Regionale Partnerschaft: Treffen der ParlamentspräsidentInnen in Wien  

erstellt am
24. 11. 06

Schengen, Euro, Energiepolitik und Subsidiarität als zentrale Themen
Wien (pk) - Treffen der ParlamentspräsidentInnen Österreichs, Ungarns, Tschechiens, Sloweniens, der Slowakei und Polens haben bereits Tradition. Am 23. und 24.11. kommen die Parlamentspräsidenten der so genannten "Regionalen Partnerschaft" zum mittlerweile 7. Mal zusammen, um über aktuelle EU-Fragen zu diskutieren. Auf der Agenda stehen der Beitritt der neuen EU-Staaten zum Schengen-Raum, die Einführung des Euro in diesen Ländern, Fragen der gemeinsamen Energie-Außenpolitik und erste Erfahrungen mit der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips.

Im Rahmen der Begrüßung der Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer verwies Nationalratspräsidentin Barbara Prammer auf die Bedeutung der zur Diskussion stehenden Themen und betonte, die Parlamente müssten die Chance der Subsidiarität intensiv nutzen. Sie erwarte sich eine gute Zusammenarbeit, erklärte Prammer, wobei das Treffen aufgrund mehrerer neuer Gesichter nicht zuletzt auch ein Treffen des Kennenlernens sei. Erstmals waren die ParlamentspräsidentInnen der Regionalen Partnerschaft im Dezember 2003 auf Einladung des damaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol – damals noch ohne Polen – in Wien zusammengekommen, seither finden die Treffen halbjährlich statt.

Katalin Szili: Keine Unterscheidung in alte und neue Mitgliedsländer mehr
Den Auftakt bei den Referaten machte die Präsidentin des ungarischen Parlaments, Katalin Szili, die zum Thema Schengen sprach. Sie erinnerte an das Treffen der Visegrad-Staaten, bei dem die Parlamentspräsidenten in einer gemeinsamen Erklärung die Bereitschaft ihrer Länder bekräftigt hatten, den Beitrittstermin Oktober 2007 einzuhalten. Szili sah in der Erweiterung des Schengen-Raumes vor allem auch eine politische Frage, gehe es doch darum, den Bürgern zu zeigen, dass es in Europa keine Grenzen mehr gibt. Gerade in einem Europa ohne Grenzen würden die Menschen der neuen Mitgliedsländer eine wichtige europäische Errungenschaft sehen, da sie Europa nun auch in ihrem Alltag spüren können. Ungarn sei sich bewusst, dass die Kontrolle der Außengrenze nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine gemeinsame Verantwortung bedeutet. Die Präsidentin versicherte, ihr Land sei imstande und bereit, sämtliche Voraussetzungen für eine wirksame Grenzkontrolle auszuüben.

Szili meinte im Übrigen, es solle endlich Schluss gemacht werden mit der zweigliedrigen Mitgliedschaft und mit der Unterscheidung in alte und neue Mitgliedsländer. Sollte die Frist für die Erweiterung des Schengen-Raumes nicht eingehalten werden, bestehe die Gefahr, dass sich die symbolische Trennung innerhalb Europas fortsetzt und dadurch die Union geschwächt wird. Den Bürgern könnte das Gefühl vermittelt werden, dass sie trotz EU-Beitritts keine wahren EU-Bürger geworden sind.

In der anschließenden Diskussion unterstrichen die Sprecher aller Delegationen die Bereitschaft ihrer Staaten, den Beitrittstermin Oktober 2007 einzuhalten. Der Präsident des tschechischen Senates Premysl Sobotka brachte den Grundtenor der Beiträge auf den Punkt mit den Worten, ohne offene Grenzen könne man den Bürgern schwer die Vorteile des EU-Beitrittes erklären.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer versicherte ihrerseits, Österreich habe größtes Interesse daran, dass die Voraussetzungen für die Erweiterung des Schengen-Raumes rasch geschaffen werden. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass es zu weiteren unnötigen Verzögerungen kommt, betonte sie.

