Koalitionsverhandlungen / Untersuchungsausschüsse  

erstellt am
09. 11. 06

 Matznetter/Kräuter: Sorgfältige und seriöse U-Ausschüsse werden drei bis fünf Monate dauern
Wien (sk) - "Heute ist ein guter Tag für das Parlament und den Nationalrat, weil Kontrolle wieder stattfindet, wie es sein soll", sagte SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter nach der Konstitution der Untersuchungsausschüsse zu den Eurofightern und zur Finanzmarkt- und Bankenaufsicht. Beide Abgeordnete schließen aber aus, dass die beiden Ausschüsse bis 20. Dezember abgeschlossen sein werden, so wie es die ÖVP fordert. "Das ist ein Wunschkonzert", so Kräuter, der so wie Matznetter davon ausgeht, dass ein seriös, professionell und sachlich geführter U-Ausschuss drei bis fünf Monate an Zeit benötigt.

Alleine wenn man die Akten, die in der Causa Eurofighter mehr als 100.000 Seiten ausmachen, seriös studieren will, brauche man zehn bis 14 Tage, unterstrich Kräuter. Daher sei ein Abschluss vor Weihnachten eine Illusion oder eine taktische Überlegung der ÖVP, sagte der SPÖ-Rechnungshofsprecher. Es sei auch alles andere als gut, wenn man die U-Ausschüsse als Tribunal bezeichnet, von Inszenierung oder als "vor Gericht sitzen" spricht, so Kräuter.
Die U-Ausschüsse seien vielmehr eine Rückkehr zur parlamentarischen Normalität, da es in der Regierungszeit von ÖVP und FPÖ bzw. BZÖ keinen einzigen U-Ausschuss, keine Kontrolle gegeben hat. "Die ÖVP hat noch am 30. Oktober gegen die Untersuchungsausschüsse gestimmt und will jetzt das Prozedere alleine bestimmen", kritisierte Kräuter. Er stellte aber außer Streit, dass die Arbeit in den Ausschüssen so zügig wie möglich vor sich gehen müsse. Bereits heute um 16 Uhr tritt der Eurofighter-U-Ausschuss wieder zusammen.

Bankdirektoren sollen zu Gespräch eingeladen werden
Matznetter stellte zum U-Ausschuss zur Finanzmarkt- und Bankenaufsicht klar, dass es hier einzig um die Prüfung der Aufsicht und nicht um private Personen, Firmen oder Institutionen geht. "Das ist sehr heikel und da wird es eine sehr scharfe Trennlinie geben, die sorgfältig eingehalten werden muss", so Matznetter. Er schlägt daher vor, dass die Generaldirektoren der großen Institute das Verfahren begleiten sollen. Sie sollen daher vom Ausschussvorsitzenden und den Sprechern der Fraktionen sowie im Beisein des Verfahrensanwalts zu einem Gespräch eingeladen werden, wie diese Trennlinie eingehalten werden kann.

Auf den Vorwurf von ÖVP-Seite, es könnte durch den Ausschuss der Finanzplatz Österreich gefährdet werden, konterte Matznetter, dass genau das Gegenteil der Fall sei. Denn die Finanzmarktaufsicht habe versagt und das gefährde den Finanzplatz. Es gehe letztendlich um den Schutz der Banken und der Kunden. Hier müsse man wieder für ordentliche Verhältnisse sorgen, und die Aufgabe des Ausschusses sei es, die Aufsicht abzuklopfen, ob sie funktioniert. "Unsere Banken sind in Ordnung, es gibt nur ein gehäuftes Versagen Aufsicht. Es soll kein Scherbengericht über Banken werden", so Matznetter. Das Verschulden von Privatpersonen zu ermitteln, das sei nicht Aufgabe des Ausschusses, unterstrich Matznetter.

Genau diese Sorgfalt, die es in beiden Untersuchungsausschüssen geben müsse, sei einer der Gründe, warum man bis Weihnachten nicht mit der Arbeit fertig sein könne, so die beiden Abgeordneten. Dazu gehöre auch, dass die Behauptung, der Ankauf der Eurofighter sei eine der am sorgfältigsten geprüften Vorgänge in der Republik, nicht richtig ist, so Kräuter. So habe Rechnungshofpräsident Moser richtig gestellt, dass der Rechnungshof nur Teilaspekte des Kaufs geprüft habe, wie die Gebarungsfragen und die öffentliche Hand betreffend. Außerdem hat Moser klar gestellt, dass bei Angaben gegenüber dem Rechnungshof keine Wahrheitspflicht bestehe. "Ob beim Eurofighter-Kauf alles in Ordnung ist, wird sich erst im Untersuchungsausschuss herausstellen", machte Kräuter klar.

