Symposion im Salzburger Barockmuseum am 14. Oktober zum Thema "Mozart in der populären
Rezeption"
Salzburg (lk) - Bei einem ganztägigen Symposion im Salzburger Barockmuseum setzen sich am Samstag,
14. Oktober, ab 9.00 Uhr, Kultur- und Musikwissenschafter mit dem Phänomen Mozart und seinem Wert als Markt-
und Kulturfaktor in interdisziplinärer Weise auseinander. Die populäre Mozart-Rezeption, die von der
Volksmusik bis zur Popmusik reicht, die aber auch bis zur Mozart-Rezeption zu Lebzeiten des Komponisten zurückführt
oder sich mit den Rollen von Constanze oder Nannerl Mozart auseinandersetzt, ist das Thema von Vorträgen,
Präsentationen und Projektberichten von ausgesuchten internationalen Experten.
Zwei AHS-Projekte als Abendprogramm des Symposions (19.00 bis 20.00 Uhr) stellen wiederum angewandte Rezeptionsvergleiche
an. Zum Abschluss gibt es ab 20.30 Uhr ein Konzert und Lesungen. Die Tagung wird vom Salzburger Landesinstitut
für Volkskunde in Kooperation mit der Abteilung für Musikwissenschaft der Universität Mozarteum
durchgeführt und von Mozart 2006 Salzburg unterstützt. Federführend sind Dr. Ulrike Kammerhofer-Aggermann
und Univ.-Prof. Dr. Thomas Hochradner. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
Mozart prägte das identifikatorische Selbstverständnis verschiedener Gesellschaftsgruppen und Zeiten.
Mozart wurde für kulturelle, touristische, wirtschaftliche und kulturpolitische Zwecke immer wieder neu rezipiert,
stilisiert und instrumentalisiert. Diese Tagung bietet eine wissenschaftlich erarbeitete, vergnügliche Suche
nach dem Kulturfaktor "Mozart".
Schon wieder Mozart?
Historische Personen und künstlerische Werke stehen vielfach im Blickpunkt wissenschaftlicher Untersuchungen.
Dagegen stellt diese Tagung die Verankerung des Begriffes "Mozart" im Alltagsbewusstsein verschiedener
Zeiten und Gesellschaftsgruppen dar. In interdisziplinärer Verbindung von Kulturpsychologie, vergleichender
Kulturwissenschaft mit Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Literatur- sowie Musikwissenschaft wird "Mozart"
als sozialisierter Kulturfaktor ausgewiesen.
"Mozart" – wie auch immer soziokulturell konstruiert – prägte das identifikatorische Selbstverständnis
verschiedener Gesellschaftsgruppen und Zeiten. "Mozart" wurde für touristische, wirtschaftliche
ebenso wie für kulturpolitische Zwecke instrumentalisiert, wie Dr. Ulrike Kammerhofer-Aggermann darstellt:
"‚Branding Mozart‘ – Populäre Mozart-Rezeptionen in Salzburg". Ass.-Prof. Dr. Alexander Keul führt
über ein empirisches Feldforschungsprojekt der Studierenden der Psychologie – "Kennen Sie Mozart?"
– in gegenwärtige populäre Mozart-Images. Dass Mozart-Rezeptionen nicht nur Kultur-, sondern auch bedeutende
Wirtschaftsfaktoren sind und waren, zeigt der Historiker Alfred Höck. Wolfgang Amadeus, seine Schwester Maria
Anna und seine Frau Constanze wurden/werden zwischen frühester Mozartgemeinde und gegenwärtiger Jugendkultur
immer wieder neu rezipiert, stilisiert und instrumentalisiert. Auch das "liebe Weibchen" (die Germanistin
Mag. Melanie Lanterdinger gibt Einblick in "Rollenbilder und Rezeptionen der Constanze Mozart") und die
Schwester "Nannerl Mozart" (Cornelia Maier und Dr. Ulrike Kammerhofer-Aggermann: "Alltagsleben und
Rollenbilder im Dienste der Mozarts") wurden in erster Linie in Hinblick auf "das Genie" rezipiert
und entsprechend verzeichnet. Dazu kommen die Rezeptionen der Musik Mozarts von der Lebenszeit des Künstlers
an bis in die heutige Popularkultur.
