Wien (oenb) - „Die bevorstehende Erweiterung der Europäischen Union um Bulgarien
und Rumänien hat historische Bedeutung“, sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Dr. Klaus
Liebscher, im Rahmen des Holland Business Treff in Wien am 03.10.
„Gerade wir in Österreich sind besonders erfreut über die fortschreitende Integration Südosteuropas
in europäische Strukturen, unterhalten wir doch enge Wirtschaftsbeziehungen mit vielen Staaten in dieser Region.
So beträgt der Marktanteil österreichischer Kreditinstitute an den Gesamtaktiva der jeweiligen Bankensektoren
in Bulgarien 30% und in Rumänien 40%. Darüber hinaus wurden einige der größten Direktinvestitionsprojekte
der österreichischen Wirtschaftsgeschichte in diesen Ländern abgewickelt. Der EU-Beitritt in wenigen
Wochen sollte diesem Prozess zusätzliche Dynamik verleihen. Gleichzeitig wäre es aber wichtig, dass der
Reformeifer dieser Länder nicht nachlässt“, so Gouverneur Liebscher weiter.
In der Vergangenheit haben kleine und offene Volkswirtschaften wie Österreich oder die Niederlande in besonderem
Ausmaß von der Erweiterung profitiert. Manche österreichische Bank erwirtschaftet bereits die Hälfte
ihres jährlichen Konzernergebnisses in Osteuropa. Sowohl Österreich als auch die Niederlande haben sich
erfolgreich den Herausforderungen der europäischen Integration gestellt. So haben diese beiden Länder
durch entschlossene, strukturpolitische Maßnahmen nicht nur die Dynamik der eigenen Wirtschaft gestärkt,
sondern auch dazu beigetragen, die Attraktivität ihres jeweiligen Unternehmensstandorts zu stärken.
Umso betrüblicher sei es, dass die europäische Integration als historisches Friedensprojekt gerade in
diesen beiden Ländern in letzter Zeit an Anziehungskraft verloren zu haben scheint. Liebscher verwies dabei
auf das Nein der Niederländer zur Europäischen Verfassungsreform sowie auf die laut aktuellen Umfragen
relativ europakritische Haltung der Österreicher. Die politischen Entscheidungsträger in beiden Ländern
sowie auf europäischer Ebene seien strategisch gefordert, die Erfolge dieses jahrzehntelangen Integrationsweges
adäquat zu kommunizieren und die Bürgernähe der europäischen Institutionen zu vergrößern.
Enttäuscht zeigte sich Liebscher hingegen darüber, dass in den größten Volkswirtschaften Zentraleuropas
der Reformeifer deutlich nachgelassen habe. Die wiederholte Verschiebung der anvisierten Euro-Beitrittstermine
stünden im Widerspruch zu der eingegangenen Verpflichtung, die Einführung des Euro aktiv und entschlossen
voranzutreiben. |