwickelt seien, führte Darabos Taus´ Besuch bei Elsner an und vermutet "ein
schwarzes Netzwerk zu Elsner". Damit dies nicht sichtbar werde, lehne die ÖVP einen Untersuchungsausschuss
zur BAWAG bisher immer ab.
ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka konstatierte, der SPÖ-Wahlkampf laufe nun endgültig aus
dem Ruder. Es sei mehr als lächerlich, wenn Darabos versuche, krampfhaft ein nicht vorhandenes ÖVP-Netzwerk
im ÖGB-BAWAG-Skandal zu konstruieren. Es seien ausschließlich rote Verantwortungsträger, die Gewerkschaftsmitgliedsbeiträge
von zehn Jahren verspielt und die Gewerkschaftsidee verraten hätten. Es sei auch ungeheuerlich, dass die SPÖ
erneut die unabhängige Justiz angreife und sich in obskuren Verschwörungstheorien ergehe.
BZÖ-Bündnissprecher Uwe Scheuch kommentierte, das Agieren der SPÖ im Sog des ÖGB-Bawag-Skandals
werde immer trauriger: Die Darabos´ Pressekonferenz sei nur ein weiterer Höhepunkt des Elends gewesen.
Mit einer an den Haaren herbeigezogenen Argumentationsweise solle der Bevölkerung einmal mehr vorgegaukelt
werden, dass die SPÖ in diesem Finanzskandal nicht verwickelt sei - es werde mit jedem Tag skurriler. Die
Versuche der SPÖ, nun auch Andere in den Skandal hineinzuziehen, könne man wohl nur als Verzweiflungsakt
werten.
FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache meinte, der Besuch von Ex-ÖVP-Obmann Taus bei Helmut Elsner werfe ein
völlig neues Licht auf die schwarzen Verstrickungen in diesem Skandal. Vor allem stelle sich die Frage, ob
Taus eine Vermittlerrolle bei der Vorfinanzierung der Eurofighter durch die BAWAG gespielt habe. Die ÖVP könne
jedenfalls ihre Hände jetzt nicht mehr in Unschuld waschen, betont Strache. Sie sitze mit den roten Abkassierern
im gleichen Boot. Der Besuch Tausens bei Elsner sei ein weiterer großer Mosaikstein im schwarzen Sittenbild.
Werner Kogler, Vorsitzender des RH-Ausschusses und Budgetsprecher der Grünen, begrüßt die späte
Einsicht der ÖVP, dass Josef Taus dem RH-Unterausschuss in der BAWAG Affäre als Auskunftsperson zur Verfügung
stehen soll. Die Geschäfte, die Taus gemeinsam mit seinen Partnern Schlaff und Cordt mit der BAWAG gemacht
habe, seien höchst aufklärungsbedürftig. Zur Ladung von Exkanzler Vranitzky sei festzuhalten, dass
dies selbstverständlich von Interesse wäre, da geklärt werden müsse, ob Millionenzahlungen
direkt oder indirekt aus BAWAG-Mitteln geflossen seien. (mm) |