Brüsseler Alkohol-Strategie: Maric: „Kein Anlass zur Entwarnung für Werbewirtschaft
“ – Totalverbot der Alkoholwerbung offenbar weiter langfristiges Ziel
Wien (pwk) - Mit einem „getarnten Regulierungsmonster, das auf Samtpfoten daher kommt“, vergleicht
der für internationale Fragen zuständige Experte und stv. Obmann im Fachverband Werbung der WKÖ,
Konrad Maric, die am 23.10. von der Europäischen Kommission angenommenen Vorschläge über eine „EU-weite
Strategie zur Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden.“ „Bei
näherer Analyse stellt sich heraus, dass es trotz der eher sanften Wortwahl keinen Anlass zur Entwarnung für
Anbieter, Medien und Agenturen gibt,“ so Maric.
Die Brüsseler Behörden vermeiden zwar Aussagen, in denen die Alkohol-Werbung eindeutig abgelehnt wird,
zugleich weisen viele Formulierungen aus Sicht der Werbewirtschaft in eine falsche Richtung. Dazu gehört etwa
die Aufforderung an die Regierungen der EU-Staaten, „unverantwortliches Marketing“ zu unterbinden. Offen bleibt
im Entwurf, wer entscheidet, was als „unverantwortlich“ gilt und was nicht. Unklar bleibt auch, wie sich die Kommission
die Umsetzung ihrer Forderung nach einer ständigen Überwachung der Werbung für diese Getränkegruppen
vorstellt. Dies könnte in der Etablierung einer Zensurbehörde münden, befürchtet Maric.
Auf europäischer Ebene geregelt werden solle nach den Vorstellungen Brüssels auch „grenzüberschreitende
TV-Werbung, wenn sie im Konflikt mit den nationalen Vorschriften steht.“ Die EU habe, so Maric, mit dieser Aussage
eine Hintertür auf dem Weg zu einer gesamteuropäischen Regulierung aufgestoßen. Die nebulosen Formulierungen
ließen die Befürchtung zu, dass sie nur der Tarnung für die langfristige Umsetzung der ursprünglichen
radikalen Werbeverbotsmaßnahmen dienten. „Wir fordern die EU auf, endlich auf die Selbstregulierungsmechanismen
der Werbewirtschaft und ihre Dialogfähigkeit mit den Konsumenten zu setzen. Wie schon oft bewiesen, bringen
Zensur und Verbote keine Verhaltensänderungen. Das Ziel einer europäischen „healthy population“ lässt
sich auf diese Weise nicht erreichen.“
„Im Kampf gegen Alkoholismus steht für Brüssel offenbar immer noch die Werbung im Mittelpunkt, statt
sich verstärkt um die sozialen Bedingungen als wissenschaftlich belegte Verursacher eines unmäßigen
Alkoholkonsums zu kümmern“. Der Kommission fehle es offenbar an Vertrauen in die durchaus mündigen Konsumenten,
die europaweit schon bisher als selbstbewusste Dialogpartner der werbetreibenden Wirtschaft auftreten. Auch der
jüngste Entwurf lasse befürchten, dass die Werbeselbstregulierung zu einem Instrument der Werbezensur
umfunktioniert werden solle, befürchtet Fachverbandsobmann Peter Drössler. Letztlich würde man damit
nur der Wirtschaft schaden, ohne dass eine solche Strategie das Problem des Alkoholismus lösen könne. |