Innsbrucker Forscher entwickeln Grundlagen für noch genauere Atomuhren
Innsbruck (universität) - Der Fluss der Zeit kann mit Hilfe von Atomuhren sehr genau gemessen
werden. Doch für viele Anwendungen und Grundlagenexperimente suchen Wissenschaftler nach immer neuen Möglichkeiten,
atomare Schwingungsfrequenzen noch präziser zu bestimmen. Experimentalphysiker um Dr. Christian Roos haben
nun ein Experiment durchgeführt, in dem quantenmechanisch verschränkte Atome für genauere Zeitmessungen
verwendet werden. Darüber berichten sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift NATURE.
Die Innsbrucker Experimentalphysiker um Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt arbeiten seit Jahren sehr erfolgreich an den
Grundlagen eines zukünftigen Quantencomputers. Erst im Vorjahr gelang den Forschern die Erzeugung des weltweit
ersten ‚Quantenbytes'. Diese Erkenntnisse werden nicht nur die Zukunft der Informationsverarbeitung revolutionieren,
der Einsatz von Quantenlogik verspricht auch Anwendungen für den Bau neuer Atomuhren. Schon jetzt wird die
Zeit in Atomuhren über die Schwingungsfrequenz von einzelnen Atomen bestimmt. Die Genauigkeit dieser Uhren
ist durch äußere Störungseinflüsse wie elektrische Felder begrenzt. Die Forscher um Christian
Roos und Rainer Blatt haben nun ein System aus zwei verschränkten Kalzium-Ionen (40Ca+) entwickelt, das die
Störanfälligkeit einzelner Atome umgeht. Sie nutzten dabei ihre Erfahrungen aus der Entwicklung von Quantencomputern.
"In Systemen aus zwei oder mehr verschränkten Teilchen lassen sich Klassen von Zuständen finden,
die unempfindlich gegen bestimmte Arten von Störungen sind", erklärt Dr. Roos. "Diese so genannten
dekohärenzfreien Unterräume sind wichtig für den Bau von Quantencomputern, müssen dort doch
die empfindlichen Quantenzustände vor schädlichen Einflüssen aus der Umgebung geschützt werden.
Diese dekohärenzfreien Sphären nutzen wir nun auch für unsere Messungen der Zeit."
Verschränkung erlaubt noch exaktere Messung
"In unserem Experiment zeigen wir, dass quantenmechanische Zustände, die für die Messung
der Zeit interessant sind, sehr stabil sein können", erklärt Dr. Christian Roos vom Institut für
Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) in Innsbruck. Der Wissenschaftler misst die Zeit noch nicht direkt,
er verwendet diese Zustände zur Messung einer atomaren Eigenschaft, des so genannten elektrischen Quadrupolmoments
in einem Kalziumion. Für Atomuhren ist diese elektrische Größe sehr wichtig, denn sie bestimmt,
wie stark äußere, elektrische Felder die Zeitmessung stören können. Deshalb sind in den letzten
Jahren die Quadrupolmomente für eine Reihe von Atomen bestimmt worden. "Unsere Messung ist fast um den
Faktor 10 genauer als alle bisherigen Messungen", erklärt Roos, "und dies obwohl das störende
Rauschen bei den verwendeten Kalziumionen viel stärker ist." In naher Zukunft wollen die Innsbrucker
Physiker das Verfahren für eine genauere Bestimmung der Schwingungsfrequenz im Kalziumion verwenden, um damit
eine verbesserte Zeitmessung zu erreichen.
Durchgeführt wurde dieses Experiment am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck.
Unterstützt wurden die Wissenschaftler dabei vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Europäischen Union. |