Cukjati: Einführung des Euro stellt keinen Verlust der nationalen Identität dar
Der Präsident der Slowenischen Nationalversammlung, France Cukjati, befasste sich in seiner Rede sodann mit dem Thema "Euro-Zone". Diese Frage sei zwar nicht ganz so aktuell, dennoch handle es sich um einen sehr wichtigen Bereich, nämlich die letzte Phase der Wirtschafts- und Währungsunion. Insgesamt 13 Staaten – die zehn neuen Mitgliedsländer sowie Dänemark, Schweden und Großbritannien – sind noch nicht Teil des Eurosystems, führte Cukjati weiter aus. In Slowenien wird der Euro am 1.1.2007 eingeführt, wobei der Umtausch in nur 14 Tage vonstatten gehen soll. Die Mehrheit der Bevölkerung, die in der Vergangenheit schon viele Währungsänderungen erlebt hat, habe keine Angst, den slowenischen Tolar aufzugeben, unterstrich er. Er sei überzeugt davon, dass der Wegfall der bisherigen Währungseinheit zu keinem Verlust der nationalen Identität führen wird. Solange die nationalen Sprachen, Kulturen und das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden, sei die Europäische Union sogar der Garant dafür, dass die nationalen Identitäten erhalten werden. Außerdem trage die Mitgliedschaft zu mehr Solidarität, Sicherheit, besseren wirtschaftlichen Chancen und einer monetären Stabilität bei, urteilte Cukjati.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer beglückwünschte Slowenien zum baldigen Beitritt zur Eurozone. Eine gemeinsame Währung habe nicht nur einen hohen symbolischen Wert, sondern sei gerade auch aus wirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung. Sie berichtete sodann über die Erfahrungen in Österreich, wo bei der Einführung des Euro ein doppeltes Preisauszeichnungsgesetz erlassen wurde, das sich sehr bewährt habe. Was die Einhaltung der Maastricht-Kriterien betrifft, so dürfe es zu keiner Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen Staaten in Europa kommen, betonte sie. Es wäre ihrer Ansicht nach besser, darüber zu diskutieren, ob die Kriterien funktionieren, als Ausnahmen zu erlauben.

Pavol Paska teilte mit, dass der Konvergenzplan in der Slowakei weiterverfolgt werde und der Beitritt zur Eurozone per 1.1.2009 Priorität habe. Obwohl sich die wirtschaftlichen Daten gut entwickeln, werde die Einhaltung des Inflationsziels die größte Herausforderung für sein Land darstellen, erklärte er. Er hoffe, dass es in diesem Bereich ein gewisses Entgegenkommen gibt. Paska räumte ein, dass die slowakische Bevölkerung – insbesondere die sozial Schwächeren - Bedenken bezüglich des Euro hat, da sie Preissteigerungen und Verteuerungen befürchtet. Auch von tschechischer Seite wurde die Erweiterung der Eurozone als sehr wichtiger Schritt im Sinne der Vertiefung der Integration Europas angesehen. Was die Beurteilung Litauens durch die Kommission betrifft, so war der tschechische Vertreter der Auffassung, dass die Auslegung der Maastricht-Kriterien nicht willkürlich erfolgen dürfe.

Maciej Plazynski: Polen sei bemüht, die Konvergenzkriterien zu erfüllen; spätestens 2009 sollen alle Ziele erreicht werden. Vor der Einführung des Euro (spätestens 2010) soll die Bevölkerung im Rahmen eines Referendum befragt werden, teilte er mit. 2010 sei seiner Meinung zwar ein ehrgeiziger, aber ein realistischer Termin. Schließlich gab er noch zu bedenken, dass auch einige "alte" EU-Mitgliedstaaten die Kriterien nicht immer einhalten können. Auch Katalin Szili (Ungarn) betonte das Prinzip der Gleichbehandlung hinsichtlich der Einhaltung der Konvergenzkriterien. Ungarns Wirtschaft befinde sich in einem guten Zustand, allerdings müssen noch einige wichtige Reformprozesse durchgeführt werden. Neben einer Reform des Staatshaushalts und der großen staatlichen Umverteilungssysteme seien Änderungen in der öffentlichen Verwaltung, im Gesundheits- und im Bildungswesen notwendig.

Für 24.11. sind Referate von Maciej Plazynski, Vizepräsident des Polnischen Senats, zum Thema "European Union's external policy regarding energy" und von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zum Thema "Principle of Subsidiary – Evaluation on the first Experiences" anberaumt. Überdies beraten die ParlamentspräsidentInnen über zukünftige Themenfelder.

Am Treffen nehmen von österreichischer Seite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Bundesratsvizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach, von Seiten der Tschechischen Republik Parlamentspräsident Miloslav Vlcek und Senatspräsident Premysl Sobotka, von ungarischer Seite die Präsidentin der Nationalversammlung Katalin Szili, von polnischer Seite der Vizepräsident des Senats Maciej Plazynski, von slowakischer Seite Nationalratspräsident Pavol Paska und der Vorsitzende des EU-Ausschusses Milan Urbani sowie von slowenischer Seite der Präsident der Nationalversammlung France Cukjati und der Präsident der zweiten Kammer Janez Susnik teil.
 
zurück