Wie Ionenkanäle miteinander reden  

erstellt am
27. 10. 06

Wissenschaftler finden biochemische Antwort auf seit langem ungeklärte Frage
Innsbruck (universität) - Forscher der Medizinischen Universität Innsbruck haben gemeinsam mit deutschen Kollegen von der Universität Freiburg eine lange kontrovers diskutierte Frage über die Verbindung von zwei Ionenkanälen in der Plasmamembran von Nervenzellen aufgeklärt. Das Wissenschaftsmagazin SCIENCE berichtet in der aktuellen Ausgabe darüber.

In Zellmembranen aller Zellen befinden sich als 'Ionenkanäle' bezeichnete Proteine, die es Ionen ermöglichen, Membranen zu durchqueren. Auf diese Weise werden viele physiologische Prozesse gesteuert, wie etwa die Muskelkontraktion, die Erregungsbildung und -ausbreitung oder die Aktivität von Hormonen und Enzymen. In Nervenzellen ist der kalziumaktivierte Kaliumkanal (BKCa-Kanal) besonders bedeutsam. Er besitzt eine große Einzelkanalleitfähigkeit und schützt quasi als Notbremse Neuronen vor einem zu starken Anstieg der zellulären Kalziumkonzentration. Dieser Kaliumkanal ist auch für die schnelle Repolarisation von Aktionspotentialen und damit für die stimulusvermittelte Freisetzung von Hormonen und Neurotransmittern mitverantwortlich. Für seine Aktivierung ist jedoch eine relativ hohe Konzentration von Kalziumionen notwendig. Hohe Kalziumkonzentrationen sind nur in räumlich und zeitlich genau umschriebenen Bereichen möglich, da andernfalls die Zelle geschädigt würde. Wissenschaftler haben bisher vermutet, dass eine enge Verbindung des BKCa-Kanals mit spannungsabhängigen Kalziumkanälen dafür verantwortlich ist, wobei die Kalziumkanalöffnung den benötigten lokalen Anstieg der freien Kalziumionen bedingt und damit den BKCa-Kanal aktiviert. Einen direkten experimentellen Beweis dafür gab es bislang allerdings nicht.Kooperation der Partneruniversitäten Freiburg und Innsbruck

Die Biochemikerin Claudia Sailer aus Innsbruck und die Elektrophysiologin Henrike Berkefeld aus Freiburg konnten nun gemeinsam zeigen, dass diese Interaktion durch direkte bi-molekulare Koppelung des Kalzium- und Kaliumkanals zustande kommt. Dieses überraschende Ergebnis beantwortet die seit langem kontrovers diskutierte Frage, wie BKCa-Kanäle durch hohe Kalziumionen-Konzentrationen aktiviert werden, ohne dass dadurch andere von Kalziumionen abhängige Prozesse in Neuronen beeinflusst werden. Das Ergebnis erklärt auch die durch BKCa-Kanäle vermittelte, schnelle Änderung des Membranpotentials von Nervenzellen. "Nur die zielgerichtete Kombination unterschiedlicher Methoden ermöglichte die Aufklärung dieser spezifischen Protein-Protein Wechselwirkung", betont Claudia Sailer. "Während Immunoaffinitätsreinigung und massenspektrometrische Sequenzanalyse die direkte Interaktion der einzelnen Ionenkanalpartner zeigen konnte, waren die elektrophysiologische Experimente meiner Freiburger Kollegin unabdingbar, um auch die funktionell direkte Ionenkanalkopplung beweisen zu können", so Sailer weiter.Erfolgreiche Nachwuchswissenschaftlerinnen

Claudia Sailer studierte in Innsbruck Mikrobiologie. Nach Diplomarbeit und Dissertation bei Prof. Hans-Günther Knaus promovierte sie im Mai 2004. Während der Dissertation absolvierte sie jeweils mehrmonatige Forschungsaufenthalte an der Universität Tübingen und der Oregon Health Science University in Portland (USA). Im Anschluss war sie Postdoc am Institut für Biochemische Pharmakologie und absolvierte dann einen 14-monatigen Forschungsaufenthalt als Postdoc bei Prof. Bernd Fakler am Institut für Physiologie II der Universität Freiburg im Breisgau. Dieses Institut verbindet eine enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Sektion für Molekulare und Zelluläre Pharmakologie der Medizinischen Universität Innsbruck und dem von Uwe Schulte, Hans-Günther Knaus und Bernd Fakler gegründeten Unternehmens Logopharm. Seit ihrer Rückkehr nach Innsbruck im Mai 2006 ist Claudia Sailer Universitätsassistentin an der von Prof. Michaela Kress geleiteten Sektion für Physiologie.
 
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