Präsident und Generalsekretär präsentieren Forderungsprogramm der Wirtschaftskammer
an die nächste Regierung – "Wir haben Prioritäten gesetzt und Ziele formuliert"
Wien (pwk) - Mit einem umfassenden Forderungsprogramm an die nächste Bundesregierung traten
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Generalsekretär-Stv. Reinhold Mitterlehner am 11.09. im
Club der Wirtschaftspublizisten an die Öffentlichkeit. Schwerpunkte sind Maßnahmen zur Weiterentwicklung
des Wirtschafts-, Bildungs- und Forschungsstandortes, um Österreich in den nächsten Jahren in all diesen
Bereichen unter Europas Top-3 zu positionieren.
Die wichtigsten Ziele der WKÖ bis 2010 fasste Präsident Leitl in folgenden Kernpunkten zusammen:
- 200.000 Arbeitsplätze mehr in vier Jahren (von derzeit 3,36 auf 3,55 unselbständig Beschäftigte),
- Senkung der Arbeitslosenquote auf vier Prozent (derzeit: 5,2 Prozent). „Österreich hat die fünftniedrigste
Arbeitslosenquote in der EU. Wir wollen aber unter die Top drei. Die WKÖ will Vollbeschäftigung in Österreich
bis 2016“.
- Erhöhung der Exportquote von derzeit 55,8 auf 62 Prozent. „Das Ziel von 100 Milliarden ist zum greifen
nahe. Wir wollen die Schweiz überholen und mit Schweden gleichziehen“.
- Forschungsquote von drei Prozent. „Damit rücken wir zur internationalen Spitzenklasse auf“.
- Die Bildung stärker ins Visier nehmen. „Bildung ist unsere Ressource und einer der Hauptpunkte aus der
Sicht einer nachhaltigen Wachstumsorientierung“
- Fortsetzung des erfolgreichen Coaching Programms für arbeitslose Jugendliche. „Es darf kein Frankreich
geben in Österreich“.
- Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf 38 Prozent, und
- 400.000 Selbständige in Österreich. „Heute hat die WK-Organisation mit 368.900 Mitgliedern um 42
Prozent mehr als vor 60 Jahren. In vier Jahren wollen wir mit 400.000 Unternehmern um zehn Prozent mehr Mitglieder
haben als heute. Die WKÖ setzt weiter auf eine Gründeroffensive!“.
Um die ehrgeizigen Ziele für den Standort Österreich zu erreichen, müssen allerdings etliche Rahmenbedingungen
verbessert werden, führte der Präsident vor führenden Wirtschaftsjournalisten des Landes weiter
aus. Gerade im Steuerbereich gehe es um die Erledigung weiterer Hausaufgaben: Erstens müsste die massive steuerliche
Ungleichbehandlung von Selbständigen und Unselbständigen beseitigt werden (Stichwort: Einführung
eines steuerlich begünstigten Jahressechstels für Selbständige nach dem Vorbild des 13. und 14.
Gehalts bei Unselbständigen). Zweitens eine Steuertarifentlastung bei Lohn- und Einkommenssteuer. Drittens
fordert die WKÖ als rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung eine optionale Betriebssteuer auch für
Einkommenssteuerpflichtige. Derzeit sind Kapitalgesellschaften (25 Prozent KÖSt) besser gestellt als Einzelunternehmen.
Viertens: Wegfall der Erbschaftssteuer und diverser Bagatellsteuern, wie etwa der Werbeabgabe. Und fünftens
eine Lohnnebenkostensenkung für Arbeitnehmer ab 55.
Werden alle Steuervorschläge der Wirtschaft umgesetzt, so würden die Betriebe und Selbständigen
um etwa 1,5 Milliarden Euro entlastet, rechnete Leitl vor.
Besonderen Wert legte der WKÖ-Präsident auf das Thema Verfassungs- und Verwaltungsreform. Geeignete Lösungen
soll eine Konsenskonferenz auf Basis des Österreich-Konvents bringen, die gleich nach der Wahl einberufen
werden und nicht mehr als etwa ein Dutzend Teilnehmer umfassen sollte. „Nur bei entsprechenden Einsparungen sind
in der kommenden Legislaturperiode genügend Mittel für eine Steuerreform und dringend benötigte
Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung, Gesundheit und Infrastruktur vorhanden“. Im Sinne einer „Better Regulation“
sind, so Leitl weiter, eine deutliche Reduktion der Verwaltungskosten für Betriebe sowie eine Gesetzesfolgenabschätzung
umzusetzen. Zur gründlichen Durchforstung des geltenden Rechts soll eine Deregulierungs- und Entbürokratisierungskommission
eingesetzt werden.
GSV Mitterlehner sprach sich mit Nachdruck für eine aktive Arbeitsmarktpolitik aus. Dazu gehörten die
effizientere Gestaltung der Zumutbarkeitsbestimmungen, ein Ausbau der Beschäftigungsanreize, ein verstärkter
Einsatz der unternehmensnahen Weiterbildung in Implacement-Stiftungen, Qualitätssicherung bei Aus- und Weiterbildungsprogrammen
des AMS sowie ein Erfolgsprämienmodell bei der Arbeitsvermittlung, wonach speziell bei der Vermittlung von
Langzeitarbeitslosen verstärkt private Anbieter herangezogen werden sollen. „Derartige Modelle, bei denen
erfolgsabhängige Entgelte gezahlt werden, haben sich im Ausland (Australien, Holland) bewährt",
hob Mitterlehner hervor.
Noch deutlich unter den EU-Vorgaben (50 Prozent bis 2010) liegt Österreich bei der Beschäftigungsquote
älterer Arbeitnehmer (2004: 28,8 Prozent). Es sei daher sinnvoll, die Lohnnebenkostensenkung auf Arbeitnehmer
ab 55 Jahren auszudehnen. In einem zweiten Schritt könnten dann bis 2010 – bei entsprechend positiver Beschäftigungslage
und damit ausreichender Dotierung der Sozialtöpfe – die Lohnnebenkosten bei Älteren ab 50 gesenkt werden.
|