IV stellt Maßnahmenprogramm für neue Bundesregierung vor  

erstellt am
14. 09. 06

IV-Präsident Sorger: Österreich muss attraktiver Wirtschafts- und Industriestandort bleiben – Weitere Steuer- und Abgabenreform
Wien (PdI) - „Österreich ist ein Industrieland – und muss ein attraktiver Industriestandort bleiben. Die Industrie ist der Innovations- und Wachstumsmotor unseres Landes und produziert mehr als 40 Prozent der österreichischen Wertschöpfung“, betonten der Präsident der Industriellen- vereinigung (IV), Dr. Veit Sorger und IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Tages der Industrie in Wien. „Wir feiern heute 60 Jahre Industriellenvereinigung, in diesen vergangenen sechs Jahrzehnten haben wir als Interessen- vertretung zu der beeindruckenden Entwicklung des Standortes Österreich beigetragen. Diese Aufgabe übernehmen wir auch für die Zukunft“, so der IV-Präsident.

Die Ausgangslage des Industrielandes Österreich sei eine gute. Sorger: „Wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir international wettbewerbsfähig im Hochlohnland Österreich wirtschaften und in Zeiten der Globalisierung reüssieren können.“ Entscheidend dabei mitgeholfen hätten wirtschaftspolitische Maßnahmen, wie die Steuerreform 2005/2006, vor allem die KöSt-Senkung, das moderne System der Gruppenbesteuerung, die Errungenschaften der Forschungsförderung, die Rahmenbedingungen für Stiftungen und ein Privatisierungsprozess, der zu einer Win-Win Situation für die betroffenen Unternehmen, die Arbeitnehmer und den Standort wurde. Sorger warnte ausdrücklich davor, „wirtschafts- und standortpolitische Rahmenbedingungen, die vor kurzem noch eingeführt wurden, wieder zu verändern.“

Maßnahmenfelder für den Standort der Zukunft Österreich
„Die heimische Industrie braucht die richtigen politischen Maßnahmen, damit Österreich weiterhin ein attraktiver Industriestandort bleiben kann. Im Detail sind aus Sicht der Industrie - von der guten Ausgangsbasis aus - eine Reihe von Veränderungen nötig, die wir in einem Maßnahmenprogramm für die nächste Bundesregierung zusammengefasst haben“, erklärte Sorger. Nach wie vor ein Kernthema für die Industrie sei ein wettbewerbsfähiges und politisch geeintes Europa, das die besten Voraussetzungen dafür biete, dass die europäischen Länder die Globalisierung als Chance zum Nutzen der Bevölkerung wahrnehmen können. Sorger sprach sich in diesem Zusammenhang für eine aktive Europa-Politik statt einem Europa-Frust und „Europa-bashing“ aus.

„Um Österreich für die Zukunft fit zu machen, muss auch der Weg der Steuer- und Abgabenentlastung weiter gegangen werden“, erklärte Sorger. Konkret heißt das aus Sicht der Industrie:

  • Gebühren auf Rechtsgeschäfte und die die Eigenkapitalbildung verteuernde Gesellschaftssteuer sind ersatzlos zu streichen.
  • Steuerliche Erleichterung bei Unternehmensübertragungen bzw. Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer nach dem Vorbild Schwedens.
  • Senkung des Einkommenssteuertarifs bis 2007/08, insbesondere durch eine Reduktion des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent – mittelfristig auf 40 Prozent – und eine Valorisierung der Einkommensgrenze.
  • Anhebung des Freibetrages für Mitarbeiter-Beteiligungen auf mindestens 2.500 Euro, um die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Produktivkapital zu fördern.

Auch bei einem weiteren Steuerthema ist die Botschaft der IV klar. IV-Präsident Sorger: „Die von manchen angedachte Ökologisierung des Steuersystems ist für die energieintensiven Unternehmen nicht belastungsneutral, da diese weniger personalintensiv sind. Diese Unternehmen stehen für rund 175.000 Direktbeschäftigte, sowie 2,5 Mrd. Euro jährlicher Investitionen. Die österreichische Volkswirtschaft kann sich eine Abwanderung dieser Betriebe nicht leisten."