So sollen nun alle Akten aus dem Bundeskanzleramt, dem Finanzministerium, dem Wirtschaftsministerium und dem Verteidigungsministerium angefordert werden. Darunter werde sich auch der gesamte Schriftverkehr mit der Herstellerfirma EADS befinden. Auch zum Vertragswerk selbst werden möglichst rasch alle Unterlagen angefordert. Es werden alle Vorvereinbarungen, alle Finanzierungsfragen und die Vertragserstellung selbst beleuchtet werden, sagte der SPÖ-Abgeordnete. Vorher müsse ein Verfahrensanwalt für die jeweiligen Ausschüsse bestellt werden, der für Fairness bei den Befragungen der Auskunftspersonen sorgt, berichteten Kräuter und Matznetter. Die Ladung von Zeugen, bevor ein Anwalt bestellt ist, lehnt Kräuter ab. Im Finanzmarkt-U-Ausschuss werde man sich morgen um 10 Uhr wieder treffen, um über einen Anwalt - hier muss es eine zwei Drittelmehrheit geben - zu beschließen, sagte Matznetter.

Zum Bedenken der ÖVP, dass durch den U-Ausschuss das Bawag-Gerichtsverfahren behindert werden könnte, sagte Matznetter, "die Politik darf hier keinen Sand ins Getriebe werfen". Grundsätzlich sieht der SPÖ-Finanzsprecher kein Problem darin, das Gerichtsverfahren Bawag und den U-Ausschuss parallel zu führen. Daher müsse hier besonders große Sorgfalt gewährleistet sein. "Wenn man vernünftig, auch bei der Anforderung von Akten, vorgeht, dann gibt es keine Behinderung", ist Matznetter überzeugt.

Empörung zeigte Matznetter, dass die Parteisekretariate der ÖVP bereits wieder Inserate im Wahlkampfstil schalten, und unsachliche und falsche Kritik vor allem am Finanzmarkt-Ausschuss äußern. So werfen sie der SPÖ den Grünen und der FPÖ vor, durch die Einsetzung dieses U-Ausschusses 70.000 Arbeitsplätze im Bankwesen zu gefährden. "Ich hoffe, die ÖVP-Mitglieder des Ausschusses können die Parteisekretariate einfangen", sagte Matznetter abschließend.

 

 Fekter: Objektive Beweiserhebung erfordert Erhebung von Pro- und Kontra
ÖVP-Fraktionsvorsitzende im Untersuchungsausschuss warnt vor Suggestiv- und Fangfragen
Wien (övp-pk) - Die Fraktionsvorsitzende der ÖVP im Eurofighter-Untersuchungsausschuss, ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter, fordert für die Arbeitsweise im Untersuchungsausschuss bei der Beweiserhebung sowohl Pro als auch Kontra gleichermaßen zu erheben. "Es wird nicht gehen, das Verfahren im Ausschuss so zu steuern, dass lediglich vorgefasste Urteile bestätigt werden", mahnte Fekter am 09.11.


Wie in einem objektiven Gerichtsverfahren müssen sich die Abgeordneten auch im Untersuchungsausschuss selbstverständlich auch mit den positiven Argumenten des Eurofighter-Ankaufes auseinander setzen, sagte Fekter und sprach daher an den gestern einvernehmlich bestimmten Verfahrensanwalt des Ausschusses die Bitte aus, "darauf zu achten, dass nicht durch Suggestivfragen und Fangfragen das Verfahren gezielt in die Richtung gelenkt wird, Vorurteile einzuzementieren."

 

Eurofighter-Untersuchungsausschuss: Peter Pilz zum Vorsitzenden gewählt
Wien (grüne) - Der Sicherheitssprecher der Grünen Peter Pilz ist im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses am Nachmittag des 08.11. mit neun Stimmen zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt worden. Für Pilz stimmten die zwei Grünen Abgeordneten sowie alle sechs SPÖ-Abgeordnete und der FPÖ-Mandatar Peter Fichtenbauer. Gegen Pilz stimmten die sechs ÖVP-VertreterInnen und der BZÖ-Mandatar Gernot Darmann sowie überraschend auch Ewald Stadler von der FPÖ .As StellvertreterInnen von Pilz wurden Darmann (BZÖ), Fekter (ÖVP), Stadler (FPÖ) und Kurt Gaßner (SPÖ) gewählt.

