RZB sieht neues Zollabkommen als große Chance für Südosteuropa  

erstellt am
23. 10. 06

Wien (rzb) - Anlässlich einer Konferenz zum Schwerpunkt Südosteuropa (SEE) präsentierte Raiffeisen Research, der Bereich Volkswirtschaftsanalyse des RZB-Konzerns, eine Studie zu dieser Region. Danach erwartet Raiffeisen Research heuer ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in SEE von rund sechs Prozent, womit diese Region einer der Motoren des europäischen Wachstums bleibt. Der EU-Beitritt von Bulgarien und Rumänien und die Modifikation des Central European Free Trade Agreement (CEFTA) werden diesen Trend noch verlängern. Der RZB-Konzern ist in dieser Region durch ihre Tochtergesellschaft Raiffeisen International Bank-Holding AG mit sieben Banken präsent. Mit einer Bilanzsumme von 14,0 Milliarden Euro, rund 600 Filialen und rund 12.100 Beschäftigten (alle Zahlen per 30. Juni 2006) zählt die Raiffeisen International zu den führenden Banken der Region.

Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner für SEE. 2005 erreichte der Warenverkehr zwischen der EU und SEE 79 Milliarden Euro – eine Steigerung um 53 Prozent seit 2001. Die EU ermöglicht seit 2001 dem westlichen Balkan einen begünstigten Zugang, wodurch die Exporte in die EU um 38 Prozent gestiegen sind. Bilaterale Freihandelsabkommen bewirkten einen starken Wachstumsschub im Handel der südosteuropäischen Länder untereinander. Der Wahrenverkehr innerhalb von SEE stieg von 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2002 auf über 3,5 Milliarden Euro 2004. So steigerte etwa Kroatien den Handel mit seinen Nachbarn um 27 Prozent und Bosnien und Herzegowina sogar um 63 Prozent. Die Ausweitung und Modernisierung von CEFTA wird auf diesen viel versprechenden Ergebnissen aufbauen. Das Abkommen zielt auf eine Konsolidierung der bilateralen Handelsgenehmigungen ab, die derzeit in 31 verschiedenen zwischenstaatlichen Freihandelsabkommen enthalten sind. Diese haben bereits bisher eine Liberalisierung von mehr als 90 Prozent des Handels in der Region bewirkt, darunter fast alle industriellen Produkte.

Das derzeit geringe Handelsvolumen zwischen den SEE-Ländern hat seinen Grund in der Unterbrechung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im letzten Jahrzehnt. Weiters haben viele ungelöste politische Problembereiche und der Wiederaufbau der individuellen nationalen Ökonomien eine Wiederbelebung des regionalen Handels verhindert. Mitglieder bei CEFTA sind derzeit Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Mazedonien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Albanien, Bosnien and Herzegowina, Serbien, Montenegro, Kosovo und Moldau dem Abkommen beitreten werden. Bulgarien und Rumänien werden nach ihrem EU-Beitritt 2007 aus dem CEFTA austreten müssen. Bis dahin wird „CEFTA neu“ eine Region mit über 55 Millionen Menschen oder rund 12 Prozent der EU-Bevölkerung umfassen. Das BIP der „CEFTA neu“-Mitglieder wird 200 Milliarden Euro oder 1,8 Prozent des BIP der EU betragen.

Ausländische Direktinvestitionen ganz oben auf der Prioritätenliste
Starke wirtschaftliche Aktivitäten verursachen auch Wachstumsdruck auf den Import und das nicht nur wegen des gestiegenen Privatkonsums, sondern auch wegen des starken Investitionszyklus in SEE. Trotz der verstärkten Bemühungen, die Exporte gerade Richtung EU signifikant zu steigern, weisen die meisten dieser Länder ein hohes Außenhandelsdefizit auf. Ungünstige Entwicklungen im internationalen Güterverkehr haben sich zudem signifikant negativ auf das Leistungsbilanzdefizit ausgewirkt. Der beste Weg, so ein Defizit zu verringern, ist der über ausländische Direktinvestitionen (foreign direct investment, FDI), das ist der Zufluss von nicht spekulativem langfristig gebundenem Kapital. Für die neuen EU-Mitglieder haben FDI nachweislich positive Auswirkungen auf Exporte, Produktions- und Jobwachstum sowie mikroökonomische Effizienzsteigerungen. Über die letzten Jahre erfolgte ein Zufluss an FDI insbesondere nach Rumänien und Bulgarien. Das Interesse ausländischer Investoren stieg wegen der Perspektiven der EU für die Region, niedrigerer Durchschnittslöhne als in den neuen EU-Ländern, der Nähe zum Markt der EU, dem robusten Wirtschaftswachstum und anhaltender Reformen. Der Prozess der Privatisierung in SEE trug positiv zu gestiegenen FDIs bei. Privatisierungserlöse sollen in den kommenden Jahren hoch bleiben, da noch ein beträchtlicher Anteil der Unternehmen in SEE in staatlicher Hand ist. Liberalisierungen im Telekommunikations-, Transport- und Versorgungsbereich sowie bei Finanzinstitutionen könnten auch in den kommenden Jahren zu einem weitern Zustrom an Ausländischem Kapital sorgen. Die meisten Länder der Region haben den Wert der Direktinvestitionen erkannt und gehen den Weg einer aktiven Bewerbung von FDIs mit verschiedenen Anreizmodellen.

Der Anteil der FDIs ist aber immer noch signifikant niedriger als in Zentraleuropa. Er beträt rund 1.000 Euro je Einwohner, im Vergleich zu 2.900 Euro in Zentraleuropa. Folglich konzentrieren die Länder in SEE ihre Bemühungen auf die Generierung von FDIs, um die Beschäftigung zu steigern, die Infrastruktur zu verbessern und die Armut abzubauen und gehen innovative Wege. So hat etwa die serbische Regierung am 30. Juni 2006 eine „Verordnung zur Anziehung von Direktinvestitionen“ erlassen, die finanzielle Anreize für neu geschaffene Arbeitsplätze enthält. Montenegro hat im Juli 2006 eine FDI-Initiative gestartet. Albanien wiederum versucht Investoren mit der Strategie „Albanien um einen Euro“ anzusprechen. Grundvoraussetzungen, bevor Direktinvestitionen ins Land fließen, sind politische Stabilität, entsprechendes Bildungsniveau und Verbesserung der Infrastruktur. Die ersten Schritte wurden bereits getan, und mit ein paar konzertierten Aktionen könnte es in Südosteuropa diesbezüglich noch Überraschungen geben.

Viel versprechende Aktienmärkte
Zum wiederholten Mal haben sich die Aktienmärkte in SEE in den ersten neun Monaten sehr gut entwickelt. Die Bukarester Börse hat 2006 bisher gute Performance bewiesen, der Euro-basierte BET Index stieg seit Jahresanfang um 23,6 Prozent. Die Marktkapitalisierung stieg seit Jahresanfang um 24,2 Prozent, dies vor allem durch steigende Aktienkurse in allen Bereichen aber auch durch neue Marktteilnehmer, hier vor allem Transelectrica. Der Euro-basierte BET-FI (fünf lokale Investmentfonds) zeigte 2005 ein eindrucksvolles Wachstum von 191,1 Prozent. Im heurigen Jahr konnte er jedoch nur ein 7,8 Prozent verzeichnen, was auf Unsicherheiten aufgrund wechselnder Gesetze zurückzuführen war.

Der kroatische Aktienmarkt zeigt ein Wachstum von 47 Prozent in den ersten drei Quartalen – verursacht vor allem durch die Pliva Übernahme. Die Indices in Serbien und Bulgarien haben sich stark entwickelt und im dritten Quartal Rekordniveaus erreicht. Und letztlich hat auch in Bosnien und Herzegowina der Optimismus auf den lokalen Börsen überwogen.
 
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