Cap:
Neue Koalition darf alte Fehler nicht wiederholen
SP-Klubobmann plädiert für "neue Kultur und Aufbruchstimmung"
Wien (sk) - Die Menschen, die SPÖ und ÖVP zusammen über 70 Prozent der Stimmen gegeben
haben, "wollen, dass wir für Österreich arbeiten" und das mit "offenem Herzen, Optimismus
und mit dem Willen, Großes für Österreich zu schaffen", so der gf. SPÖ-Klubobmann Josef
Cap am 08.10. in der ORF-"Pressestunde". Gerade dort, wo es darum gehe, das "Sozialmodell weiterzuentwickeln"
und zu einer "besseren Wettbewerbsfähigkeit" zu kommen, könne eine große Koalition wichtige
Arbeit leisten, so Cap, der davor warnte, in ein Koalitionsklima des Jahres 1999 zurückzufallen. Keinesfalls
dürfe eine neue Koalition die Fehler der alten ("permanentes Misstrauen, Streit über Personalpolitik")
wiederholen. Vielmehr müsse man zu einer "neuen Kultur und zu neuen Umgangsformen gelangen, wichtige
Projekte deklarieren und das mit Aufbruchsstimmung verbinden". Im kommenden Untersuchungsausschuss zu den
Eurofightern gelte es, Gewissheit darüber zu erlangen, "warum im letzten Moment für die teuerste
Variante der Luftraumüberwachung entschieden wurde", so Cap mit Verweis auf die Eurofighter-Gesamtkosten
von über sechs Milliarden Euro.
SPÖ und ÖVP müssten nun versuchen, ein gutes Programm für Österreich zu entwickeln, so
Cap, der bekräftigte, dass er hoffe, dass es zu einer anderen Form der Konfliktaustragung kommt. Denn zwei
Fehler könne man sich nicht leisten: "Wenn man zusammenkommt, aber nicht zusammenfindet. Und wenn man
zusammenkommt, und der alte Tropf einkehrt". Cap appellierte an die ÖVP, an die Zukunft und das Gemeinsame
zu denken: "Ich verstehe nicht, warum die Verhandlungsführung für die ÖVP überhaupt jene
machen, wo es aufgrund von Wortmeldungen aus der ÖVP selbst fast sicher ist, dass sie wahrscheinlich in der
neuen Regierung gar nicht die prägenden Persönlichkeiten sind". Schließlich sei es nicht zielführend,
wenn hier "sehr viel an Aufarbeitung des Vergangenen möglicherweise emotionell in den Verhandlungsprozess
eingebracht wird". Nachdem am Wahlsonntag ein "klarer WählerInnenauftrag" an die SPÖ ergangen
ist, sei klar, dass SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer den Anspruch hat, Bundeskanzler zu werden, so der gf.
SPÖ-Klubobmann.
"Rasch und konstruktiv an Verhandlungstisch setzen"
Cap sprach sich im Vorfeld der Regierungsbildung auch strikt gegen "Streit, Rituale und Pokerpartien"
aus - vielmehr gelte es, sich nach Erteilung des Regierungsauftrags seitens des Bundespräsidenten "möglichst
rasch konstruktiv an den Verhandlungstisch zu setzen", und ein "Regierungsprogramm zu erstellen, das
gut für Österreich ist". Mit deutlichen Worten sprach sich Cap gegen Neuwahlen aus: Die seien den
WählerInnen nicht "zuzumuten, niemand will sie und sie sind auch keine Alternative". Auch der Variante
der Regenbogenkoalition erteilte Cap eine Absage: "wir streben eine Koalition mit der ÖVP an, und ich
hoffe, dass das erfolgreich sein wird".
"Schicksal der Menschen" im Vordergrund, nicht "Pokerpartie"
Bei den Koalitionsverhandlungen gehe es nicht um eine "Pokerpartie", sondern um das "Schicksal
der Menschen", präzisierte Cap, der unterstrich, dass es nun gelte, mit "Freude an der Gestaltung
und der Bereitschaft, für die Zukunft zu arbeiten", für Österreich und seine Menschen tätig
zu sein. Für Cap ist auch klar, dass die SPÖ den WählerInnen im Wort sei und dass es "nicht
sein kann, dass man zuerst in einen Wahlkampf geht und Dinge ankündigt und fordert, und dann die Vorbedingung
die ist, dass man auf alles verzichten muss, bevor man sich an den Verhandlungstisch setzt". Das sei den WählerInnen
gegenüber unredlich, ergänzte Cap. Genauso klar sei auch, dass es "sinnlos wäre, mit einer
Latte an Vorbedingungen in Koalitionsverhandlungen einzusteigen", zeigte sich Cap überzeugt.
Eurofighter - Verträge offen legen
"Wir brauchen die Eurofighter nicht, und wir brauchen auch keine Kampfflugzeuge", betonte der
gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap mit Blick auf die Einbindung in ein europäisches Kooperationskonzept zur
Luftraumüberwachung sowie auf das sich im Aufbau befindliche europäische Armee-Konzept. Die SPÖ
plädiere klar für eine Offenlegung des Eurofighter-Vertrags - denn solange man den Vertrag nicht kenne,
sei es unmöglich zu sagen, unter welchen Bedingungen und zu welchem Preis ein Ausstieg möglich ist, erteilte
Cap Spekulationen ohne Vorliegen von Fakten eine Absage. Für ihn sei es eine "erste vertrauensbildende
Maßnahme", wenn die ÖVP den Eurofighter-Vertrag offen lege - schließlich könne man auch
mit der Bevölkerung nicht so umspringen, dass Verträge nicht offengelegt werden, so Cap in der ORF-"Pressestunde".