Sitzung unterbrochen, um gemeinsame Vorgehensweise zu erzielen
Die konstituierende Sitzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses ist am Mittwoch bis 16 Uhr unterbrochen worden. Es werde noch nach einer Einigung auf die Bestellung eines Verfahrensanwalts, auf einen Zeitplan und die Beweisanforderung gerungen, hieß es eineinhalb Stunden nach Sitzungsbeginn. An diesen Punkten spießte es sich vorerst noch.

Die ÖVP hat zu Beginn bereits entsprechende Anträge eingebracht, wie Fraktionsführerin Justizsprecherin Maria Fekter sagte. Die Volkspartei hatte gestern vorgeschlagen, dass man die Untersuchung anhand der Unterlagen aus den Rechnungshof-Prüfungen zu den Eurofightern durchführt und gegebenenfalls ergänzende Akten angefordert werden sollen. Dementsprechende sollen auch die zu behandelnden Themenblöcke erstellt werden, sagte Fekter. Damit könne man bis Weihnachten die ersten Themenkomplexe - 1. Nachbeschaffungsvorgang und Ausschreibung, 2. Typenentscheidung sowie 3. Kaufvertrag und Finanzierung - abhandeln und nach Weihnachten, wenn der anstehende RH-Bericht zu den Gegengeschäften veröffentlicht wird, auch dieses Thema abarbeiten.

Die Grünen wollen das freilich so nicht haben. Die Pläne des heute gewählten Ausschuss-Vorsitzenden Peter Pilz sehen vor, dass in den ersten 14 Tagen die Akten angefordert werden, die Ausschussmitglieder sich dann drei bis vier Wochen Zeit für das Studium der Unterlagen nehmen und es vielleicht noch vor Weihnacht zu ersten Zeugenladungen kommt. Dass die ÖVP gleich zu Beginn Anträge eingebracht hatte, bezeichnete der Grüne Sicherheitssprecher als "konstruktiv" und zeigte sich überzeugt, dass man am Nachmittag "schon was zusammenbringen wird". Davor, um 13 Uhr, ist eine Besprechung der Fraktionsführer geplant. Werner Kogler von den Grünen ergänzte, dass es einen Mehrheitsbeschluss geben wird, sollte es zu keiner Fünf-Parteien-Einigung kommen.

FPÖ-Fraktionsführer Ewald Stadler begründete seine Ablehnung für Pilz als Vorsitzenden damit, dass der Grüne "offensichtlich dem Bundesheer nur schaden" wolle. Das sei seine Meinung und die lasse er sich als "freier Abgeordneter" nicht nehmen, so Stadler. SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter begrüßte hingegen die Wahl von Pilz. Fekter wiederum meinte, die SPÖ hätte "ihrem eigenen Mann das Vertrauen nicht geschenkt". Die ÖVP hatte den roten Wehrsprecher Anton Gaal zum Vorsitzenden vorgeschlagen. (apa)

 

 Darmann: Darf nicht zur politischen Abrechnung missbraucht werden
Pilz muss erst beweisen, ob ihm an einer objektiven Ausschuss-Vorsitzführung gelegen ist
Wien (bzö) - Er wolle dem Ausschuss nicht vorgreifen, erwarte aber grundsätzlich nichts Neues, da es sich bei dieser Großanschaffung um die bestdurchleuchtete der Zweiten Republik handle. Der Eurofighter-Vertrag sei schon drei Mal vom Rechnungshof geprüft worden. Vom Rechnungshof sei eindeutig festgestellt worden, dass es keine Manipulationen oder Geschenkannahmen gegeben habe, sagte der Vertreter des BZÖ-Parlamentsklubs im Eurofighter-Untersuchungsausschuss Gernot Darmann. "Wir gehen daher nicht davon aus, dass irgendwelche Ungereimtheiten zu Tage treten werden", so Darmann.

Darmann legt vor allem Wert darauf, dass es hier zu keiner politischen Abrechnung kommt: "Es geht um Inhalte und um die Sache selbst." Außerdem tritt er für eine zügige Abwicklung ein.

Was die Dauer des Ausschusses angehe, sei der "Zeithorizont" beim besten Willen nicht absehbar. "Ein gewissenhaftes Aktenstudium erfordert eben entsprechende Zeit", so Darmann.

Grünen-Mandatar Peter Pilz, der heute zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt wurde, "müsse erst beweisen, ob ihm an einer objektiven Ausschuss-Vorsitzführung gelegen ist", so Darmann.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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