Österreich hat gewählt  

erstellt am
05. 10. 06

Bundespräsident Fischer will Regierung bis Weihnachten
Fischer: Keine Sondierungsgespräche - Wahlergebnis "klar genug" für Auftrag zur Regierungsbildung Mitte nächster Woche - Für "stabile Regierung"
Wien (hofburg) - Bundespräsident Heinz Fischer wünscht sich eine Regierungsbildung bis Weihnachten. "Das wünsche ich mir, aber das hängt nicht von mir ab", sagte Fischer am 04.10. in einer Stellungnahme nach Gesprächen mit den Obleuten der fünf Parlamentsparteien. "Sondierungsgespräche" vor den Koalitionsverhandlungen lehnt Fischer ab: "Das würde zu viel Zeit brauchen." Das Wahlergebnis sei "klar genug", um Mitte nächster Woche einen Auftrag zur Regierungsbildung zu vergeben. In diesem Zusammenhang ließ Fischer durchblicken, dass der Auftrag zur Regierungsbildung gemäß den Usancen an den Chef der stärksten Partei (also an SP-Chef Alfred Gusenbauer, Anm.) gehen dürfte: "Ich werde nicht gegen das Wahlergebnis handeln", sagte der Bundespräsident in diesem Zusammenhang.

Was mögliche Koalitionsvarianten betrifft, betonte Fischer, "dass es für das Land gut ist, wenn man eine Regierung bildet, die stabil ist und die ein großes Reformprojekt oder mehrere Reformprojekte umsetzen kann". Angesprochen auf die Skepsis in weiten Kreisen der ÖVP gegen eine Große Koalition betonte Fischer, dass die Bevölkerung ein Recht auf "das Bemühen um die bestmögliche Regierungsbildung" habe.

Als "Recht auf eine Große Koalition" will Fischer dies freilich nicht verstanden wissen. Er betonte, dass in diesem Zusammenhang auch die Psychologie zwischen den Parteien eine wichtige Rolle spiele. Außerdem kündigte der Bundespräsident an, sich um eine gute Verhandlungs-Atmosphäre bemühen zu wollen.

Offen ließ Fischer, ob er auch eine schwarz-blau-orange Koalition angeloben würde: "So weit sind wir noch lange nicht." Sollte bei der Regierungsbildung wirklich ein "Umweg" nötig sein, "dann ist das eine Sorge, die wir uns für später aufheben", so der Bundespräsident.

Fischer ist am 03. und 04.10. mit den Chefs der Parlamentsparteien zusammengetroffen. Am Montag und Dienstag kommender Woche bespricht er sich noch mit dem Nationalratspräsidium und den Sozialpartnern. Den Auftrag zur Regierungsbildung will Fischer Mitte nächster Woche vergeben. (Quelle: APA)
     
Gusenbauer will rasch stabile Regierung
Wahlkampf ist vorbei - politische Änderungen von der Bevölkerung gewünscht
Wien (sk) - "Der Wahlkampf ist vorbei, das sollten alle zur Kenntnis nehmen", betonte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am 04.10. in einer Pressekonferenz nach dem SPÖ-Präsidium. Das Wahlergebnis spiegle den Wunsch der österreichischen Bevölkerung nach Änderungen in der Politik wider. "Die SPÖ ist an 1. Stelle gewählt worden, das sollten langsam alle akzeptieren", sagte der SPÖ-Chef. Daher müsse man begreifen, dass Änderungen hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, zu mehr Fairness und zu mehr Chancen gewünscht sind. Wenn das Wahlergebnis so bleibe, wie es ist, dann rechnet Gusenbauer damit, dass nächste Woche der Auftrag zur Regierungsbildung von Bundespräsident Fischer erteilt wird. Die SPÖ gehe jedenfalls mit großer Freude und Optimismus in die Verhandlungen.