Rezeptionsgeschichtliche Annäherungen in der Musik
Vier Vorträge nähern sich dem Themenkreis "Musik" rezeptionsgeschichtlich an. Sie ranken sich
um den festgeschriebenen Kanon mozartscher Werke und beleuchten diesen aus unterschiedlichen Perspektiven. Univ.-Prof.
Dr. Gernot Gruber nimmt die vielfach vernachlässigte Mozartrezeption zu Lebzeiten des Komponisten unter die
Lupe. Univ.-Prof. Dr. Joachim Brügge untersucht jene Tendenzen, nach welchen in der Wiener Klassik Prozesse
der Übernahme aus anderen Werken – auch anderer Komponisten – geschahen. Univ.-Prof. Dr. Rainer Gstrein (Univ.-Prof.
Dr. Th. Hochradner wird über die Arbeit des im August 2006 Verstorbenen berichten) setzte sich mit der Mozartrezeption
in der Salonkultur des 19. Jahrhunderts auseinander, deren Bestreben nicht die authentische Wiedergabe, sondern
die zweckmäßige Einrichtung für den musikalischen Gebrauch war. Univ.-Prof. Dr. Thomas Hochradner
schließlich greift den Bezug zur Volksmusik auf, der in diversen Stellungnahmen ebenso unterstrichen wie
geleugnet wurde.
Im Hintergrund stehen übergreifende Fragen: Gibt es Erklärungen für die Diskrepanz des zeitgenössischen
und des späteren Publikumsgeschmacks? Können "Erfolgsmodelle" ein Nachleben garantieren? Sind
Veränderungen der Werkgestalt wirklich eine "Sünde"? Wo können Kriterien der "Popularität"
angesetzt werden?
Populäre Mozartrezeption im Vergleich – das AHS-Projekt
Die 2m-Klasse des Musik- und Sport-RGs Akademiestraße/Salzburg (Mag. Fritz Höfer) beschäftigte
sich im Schuljahr 2005/06 mit verschiedenen Zugängen und Bildern zum Phänomen Mozart. Ergebnisse sind
eine Radiosendung (betreut durch die "Radiofabrik Salzburg") und ein Film (beide von den Schüler/innen
selbst gestaltet), deren Uraufführung am 14. Oktober stattfindet. Inhaltlich spannt sich der Bogen von einer
Straßenbefragung bis hin zur Beschäftigung mit den Mozartbriefen, dem Mozartmusical, dem Forman-Film
"Amadeus" und vielen anderen Mozartquellen und -rezeptionen. Dazu kommen verschiedene Workshops mit externen
Referent/innen.
Ein Abendprogramm mit Augenzwinkern
Im Abendprogramm präsentieren die Schüler/innen ihren Film und weitere Produktionen – sie singen,
musizieren und erklären die Entstehung dieser von ihnen erarbeiten/komponierten/ choreografierten Stücke.
Schüler/innen des BG Nonntal (Mag. Christa Musger) waren in "Search for Nannerl – in Search of Nannerl"
und verglichen damalige und heutige Lebensbedingungen einer Schwester eines Prominenten. Die Arbeiten werden ausgestellt.
Musik von "Wolfgang bis Amadeus" (ausgewählt, interpretiert bzw. teils auch nach vor bzw. zurück
komponiert von Mag. Peter Kollowrat und Ensemble) und "Texte von und über W. A. Mozart" (Augustin
Kloiber) ergänzen die wissenschaftlichen Ausführungen der Vorträge abends in heiterster Weise. |