„Wir müssen auch die Energiepreise in den Griff bekommen. Wir können uns keine weitere Erhöhung der politischen Kosten mehr leisten", so Sorger. Konkret fordert Sorger:

  • die Umsetzung der EU-Sektorenuntersuchung mit dem Ziel, auf dem europäischen Energiemarkt effektiven Wettbewerb zu schaffen, als eine der Voraussetzungen für einen österreichischen Wettbewerb.
  • Ausschöpfung der gesetzlichen Instrumentarien zur Stärkung des Wettbewerbs auf den österreichischen Energiemärkten.
  • eine weitere Senkung der österreichischen Netztarife auf allen Netzebenen auf ein bundesweit einheitliches und europäisch vergleichbares Niveau bei Aufrechterhaltung der Investitionstätigkeit und
  • die Verhinderung von neuen monopolisierenden Angebotsstrukturen in Österreich.
   

Als weitere Maßnahmenfelder der Industrie nannte Sorger:

  • Heben der Privatisierungspotenziale auf Länder- und Gemeindeebene – zum Beispiel bei EVUs, Landeshypos und Flughäfen. Österreich wird in Zukunft weitere zusätzliche Mittel in Forschung & Entwicklung, Innovation sowie Aus- und Weiterbildung investieren müssen, diese sollen nach deutschem Vorbild aus weiteren Privatisierungen kommen.
  • Großzügigere Ladenöffnungszeiten bei Beibehaltung der Sonntagsruhe am Sonntagvormittag. Die Industrie spricht sich für eine Aufhebung der derzeit gültigen Tagesrahmenzeiten aus, sodass Flexibilisierung zwischen Sonntag 14 Uhr und Samstag 24 Uhr erreicht wird.
  • Bei der Weiterentwicklung der ÖIAG soll der im Jahr 2000 eingeführte, politisch unabhängige Aufsichtsrat mit selbständigem Nachnominierungsrecht, seine diesbezügliche „Schutzschildfunktion“ weiter behalten. Diese Konstrunktion war sowohl dem Renommee des österreichischen Kapitalmarkts, wie auch der Abwicklung der Privatisierungen und der Weiterentwicklung der Unternehmen zuträglich. „Diese Schutzschildfunktion ist unbedingt zu erhalten“, so Sorger.
  • Die veränderten Rahmenbedingungen der Arbeitswelt verlangen eine umfassende Reform des Bildungswesens. Dies betrifft insbesondere auch die Schulen. Diese Reform muss jedenfalls mehr Schulautonomie, moderne Unterrichtsgestaltung nach aktuellen Lehrplänen, eine objektivierte Leistungsbeurteilung mit Qualitätskontrolle einhalten.


Industriepolitische Notwendigkeiten – Arbeitszeitflexi, Arbeitsrecht, Staats- und Verwaltungsreform
„Die Flexibilisierung der Arbeitszeit bleibt für die Industrie auf der Tagesordnung, nicht zuletzt, weil es Thema Nummer Eins in den Industrieunternehmen ist“, betonte IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer. Österreich brauche die gesetzliche Regelung für die Flexibilisierung der Arbeitszeit nach dem Modell 10-12-60-2. Der Erfolg aus diesen Flexibilisierungsmaßnahmen soll beiden Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – zu gute kommen.

Ebenso wichtig für die Industrie seien auch Anpassungen im Arbeitsrecht. Hier forderte Beyrer konkret anhand von drei Beispielen:

  • Bei der Auflösung von Dienstverhältnissen generelle Kündigungsmöglichkeiten von Lehrverträgen, eine grundsätzliche Erstreckung der Probezeit auf drei Monate.
  • Im Bereich der Zuwanderung die Entwicklung eines Modells zur Förderung des qualifizierten Zuzugs (in Anlehnung an das „Kanadische Modell“). Das heißt eine bedarfsorientierte und sektorelle Öffnung des Arbeitsmarktes gegenüber den neuen EU-Mitgliedsländern, die jährliche Überprüfung der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Übergangsfrist und allenfalls vorzeitige Beendigung.
  • Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Umsetzung eines Gesamtpaketes zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zentrale Ansätze dabei sind der quantitative, qualitative und zeitliche Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und die Adaptierung des Kinderbetreuungsgelds. Die Liberalisierung der Öffnungszeiten für Kinderbetreuungseinrichtungen, Schaffung von mehr Kinderbetreuungsplätzen, steuerliche Erleichterungen für unternehmensseitige Maßnahmen zur Kinderbetreuung (Betriebskindergärten, Betreuungsgutscheine), Flexibilisierung der Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes und der Zuverdienstgrenze sowie die Errechnung von Entlastungsmöglichkeiten des FLAF durch Umschichtung.

„Österreich braucht endlich eine umfassende Staats- und Verwaltungsreform. Das heißt unter anderem den Abbau von Investitionshürden, beispielsweise durch Identifizierung und Abbau bzw. Milderung bestehender Hemmnisse für Wachstum und Beschäftigung, eine Vereinheitlichung von Rechtsmaterien im einheitlichen Wirtschaftsraum Österreich, eine Investitionsbeschleunigungsinitiative durch kürzere Verfahrensdauern und den Ausbau des Verfahrensmonitorings/controllings“, erklärte Beyrer weiter.

Im Bereich Infrastruktur plädierte der IV-Generalsekretär für die Entwicklung eines gesamtösterreichischen Energie-Generalplanes für die Sicherung der langfristigen Versorgung Österreichs mit Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen. Zusätzlich forderte Beyrer unter anderem

  • das Forcieren einer gemeinsamen, europäischen Energieaußenpolitik,
  • die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Österreich mit Augenmaß,
  • raschen Lückenschluss im österreichischen 380 kV-Leitungsring und der grenzüberschreitenden Anbindungen zur Verminderung des Black-out-Risikos zur gesicherten Stromversorgung von Unternehmen und Haushalten,
  • die Sicherung einer ausreichenden Leitungskapazität für den Gastransport
  • wirksame Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren,
  • eine vorausschauende Raumordnung mit einem Bundesraumordnungs-Gesetz zur rechtzeitigen Ausweisung und Sicherung von geeigneten Standorten/Korridoren für übergeordnete Infrastrukturprojekte,
  • die Überarbeitung, Evaluierung und Aktualisierung des Generalverkehrsplans, eine transparente Prioritätensetzung auf Basis betriebswirtschaftlicher Analysen und gesamtwirtschaftlicher Kosten-/Nutzenüberlegungen
  • und die Umsetzung des nationalen IKT-Masterplans.

„Voraussetzung für einen attraktiven Industriestandort Österreich ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen und eine zukunftsorientierte und kluge Wirtschaftspolitik gemacht wird. Österreich muss auch nach der Nationalratswahl weiterhin ein attraktives Industrieland bleiben. Unser Programm soll dazu beitragen und wir vertrauen darauf, dass die Themen der Industrie im kommenden Regierungsprogramm Eingang finden werden“, so Beyrer abschließend.

Daten und Fakten zu Österreichs Industrie

Die Industriellenvereinigung hat anlässlich ihres 60jährigen Bestehens durch das Industriewissenschaftliche Institut (IWI) die volkswirtschaftliche Bedeutung der Industrie errechnen lassen.

Je nach Berechnungskonzept ergeben sich folgende Zahlen:

Beschäftigungsverhältnisse BIP-Anteil

Sachgüterproduktion 1,24 Mio. 29,7 %

Produzierender Sektor 1,59 Mio. 41,8%
(+ Bergbau, Energie, Bau)

Erweitertes Industriekonzept 1,84 Mio. 47,4%
(+Industrienahe Dienstleistungen eng gefasst)

Servoindustrieller Sektor 2,27 Mio. 58,8%
(+Industrienahe Dienstleistungen weiter gefasst)


Quelle: IWI, 2006



Weitere Informationen und Bestellmöglichkeit der IV-Broschüre „Industrieland Österreich 1946 – 1996“ unter http://www.iv-net.at

 
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