Er sprach sich dafür aus, dass es rasch zu Verhandlungen komme, und dass eine möglichst stabile Regierung gebildet wird. "Eine Koalition aus zwei Parteien ist sicher stabiler als eine Koalition aus drei Parteien. Darum werden wir uns bemühen, mit der ÖVP zu einer Einigung zu kommen", so Gusenbauer. Es sollten aber alle das Wahlergebnis akzeptieren und nicht so zu tun, als ob sich der Wähler geirrt hätte. "Denn der Wähler irrt nie", unterstrich der SPÖ-Chef. Ein Regierungsprogramm sei immer ein Kompromiss. Daher dürfe niemand glauben, dass es so weiter geht wie bisher - "das ist eine Illusion". Es sollen sich die Hoffnungen und Bedürfnisse der Bevölkerung im Regierungsprogramm niederschlagen, sagte Gusenbauer. Ab nächster Woche solle man daher konsequent, sachlich und vernünftig an der Bildung einer neuen Bundesregierung arbeiten.

Prammer als I. NR-Präsidentin vorschlagen
Die SPÖ wolle mit allen Parlamentsparteien ein offenes Gesprächsklima schaffen, kündigte Gusenbauer an. Am 30. Oktober, bei der konstituierenden Nationalratssitzung werde die SPÖ die bisherige II. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer für das Amt der Nationalpräsidentin vorschlagen. "Das ist eine historische Chance. Es wäre das erste Mal in der Geschichte des Parlamentarismus, dass eine Frau I. Nationalratspräsidentin wird", so Gusenbauer. Für den SPÖ-Chef wäre die Wahl Prammers ein ganz wichtiger Schritt zur Erneuerung.

SPÖ für mehr Minderheitenrechte im Parlament
Die SPÖ trete weiterhin für mehr Minderheitenrechte im Parlament ein. "Ich halte mein Wort", sagte Gusenbauer dazu. Die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht habe jedoch mit den Regierungsverhandlungen nichts zu tun, da dies eine rein parlamentarische Angelegenheit sei. Der Liberale Alexander Zach werde sein Mandat wie Renate Csörgits, Christoph Matznetter, Caspar Einem, Wilhelm Haberzettl, Josef Broukal und Sabine Oberhauser über die Bundesliste erhalten. Dass Josef Muchitsch ein Mandat in der Steiermark erkämpfen konnte, freute Gusenbauer sehr. Doch es bleibt die klare Grundlinie, dass er sich zwischen dem Mandat und dem Vorsitz einer Einzelgewerkschaft entscheiden müsse.

Zur Grundsicherung merkte Gusenbauer an, dass es darum gehe, die Armut in Österreich zu beseitigen. Dies sei sehr stark erwerbsorientiert aufgebaut, es müsse aber auch verhindert werden, dass immer mehr Menschen in die Armutsfalle tappen. Auf die Grundsicherung soll es einen Rechtsanspruch geben und sie sei eine moderne Grundlage dafür, in einer globalisierten Welt Armut zu vermeiden.

 

Lopatka: SPÖ hat US-israelischen "Schmutzkübel-Wahlkampf" gekauft
Hat Gusenbauer davon gewusst oder hat er gar persönlich den Auftrag gegeben?
Wien (övp-pk) - Über die Aussagen von Ron Asulin, einem der Wahlkampfstrategen von SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer (APA 540 vom 3.10.2006), dass seit einem Jahr ein "amerikanisch-israelisches Team" in Österreich gearbeitet habe, um "genügend Schmutz" zu suchen, "mit dem wir Bundeskanzler Schüssel bewerfen konnten", zeigte sich ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka am 04.10. entsetzt. "Gusenbauer soll die Frage beantworten, ob er davon gewusst hat oder gar persönlich den Auftrag zu diesem beispiellosen US-israelischen `Schmutzkübel-Wahlkampf` gegeben hat?", fragte der ÖVP-Generalsekretär.

Zu klären sei auch die Rolle von Shimon Shewes, einem Mitglied dieses Gusenbauer-Teams, der laut "manager-magazin.de" vom 25. April 2002 "bereits 1999 wegen Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch in Jerusalem angeklagt worden ist. Er soll im Zusammenhang mit geplanten Geschäften mit einer taiwanesischen Firma Schmiergelder in Millionenhöhe kassiert haben".
Die Fakten liegen auf dem Tisch: "Die SPÖ hat mit teurem Geld einen schmutzigen Wahlkampf-Stil nach Österreich getragen, der abzulehnen ist und aufgrund der heutigen Medienberichterstattung zu Recht eine große Empörung bei den ÖVP-Sympathisanten ausgelöst hat. Wer Fairness so definiert, hat ein großes Vertrauensproblem", schloss Lopatka.

