Wachstum im Eurogebiet solide  

erstellt am
02. 10. 06

Brüssel (eu-int) - Wie sich zeigt, steht der wirtschaftliche Aufschwung im Eurogebiet auf soliden Füßen: Im ersten Halbjahr war ein BIP-Wachstum zu verzeichnen, wie noch nie seit sechs Jahren, so das Ergebnis des am 02.10. veröffentlichten Eurogebiet-Quartalsberichts. Die Binnennachfrage zieht endlich wieder an und ist zum wichtigsten Wachstumsmotor geworden. Vor dem Hintergrund einer sich verbessernden Arbeitsmarktsituation und nachgebender Ölpreise könnten sich die Wirtschaftsaussichten kurzfristig günstiger entwickeln als erwartet. Auf längere Sicht ist jedoch mit zunehmenden Abwärtsrisiken zu rechnen. Insbesondere die Ende des Frühjahrs zu beobachtenden Aktienmarktturbulenzen deuten darauf hin, dass sich die aus den makroökonomischen Rahmenbedingungen resultierenden Wachstumsrisiken verstärken. Im Hauptteil des Berichts werden die Arbeitsmarktentwicklungen im Eurogebiet beleuchtet. Fazit: Dank Strukturreformen und dauerhafter Lohnzurückhaltung konnte eine bessere Beschäftigungsleistung erzielt werden. Jedoch ist das Potenzial des Arbeitsmarktes noch nicht ausgeschöpft. Die Tatsache, dass die bisherigen Anstrengungen greifen, sollte dazu ermuntern, weitere Schritte in die richtige Richtung zu unternehmen.

Mit einer annualisierten Rate von 3,4 % im ersten Halbjahr wuchs das BIP im Eurogebiet so schnell wie seit sechs Jahren nicht mehr. Gestützt durch eine starke Zunahme privater Investitionen wurde die Binnennachfrage zur Hauptwachstumsquelle. Angesichts des jüngsten Rückgangs der Ölpreise und der schrittweisen Konsolidierung des Arbeitsmarktes verbessern sich auch die Perspektiven für den privaten Konsum, der in den vergangenen Jahren eine der großen Schwachstellen der Wirtschaft im Eurogebiet war.

Trotz leicht negativer Entwicklung der Konjunkturindikatoren und eines zwar nicht mehr ganz so günstigen, aber immer noch positiven globalen Wirtschaftsumfelds ist damit zu rechnen, dass das Wachstum im Eurogebiet auch im zweiten Halbjahr nahe an das Potenzialwachstum heranreichen oder dieses gar übertreffen wird. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die von der Kommission im September veröffentlichte Zwischenprognose, in der für das Jahr 2006 ein BIP-Wachstum im Eurogebiet von 2,5 % – also von 0,4 Prozentpunkten mehr als in der Frühjahrsprognose – vorausgesagt wird.

Die Entwicklung der Finanzmärkte im Eurogebiet verlief im Jahr 2006 bisher allgemein positiv. Die kurzzeitigen Turbulenzen an den Aktienmärkten in den Monaten Mai und Juni sind jedoch ein Indiz dafür, dass sich die aus den makroökonomischen Rahmenbedingungen resultierenden Abwärtsrisiken verstärkt haben – sowohl auf internationaler Ebene als auch auf den heimischen Märkten. International gesehen erwachsen Risiken aus der Möglichkeit einer stärker als erwartet ausfallenden Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums im Kontext ausgeprägter globaler Ungleichgewichte, aus anhaltenden geopolitischen Spannungen sowie aus sehr hohen Preisen für Vermögenswerte auf vielen Märkten. Innerhalb des Eurogebiets wird die Anfälligkeit der Wirtschaft zusätzlich erhöht durch die zunehmende Verschuldung von Haushalten und Unternehmen.

Neuere Daten lassen darauf schließen, dass das Eurogebiet heutzutage wesentlich weniger empfindlich auf Erhöhungen der Ölpreise reagiert, als dies zu Zeiten der Ölkrisen der 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts der Fall war. Mehrere Faktoren spielen hier eine Rolle. Einer dieser Faktoren – der in dem Bericht analysiert wird – ist das Recycling der von den Öl exportierenden Ländern aus dem Ölgeschäft erzielten Einnahmen in die Öl verbrauchenden Länder. Die hohen Gewinne aus dem Ölgeschäft fließen über zwei Kanäle in das Eurogebiet zurück: zum einen über einen Anstieg der Exportnachfrage, zum anderen über eine Erhöhung der Kapitalinvestitionen im Eurogebiet. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass sich beides heute positiver auf die Wirtschaft im Eurogebiet auswirkt, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Arbeitsmärkte im Eurogebiet: trotz beachtlicher Leistung bleibt noch viel zu tun
Der Hauptteil des Bericht ist den jüngsten Arbeitsmarktentwicklungen im Eurogebiet gewidmet. Dem Bericht zufolge sind im Funktionieren des Arbeitsmarktes deutliche Verbesserungen festzustellen. In den letzten fünf Jahren wurden im Eurogebiet über fünf Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Vergangenheit ist dies eine beachtliche Leistung. Die Elastizität der Arbeitskräftenachfrage hat dazu beigetragen, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit während des letzten Abschwungs eingedämmt werden konnte und dass die Arbeitslosenquoten – trotz Erhöhung des Arbeitskräfteangebots – seit dem Frühjahr 2005 rückläufig sind. Ihre Erklärung finden diese Ergebnisse in erster Linie in den positiven Auswirkungen der Strukturreformen und einer dauerhaften Lohnzurückhaltung. Auch die Veränderungen in der sektoralen Struktur der Wirtschaft, namentlich die zunehmende Bedeutung des Dienstleistungsbereichs, haben die Beschäftigung gestützt, wenngleich in geringerem Umfang.

Die positiven Ergebnisse sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass weitere Verbesserungen vonnöten sind. Die strukturelle Arbeitslosigkeit ist unverändert hoch, nach wie vor handelt es sich bei einem großen Teil der Erwerbslosen um Langzeitarbeitslose, und bei den neu geschaffenen Arbeitsplätzen überwiegen weiterhin befristete Arbeitsverhältnisse. All dies macht es erforderlich, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen verstärken.
 
zurück