St. Pölten (nöwpd) - St. Pöltens Fernwärme eines
der ältesten Netze in Österreich schickt sich an, neben dem Gas als Haupt-Energiequelle zunehmend
auf alternative Ressourcen zu setzen. "Derzeit fahren wir fast ausschließlich mit Gas", sagt Stadtwerke-Direktor
Fritz Schuster im Gespräch mit dem NÖ Wirtschaftspressedienst. Es wird aber auch direkt Wärme zugekauft.
Etwa 10 Prozent des gesamten Anschluss-Wertes von 210 Megawatt kommen aus einer Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung,
die die Stadt gemeinsam mit der EVN und der Papierfabrik Salzer in St. Pölten betreibt.
Aber der "Spielstand" 9:1 für Gas soll sich schon demnächst ändern: Ab dem nächsten
Winter 2007/2008 soll Wärme auch aus der Biomasse-Anlage des Spanplatten-Erzeugers Egger im St. Pöltner
Ortsteil Radlberg kommen - "etwa im gleichen Umfang wie von Salzer", so Schuster.
Der viel größere Schritt weg vom Gas könnte ab dem Winter 2009/10 folgen. "Wir sind im Gespräch
mit der EVN", erklärt Schuster, "um die Abwärme aus der Müllverbrennungsanlage der EVN-Tochter
AVN in Dürnrohr zu nutzen." Wenn es zu dieser großen Lösung kommt, dann könnte St. Pölten
das Gas-Fernheizwerk Süd stilllegen. Das würde neben einer deutlichen Abkopplung vom Gas auch dämpfend
auf den Preis wirken. Schuster: "Während der Gaspreis seit dem Herbst 2004 um rund 70 Prozent gestiegen
ist, wären die Preise für Wärme aus der Müllverbrennung relativ konstant". Das sei ein
zusätzlicher Anreiz, die Abwärme aus der Müllverbrennung zu nutzen.
Das Thema ist schon vor vielen Jahren rund um das Kohlekraftwerk Dürnrohr diskutiert worden. Damals waren
aber die Energiepreise noch so niedrig und die Wärmeverluste in den rund 30 Kilometer langen Leitungen von
Dürnrohr nach St. Pölten dermaßen hoch, dass sich Fernwärme aus dem Kraftwerk nicht gerechnet
hätte. "Die Isolierungen der Rohrleitungen sind seither um ein Vielfaches besser geworden", erklärt
Schuster.
St. Pöltens Stadtwerke versorgen über rund 70 Kilometer lange Leitungen rund 40 Prozent der Häuser
in der Stadt - übrigens auch das Regierungsviertel. Im Stadtkern selbst können an die 80 Prozent der
Häuser mit Fernwärme beliefert werden. Ausgangspunkt für die St. Pöltner Fernwärme war
eine Heizanlage für das Krankenhaus. Diese hatte Überkapazitäten, sodass man auf die Idee mit der
Fernwärme kam. Die erste längere Leitung wurde schon 1952 in die Körner-Hauptschule nahe dem Festspielhaus
gelegt.
"Man kann sich vorstellen, dass wir mittlerweile auch viel in die Netzerneuerung investieren müssen",
so Schuster. Investiert wurde aber auch in Leitungen für neue Kunden darunter die NÖ Wirtschaftskammer
im Süden der Stadt, die Fachhochschule im Norden, Studentenheim, Krankenhaus-Zubau oder Supermärkte am
östlichen Traisenufer, wie Merkur und Dehner.
Stolz ist der St. Pöltner Stadtwerke-Chef auf die Tatsache, "dass wir über Kraft-Wärme-Kopplung
in unseren Heizwerken auch eine bedeutende Strommenge erzeugen. Wir decken mit dieser besonders effektiven Form
der Energienutzung den Eigenbedarf der Stadtgemeinde von September bis April und liefern zusätzlich rund 40.000
Megawattstunden an die EVN", rechnet Schuster vor.
Und ein ganz klein wenig öffnet er auch die Schublade, in der die Visionen liegen: Im geplanten Betriebsansiedlungsgebiet
Hart ganz im Süden St. Pöltens wäre es denkbar, gemeinsam mit der EVN ein weiteres Biomasse-Kraftwerk
auf Hackschnitzel-Basis zu errichten. Damit könnte man jene Stadtteile südlich der Autobahn versorgen,
wo es derzeit keine Fernwärme gibt. Immerhin liegt in Hart an der B20 Österreichs waldreichster Bezirk
Lilienfeld schon fast vor der Haustür. |