Herbstprognosen für 2006-2008  

erstellt am
06. 11. 06

Gefestigter Wirtschaftsaufschwung, Arbeitslosigkeit und Defizite sind rückläufig
Wien (ec.europa.eu) - Laut Herbstsprognose der Europäischen Kommission ist 2006 mit einem Wirtschaftswachstum in der EU von 2,8 % und im Euro-Gebiet von 2,6 % zu rechnen. Im Vorjahr betrugen diese Zahlen noch 1,7 % und 1,4 %. Die ausschlaggebenden Faktoren hierfür sind ein ungebrochener Anstieg der Inlandsnachfrage, insbesondere bei den Investitionen, sowie ein nachhaltiges weltweites Wirtschaftswachstum. Zwar dürfte die Wirtschaftstätigkeit angesichts der weltweiten Entwicklung und vor allem der abflauenden Konjunktur in den Vereinigten Staaten 2007 und 2008 etwas zurückgehen, doch beim BIP wird für die nächsten zwei Jahre mit einem Wachstum in etwa der Größenordnung des Potenzialwachstums gerechnet (2007 und 2008 in der EU mit 2,4 %, im Euro-Gebiet mit 2,1 % 2007 und 2,2 % 2008). In der EU insgesamt werden im Zeitraum 2006-2008 voraussichtlich 7 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, davon 5 Millionen in der Euro-Zone. Damit dürfte sich die Erwerbstätigenquote von 63¾ % 2005 auf 65½ % 2008 erhöhen, während die Arbeitslosigkeit von ihrem Höchststand von über 9 % der Arbeitskräfte 2004 auf 7,3 % 2008 in der EU (auf 7,4 % in der Euro-Zone) fallen wird. Den Prognosen zufolge wird auch die Inflation schrittweise zurückgehen und unter den von der EZB festgelegten Schwellenwert von 2 % sowohl in der EU als auch in der Euro-Zone 2008 sinken.

"Nach Jahren enttäuschender Ergebnisse wird die Wirtschaft der Europäischen Union 2006 einen seit zehn Jahren nicht mehr erreichten Aufschwung nehmen und 2007 und 2008 etwa dem Potenzialwachstum entsprechend weiter zulegen. Daran zeigt sich deutlich der Nutzen der Wirtschaftsreformen und der Haushaltskonsolidierungen vor dem Hintergrund einer starken Weltwirtschaft, was die Mitgliedstaaten dazu ermuntern sollte, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen, denn nur so lassen sich ein starkes und sich auf eine breitere Basis stützendes Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitsplätze erzielen", meinte das für Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten zuständige Kommissionsmitglied Joaquín Almunia.

Die heute veröffentlichten Wirtschaftsprognosen der Kommission sehen für die EU ein Wachstum von 2,8 % und für das Euro-Gebiet von 2,6 % voraus. Dies wäre mehr als 1 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr und ein halber Prozentpunkt mehr als noch vor sechs Monaten vorausgeschätzt. Für die nächsten Jahre gehen die Prognosen von einer Wirtschaftstätigkeit von etwa 2,4 % sowohl 2007 und 2008 in der EU und von 2,1 % 2007 und 2,2 % 2009 im Euro-Gebiet aus.

Die nach oben korrigierten Wirtschaftsprognosen spiegeln das über den Erwartungen liegende Ergebnis im ersten Halbjahr 2006 wider. Das BIP lag real bei 0,8 % im ersten Vierteljahr und bei 0,9 % im zweiten Vierteljahr 2006 sowohl in der EU als auch im Euro-Gebiet. Das ist der stärkste in den letzten sechs Jahren verzeichnete Anstieg.

Das Wirtschaftswachstum wird gestützt durch eine robuste Inlandsnachfrage, insbesondere durch die Investitionen, die im ersten Halbjahr 2006, aufs Jahr umgerechnet, um 6 % anstiegen und angesichts einer stetig steigenden Kapazitätsauslastung, verbesserter Konzernbilanzen, günstiger finanzieller Bedingungen und großer Gewinnmargen weiter zulegen dürften. Bei den Investitionen in Ausrüstungsgüter wird 2006 mit einem Anstieg um mehr als 5 % gerechnet, bevor sie 2007-2008 etwas zurückgehen. Die Ausgaben der Verbraucher dürften infolge einer verbesserten Situation am Arbeitsmarkt eher schrittweise zunehmen. Die Exporte hingegen werden weiterhin von der starken Weltwirtschaft gestützt. Die eher ausgewogenen Wachstumsmuster in der EU und im Euro-Gebiet und die laufenden Strukturreformen sollten die Grundlage für einen Anstieg des Potenzialwachstums bieten und damit zu einem nachhaltigeren Wachstum als bei den letzten Aufschwüngen führen.

