Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Wien (bmi) - Der Prümer Vertrag steht im Mittelpunkt eines hochrangigen Expertenseminars (16.
und 17. November 2006) im Innenministerium, an dem neben Bundesministerin Liese Prokop unter anderem der niederländische
Justizminister Ernst Hirsch Ballin und der deutsche Staatssekretär Peter Altmaier teilnehmen.
Beim dem Seminar stehen drei Punkte im Vordergrund:
- die Bewertung bisheriger Fortschritte im Rahmen des Prümer Vertrags
- die detaillierte rechtliche/technische Vorstellung des Vertrags für weitere Interessenten
- eine erste Diskussion über die deutsche Initiative, den "Prümer Vertrag" in den EU-Rechtsbestand
zu überführen.
"Der Vertrag begründet die engste multinationale Kooperation, die es im Bereich der inneren Sicherheit
derzeit weltweit gibt. Er ist ein Meilenstein für unsere Sicherheit und eröffnet unserer Polizei ganz
neue Möglichkeiten im Kampf gegen den Terrorismus, die organisierte Kriminalität und die illegale Migration",
sagte Prokop.
Der Prümer Vertrag wurde 27. Mai 2005 von Österreich, Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg
und den Niederlanden in Prüm (Deutschland) unterzeichnet. Seit 1. November 2006 ist er in Österreich
und Spanien in Kraft. Am 23. November wird er in Deutschland in Kraft treten. In den anderen Unterzeichnerstaaten
wird das Anfang 2007 der Fall sein.
Altmaier betonte, dass die Polizeiarbeit durch den Vertrag auf eine qualitativ völlig neue Stufe gestellt
werde und der Vertrag ein wesentliches Element der europäischen Integration sei. Ballin verdeutlichte, dass
der Vertrag eindrucksvoll zeige, dass die europäische Zusammenarbeit weitergeht.
Aufgrund des Prümer Vertrags wird zwischen den Unterzeichnerstaaten in Hinkunft ein automatisierter, anonymisierter
Austausch von DNA-Daten und Fingerabdrücken möglich sein und ein direkter Online-Lesezugriff auf die
KfZ-Register der Partnerstaaten. Das ersetzt die bisherigen langwierigen Verfahren (FAX) und führt zu einer
wesentlichen Beschleunigung der Ermittlungen.
Allein durch die im Vertrag enthaltene DNA-Regelung könnten bis zu hundert offene Fälle geklärt
werden. So ist künftig ein automatisierter Massenabgleich von offenen DNA-Spuren möglich. Derzeit existieren
in Österreich ca. 12.000 solcher DNA-Spuren, die keiner Person zugeordnet werden können. Ein Testlauf
mit Deutschland hat bereits hunderte Treffer ergeben.
"Sehr wichtig ist uns, dass der Datenschutz voll gewährleistet wird", sagte Prokop. Alle Formen
der Zusammenarbeit im Bereich DNA und Fingerabdrücke erfolgen daher im so genannten Hit/No Hit-Verfahren –
also anonymisiert: Das Ergebnis sagt vorerst nur aus, ob ein Treffer vorliegt. Die weiteren Daten zur Person können
nur per Amts- oder Rechtshilfeverfahren angefordert werden. Zudem beinhaltet der Vertrag umfangreiche Datenschutzbestimmungen,
mit denen das österreichische Datenschutzniveau auf die EU-Ebene gehoben werden konnte.
Der Vertrag stößt auf EU-Ebene auf ein großes Interesse. Neben Finnland, Italien, Portugal und
Slowenien, die ihren Beitritt zum Prümer Vertrag bereits erklärt haben, sind auch alle anderen Mitgliedstaaten
sowie Bulgarien und Rumänien in Wien vertreten. Ziel ist es, den Vertrag in den Rechtsrahmen der EU zu überführen.
Das könnte innerhalb von drei Jahren nach dessen Inkrafttreten geschehen und würde die Zusammenarbeit
EU-weit auf eine völlig neue Basis stellen.
Eine erste große Bewährungsprobe wird die Fußball-Europameisterschaft 2008 sein. Der Prümer
Vertrag sieht u. a. die Übermittlung von nicht-personenbezogenen und personenbezogenen Daten im Zusammenhang
mit Großveranstaltungen vor (z.B. Reisebewegungen von Hooligans). Dies ermöglicht einen frühzeitigen
Informationsaustausch über Personen und Gruppen, die eine Gefahr für die Sicherheit von Großveranstaltungen
darstellen können. Die Polizei wird damit frühzeitig Informationen erhalten, ob sich (aus den Vertragsstaaten)
Hooligans oder andere Störer auf den Weg nach Österreich machen.
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