Bilaterale Handelsbeziehungen legen stetig zu – Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine
dringend notwendig
Wien (awo) - „Die Ukraine, das zweitgrößte Land Europas, ist für österreichische
Unternehmen noch relativ unbekannt. Wir versuchen daher, diese unbekannte Größe der heimischen Wirtschaft
näher zu bringen, da die Ukraine ein Land mit unglaublichem Potential ist und eine Unzahl an Kooperationsmöglichkeiten
bietet“, sagte Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft Österreich (AWO) bei der Eröffnung der
Veranstaltungsreihe „Horizonte: The Markets of the Future“ zum Thema „Ukraine - Die große Zerrissene auf
der Suche nach der richtigen Richtung“.
Koren wies darauf hin, dass die bilateralen Handelsbeziehungen bereits jetzt gut laufen. Alleine in den ersten
acht Monaten 2006 legten die österreichischen Exporte in die Ukraine um 43% gegenüber der Vorjahresperiode
zu (Volumen: 409 Mio. Euro) und Österreich ist der drittgrößte Auslandsinvestor in der Ukraine.
Koren: „An sich sind das hervorragende Zahlen, aber das Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft.“ Das
bilaterale Handelsvolumen werde heuer rund eine Milliarde Euro ausmachen. „Die Auslandsinvestitionen boomen generell
in der Ukraine“, betonte der Ex-Premier und Präsident der Ukrainischen Unternehmervereinigung Anatolij Kinach.
Als vorrangiges Ziel der ukrainischen Politik nannte Kinach eine enge politische und wirtschaftliche Kooperation
mit der EU. Für einen tatsächlichen EU-Beitritt sei es aber noch zu früh. Kinach. „Zunächst
wäre der Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU schon ausreichend und dringend notwendig.“ Gute Kooperationsmöglichkeiten
für österreichische Unternehmen sieht der ehemalige Ministerpräsident in den Bereichen Maschinenbau,
im Finanz- und Agrarsektor, sowie besonders im Umwelttechnik- und Energiebereich, wo die Ukraine einen enormen
Nachholbedarf habe.
Die stellvertretende Wirtschaftsministerin der Ukraine, Ljudmila Musina, stellte die Schwerpunkte der Regierungsarbeit
für die kommenden fünf Jahre dar: „An erster Stelle stehen dabei eine Verwaltungs- und Steuerreform sowie
die Vereinfachung des Rechtssystems.“ Lizenz- und Genehmigungsverfahren sollen um 75% reduziert werden, die Unternehmensbesteuerung
soll gesenkt und der Finanzsektor gefestigt werden. Leonid Krawtschuk, erster Präsident der unabhängigen
Ukraine, attestierte der neuen Regierung durchaus den Willen zur Veränderung, kritisierte aber eine noch fehlende
klare Linie. Er verlangt, dass sich die Ukraine noch stärker westlichen Investoren öffnen solle, denn
sein Land könne sehr viel bieten. Krawtschuk: „Es leben zwar nur 0,6% der Weltbevölkerung in der Ukraine,
dafür verfügen wir über 5% aller Rohstoff-Ressourcen der Erde.“ Mit Stolz wies Krawtschuk darauf
hin, dass es der Ukraine nach über 300 Jahren Zugehörigkeit zu Russland gelungen sei, sich seit ihrer
Unabhängigkeit vor 15 Jahren einen Namen in der Welt zu schaffen. „Österreich war übrigens das erste
Land, das die unabhängige Ukraine anerkannte“, ergänzte Erhard Busek, Ex-Vizekanzler und Vorsitzender
des Institutes für Donauraum und Mitteleuropa IDM. Die engen Beziehungen zwischen Österreich und der
Ukraine sieht Busek auch in der gemeinsamen historischen Vergangenheit begründet. Schließlich war die
heutige Westukraine mit Lemberg Teil der österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie. „Außerdem“, so
Busek abschließend, „ist es von Wien zur ukrainischen Grenze näher als zur Schweizer Grenze.“ |