Arbeitslosigkeit, Inflation und Defizite: alle Zahlen rückläufig
Die Zahl der Beschäftigten nahm im ersten Halbjahr diesen Jahres deutlich zu, zurückzuführen auf die günstigen Auswirkungen der Strukturreformen sowohl auf den Produkt- wie auf den Arbeitsmärkten, aber auch auf ein wiedergewonnenes Vertrauen in die Wirtschaft. Insgesamt wird in der EU im Zeitraum 2007/2008 mit 7 Millionen neuen Arbeitsplätzen gerechnet, davon 5 Millionen in der Euro-Zone. Damit wird sich die Zahl der in den letzten drei Jahren geschaffenen Arbeitsplätze im Euro-Gebiet verdoppeln und in der EU insgesamt um ¾ erhöhen. Aufgrund dieser Annahmen wird 2008 mit einer Erwerbstätigenquote von 65½ % gerechnet, verglichen mit 63¾% 2005.

Nach ihrem Höchststand von 9 % 2004, sowohl in der EU als auch im Euro-Raum, dürfte die Arbeitslosenquote 2006 auf etwa 8 % in beiden Gebieten sinken und 2008 noch einmal auf 7,3 % in der EU und bis 2008 auf 7,4 % im Euro-Gebiet zurückgehen.

Das Wachstum der Arbeitsproduktivität zieht ebenfalls an, was, verbunden mit einem Anstieg der Investitionen und der Zahl der Beschäftigten, sich günstig auswirken wird. Der lang anhaltende Rückgang des Potenzialwachstums konnte seit 2004 umgekehrt werden, so dass in der EU 2008 mit einem schrittweisen Anstieg auf 2,3 % (2,1 % im Euro-Gebiet) gerechnet wird.

Die Inflation blieb dieses Jahr mit einem unveränderten Prozentsatz von erwarteten 2,2 % im Euro-Gebiet bemerkenswert stabil, wenngleich sie in der EU von 2,2 % auf 2,3 % steigen dürfte. Die Kerninflation bleibt gedämpft, ein Hinweis darauf, dass der Ölpreisanstieg keine sekundären Folgen hatte. Da laut den Prognosen auch in Zukunft keine derartigen Folgen zu erwarten sind, wird für beide Gebiete davon ausgegangen, dass die Gesamtinflationsrate im Vorhersagezeitraum knapp über 2 % liegen und 2008 auf unter 2 % im Euro-Gebiet absinken wird.

Auch die öffentlichen Finanzen übertreffen die Frühjahrserwartungen mit einem durchschnittlichen Haushaltsdefizit von 2 % des BIP in diesem Jahr, sowohl in der EU als auch im Euro-Gebiet, verglichen mit 2,3 % in der EU und 2,4 % im Euro-Gebiet 2005, gestützt vor allem durch höhere Steuereinnahmen. Trotz dieser allgemeinen Verbesserung besteht in fünf Mitgliedstaaten, von denen zwei der Euro-Zone angehören, ein Haushaltsdefizit von mehr als 3 % des BIP in diesem Jahr. Ausgehend von den vorliegenden Haushalten für 2007 und den üblichen Annahmen einer unveränderten Politik, dürften die Defizite auf 1,6 % 2007 und 1,4 % 2008 in der EU (auf 1,5 % bzw. 1,3 % im Euro-Gebiet) zurückgehen.


Aussichten insgesamt weiter gut, wenngleich noch Risiken bestehen
Das Wachstum in der EU wird durch eine robuste Weltwirtschaft gestützt. In diesem Jahr wird mit einem weltweiten Wirtschaftswachstum von 5,1 % gerechnet, was damit unwesentlich unter dem Rekordhoch von 2004 bleibt. Zum Jahreswechsel ist mit einer leichten Abschwächung zu rechnen, vor allem aufgrund der Annahmen über die sich abflauende Konjunktur in den USA, während andere Regionen weiterhin enorme Wachstumsraten verzeichnen. Das weltweite BIP-Wachstum dürfte sich 2007-2008 auf etwas über 4,5 % einpendeln.

Gleichzeitig sind die Wirtschaftsaussichten für den Exportsektor mit Risiken behaftet. Zu einer Wachstumsbremse könnte ein deutlicherer Rückgang der US-Konjunktur werden. Auch ein ungeregelter Abbau der weltweiten Leistungsbilanzungleichgewichte bleibt weiterhin ein Risiko.

Ein über den Erwartungen liegendes Ergebnis ist jedoch durchaus noch im Rahmen des Möglichen. So könnte der Welthandel, vor allem in Asien, noch an Dynamik zulegen. Was das Inland betrifft, könnten insbesondere die Zahlen des Arbeitsmarkts die Schätzungen noch übertreffen und damit die private Nachfrage weiter ankurbeln.

Schließlich haben uns die letzten Jahre gelehrt, dass sich die Ölpreise in beide Richtungen entwickeln können. Geopolitische Spannungen könnten zu neuen Ölpreisanstiegen führen, eine schwächere Nachfrage würde jedoch den Preisdruck verringern, so dass sich Ausmaß und Auswirkungen einer abflauenden Konjunktur in den USA weniger stark bemerkbar machen würden.
 
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