Studiengebühren sind "soziale Barrieren"
Die SPÖ wolle die "unsozialen" Studiengebühren abschaffen, so Cap, der wörtlich
ergänzte: "Wir kämpfen wie Löwen gegen die Studiengebühren, weil sie eine soziale Barriere
sind". Selbst die scheidende Bildungsministerin Gehrer habe mittlerweile zugegeben, dass auch sie gegen eine
Einführung der Studiengebühren gewesen war - noch dazu seien die Studiengebühren in den ersten zwei
Jahren statt zu den Universitäten direkt ins Budget geflossen. Die Forderungen der SPÖ im Bildungsbereich
- wie: kleinere Klassenschüler-Höchstzahlen, mehr StützlehrerInnen für bessere Deutschkompetenz,
100.000 Ganztagsschulplätze, Vorschuljahr - seien neben der individuellen Entwicklung auch für die wirtschaftliche
Entwicklung des Landes von zentraler Bedeutung so Cap.
SV-Höchstbeitragsgrundlage - Kirche im Dorf lassen
Bezüglich der SPÖ-Forderung nach der Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung
erklärte Cap: "Da sollten wir schon die Kirche im Dorf lassen. Wir reden von 26 Euro maximal für
die Bestverdiener. Das muss uns doch unser wunderbares Gesundheitssystem wert sein."
Bei den Pensionen wünscht sich Cap, dass diese mit dem Pensionisten-Preisindex angehoben würden. Denn
Gesundheit, Wohnen, Heizen und die Güter des täglichen Bedarfs schlagen stärker im Pensionisten-Warenkorb
durch, als beim Verbraucher-Preisindex. "Über das werden wir natürlich reden müssen",
sagte Cap und erinnerte daran, dass die Pensionen sechs Mal unter der Inflationsrate aufgewertet wurden.
Zur Rücknahme der Gruppenbesteuerung meinte Cap, dass die SPÖ dies plane, betonte aber, dass dies erst
bei den Koalitionsgesprächen behandelt werden müsse. "Uns geht es um die soziale Ausgewogenheit,
die Stärkung der Massenkaufkraft, Wachstum und Beschäftigung", so Cap. "Die Gewinner der ÖVP-Steuerreform
waren die großen Unternehmen, nicht die kleinen und mittleren Unternehmen - das möchte ich schon festhalten",
erläuterte Cap und erneuerte den SPÖ-Vorschlag des Einhebens von "ehrlichen 25 Prozent Körperschaftssteuer".
"Die Armut zu bekämpfen ist ein vornehmes Ziel einer reichen Gesellschaft", sagte Cap auf die Frage
nach der bedarfsorientierten Grundsicherung. Dass aber die ÖVP als christliche Partei darauf nur mit Polemik
reagiere, sei für Cap nicht nachvollziehbar: "Das ist unchristlich." Bei einem Rückgang der
Arbeitslosigkeit von einem Drittel würden bereits 2,5 Mrd. Euro frei. "Damit wären alle Vorhaben
bei weitem abgedeckt."
Null-Defizit ist keine Religion für uns
Ziel einer SPÖ-Finanzpolitik sei der ausgeglichene Haushalt eines aktiven Staates, der seiner Rolle
gerecht wird. "Das Null-Definzit ist für uns keine Religion - es hat dann Sinn, wenn es wirtschaftlich
Sinn macht." "Aber wir wissen noch gar nicht, wie der Haushalt aussieht", forderte Cap als "vertrauensbildende
Maßnahme" einen Kassasturz ein.
Auf Nachfrage, welche Partei den Finanzminister stellen solle, verwies Cap darauf, dass es ein Einstimmigkeitsprinzip
im Ministerrat gebe. "Der Finanzminister kann nicht nach Lust und Laune Geld ausgeben!" Auch bei der
Frage der Privatisierung sei der Kurs gemeinsam zu finden. Des Weiteren habe in den letzten Jahren bereits eine
"Ausverkaufsorgie" stattgefunden, aufgrund derer es fast nichts mehr zu privatisieren gebe. Auf die Frage,
ob der Privatisierungskurs fortgesetzt werden solle, sagte Cap klar: "Nein!"
"Wir gehen in die Verhandlungen und haben für sämtliche Bereiche Vorstellungen und auch Namen und
werden zum Schluss darüber sprechen", will Cap sich nicht auf Minister-Ressorts und Personen festlegen.
Ausschlaggebend sollen Qualifikation und die besseren Ideen sein. Im Kulturbereich wünscht sich Cap jedenfalls
eine bessere Vertretung der Kulturschaffenden, als dies bisher der Fall war.
Alexander Zach vom Liberalen Forum hält Cap für eine Bereicherung. In der nächsten Woche werde es
Gespräche geben, in welcher Weise die Zusammenarbeit gestaltet werden soll. Cap selbst wolle keinen Ministerposten
anstreben. "Ich bin leidenschaftlicher Parlamentarier", so Cap, der abschließend seine Hoffung
zum Ausdruck brachte, Klubobmann bleiben zu können. |