 

 Strache: Keine Koalition mit dem BZÖ!
Wien (fpd) - Es werde keine Koalition oder koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit dem BZÖ geben! Entgegen anders interpretierten Aussagen müsse zudem festgehalten werden, daß die FPÖ für keinerlei Planspielchen mit dem orangen ÖVP-Anhängsel zu Verfügung stehe. Dies stellte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache am 04.10. fest.

Strache betonte in diesem Zusammenhang einmal mehr, daß die FPÖ selbstverständlich für politische Gespräche offenstehe. Dies könne jedoch nicht bedeuten, daß wir mit Personen, die versucht haben die FPÖ von der politischen Landkarte zu streichen, in Koalitionsverhandlungen eintreten, so der FPÖ-Obmann abschließend.

 

 Van der Bellen: Grüne schließen Regierungszusammenarbeit mit Strache oder Westenthaler aus
Wien (grüne) - Bundessprecher Alexander Van der Bellen ist am Nachmittag des 04.10. zu einem Gespräch mit Bundespräsident Heinz Fischer zusammengetroffen. Über die Inhalte der knapp 40-minütigen Unterredung wollte sich Van der Bellen im Anschluss nicht näher äußern, es sei aber natürlich um das Ergebnis der Nationalratswahl und um die Regierungsbildung gegangen. Dass sich nach Auszählung der Wahlkarten noch eine rot-grüne Mehrheit ausgehen könnte, bezeichnete Van der Bellen als unwahrscheinlich.

Van der Bellen resümierte im Anschluss an das Treffen mit Fischer, dass eine Große Koalition das kleinste Übel sei, denn: "Ich hoffe, dass niemand auf die Idee kommt, mit Strache und seiner Truppe eine Koalition einzugehen." Eine Regierungsbeteiligung der Grünen sei angesichts des Wahlergebnisses "nicht vorstellbar".

Skeptisch ist Van der Bellen auch, was die Unterstützung einer möglichen roten oder schwarzen Minderheitsregierung durch die Grünen angeht, da dazu noch die Stimmen von Blau oder Orange nötig wären: "Mit wem? Mit Haider, Westenthaler, Strache? Nein", schloss Van der Bellen eine derartige Zusammenarbeit aus. Schließlich kenne Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider den Rechtsstaat "nur als Fremdwort", BZÖ-Chef Peter Westenthaler wolle 300.000 Ausländer abschieben, kritisierte Van der Bellen.

 

 Westenthaler: BZÖ gegen arbeitsloses Grundeinkommen!
Arbeitsunwilligkeit darf nicht belohnt werden
Wien (bzö) - Gegen die Forderung von SPÖ-Chef Gusenbauer nach einem arbeitslosen Grundeinkommen für alle spricht sich BZÖ-Bündnisobmann Peter Westenthaler aus. "Unfinanzierbare Utopien wie ein leistungsunabhängiges Grundeinkommen entsprechen typisch dem SPÖ Gießkannenprinzip einer leistungsfeindlichen Versorgungsgesellschaft. Wir vom BZÖ sind für ein gesichertes soziales Netz, aber strikt gegen eine allzu bequeme soziale Hängematte", so Westenthaler.

Es gebe in Österreich niemanden der nicht Anspruch auf Sozialleistungen der öffentlichen Hand hat. Das BZÖ steht für eine Grundsicherung von Menschen, die diese wirklich brauchen - beispielsweise Pensionisten oder pflegebedürftige Personen. "Wie will die SPÖ die Arbeitslosigkeit halbieren, wenn sie Arbeitslosen ein Gehalt zahlt, dass für Arbeitsunwillige eine Belohnung darstellt? Ein Rückfall in die alte Schuldenpolitik der SPÖ ist strikt abzulehnen", betont Westenthaler. Eine Grundsicherung sei überdies nur über eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe in Bundeskompetenz möglich und ob sich Gusenbauer hier gegen seine roten Landeshauptmänner durchsetzen könne, sei mehr als fraglich, so Westenthaler abschließend.
 
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