Österreich hat gewählt / "Kassasturz" und "Schuldenpolitik"  

erstellt am
13. 10. 06

Finanzminister Grasser warnt vor "Schuldenpolitik"
Wien (öj) - Finanzminister Karl-Heinz Grasser lud am 12.10. zu einer Pressekonferenz in sein Ministerium und präsentierte dort gemeinsam mit Staatssekretär Alfred Finz eine Bilanz "2000-2006", die, wie er feststellte, eine gute sei. Einen Tag vor den beginnenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP, denen er angehören wird, warnte er vor einer "Rückkehr zur Schuldenpolitik der 70er und 80er Jahre". In Richtung SPÖ stellte er fest, daß es keinen Spielraum gebe, um "das Füllhorn über Österreich auszuschütten."

Wenn er, Grasser (entgegen früheren Aussagen) doch als Minister in einer großen Koalition für die Staatsfinanzen verantwortlich sein, sollte es eine große Staatsreform geben. Wenn neue Ausgaben vorgeschlagen würde, hätte er prinzipiell kein Problem damit. Es müßte auch Vorschläge zu deren Finanzierung geben.

 

Matznetter: Es wird Zeit für ernsthaften Kassensturz
Mit SPÖ gibt es keine neuen Schulden
Wien (sk) - "Wir haben Verständnis dafür, dass sich Karl-Heinz Grasser eine geschönte Abgangsbilanz zusammenbastelt. Er will mit einem guten Dienstzeugnis die Politik verlassen", sagte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter am 12.10. anlässlich einer Pressekonferenz von Finanzminister Grasser. "Allerdings gehen wir davon aus, dass die heute von Grasser präsentierten Zahlen geschönt sind. Es wird daher Zeit für einen ernsthaften Kassensturz", so Matznetter.

"Uns fehlt detaillierte Angaben zum Budget. Die Angaben sind noch karger als die Minimalangaben aus dem Dezember 2002", kritisierte der SPÖ-Budgetsprecher. In den Verhandlungen mit der ÖVP werde die SPÖ die tatsächlichen Zahlen einfordern, denn nur ein realistischer Kassensturz könne die Basis für ernsthafte und seriöse Verhandlungen sein.

Es werde notwendig sein, innerhalb relativ kurzer Zeit eine einvernehmliche Sicht der Budgetentwicklung bis 2010 zu erarbeiten, sagte Matznetter. Wobei die von der abgewählten Bundesregierung gesetzten Maßnahmen der vergangenen Jahre in ihren budgetären Auswirkungen gesondert dargestellt werden müssen. Das sei die Voraussetzung dafür, dass alle Maßnahmen - die von der ÖVP gewünschten künftig beizubehaltenden sowie die von der SPÖ vorgeschlagenen - an den übergeordneten Zielsetzungen zu messen sind. Matznetter zählt zu diesen Zielsetzungen die Senkung der Arbeitslosigkeit, die Steigerung des Wirtschaftswachstums, die Verbesserung des Investitionsklimas und der Bildungssituation, aber auch die Stärkung der nachhaltigen Wettbewerbssituation der österreichischen Wirtschaft.

Schüssel und Grasser seien auch für ihre Schuldenpolitik abgewählt worden. "Sie haben in sechs Jahren mehr Schulden gemacht als Bruno Kreisky in 13 Jahren. Das von Grasser verursachte Defizit liegt heuer höher als bei seinem Amtsantritt im Jahr 2000, und das trotz eines Wachstums von etwa drei Prozent. "Für die SPÖ gilt in den Verhandlungen mit der ÖVP folgender Grundsatz. Wir bekennen uns zu stabilen Staatsfinanzen. Mit der SPÖ wird es keine Projekte geben, die nicht vollständig finanziert sind. Und das bedeutet nichts anderes als dass es mit der SPÖ keine neuen Schulden geben", schloss Matznetter.

 

 Kogler: Nüchterner Kassasturz statt Tricksen und Verdrehen
Grüne: ÖVP wie SPÖ haben beide Steuergeschenke ohne Gegenfinanzierung versprochen
Wien (grüne) - "Nachdem sich Noch-Finanzminister Grasser jahrelang als notorischer Trickser und Verdreher profiliert hat, sind berechtigte Zweifel angebracht, ob seine Budgetprognosen der wahren Entwicklung entsprechen", kritisiert Werner Kogler, Budgetsprecher der Grünen. Aus Koglers Sicht ist ein nüchterner Kassasturz unumgänglich. In der Folge müssen verschiedene Budgetszenarien in Abhängigkeit der Wirtschaftsentwicklung durchkalkuliert und budgetäre Problemzonen respektive Spielräume ausgelotet werden.

"Wenn der Noch-Finanzminister vor roten Wunschlisten warnt, muss daran erinnert werden, dass es er und die ÖVP waren, die im Wahlkampf Steuergeschenke ohne Gegenfinanzierung versprochen haben. Es wurden ungedeckte Schecks zugunsten der üblichen ÖVP-Klientel öffentlichkeitswirksam inseriert", so Kogler.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück