Schengen, Euro, Energiepolitik und Subsidiarität als zentrale Themen
Wien (pk) - Treffen der ParlamentspräsidentInnen Österreichs, Ungarns, Tschechiens, Sloweniens,
der Slowakei und Polens haben bereits Tradition. Am 23. und 24.11. kommen die Parlamentspräsidenten der so
genannten "Regionalen Partnerschaft" zum mittlerweile 7. Mal zusammen, um über aktuelle EU-Fragen
zu diskutieren. Auf der Agenda stehen der Beitritt der neuen EU-Staaten zum Schengen-Raum, die Einführung
des Euro in diesen Ländern, Fragen der gemeinsamen Energie-Außenpolitik und erste Erfahrungen mit der
Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips.
Im Rahmen der Begrüßung der Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer verwies Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer auf die Bedeutung der zur Diskussion stehenden Themen und betonte, die Parlamente müssten
die Chance der Subsidiarität intensiv nutzen. Sie erwarte sich eine gute Zusammenarbeit, erklärte Prammer,
wobei das Treffen aufgrund mehrerer neuer Gesichter nicht zuletzt auch ein Treffen des Kennenlernens sei. Erstmals
waren die ParlamentspräsidentInnen der Regionalen Partnerschaft im Dezember 2003 auf Einladung des damaligen
Nationalratspräsidenten Andreas Khol – damals noch ohne Polen – in Wien zusammengekommen, seither finden die
Treffen halbjährlich statt.
Katalin Szili: Keine Unterscheidung in alte und neue Mitgliedsländer mehr
Den Auftakt bei den Referaten machte die Präsidentin des ungarischen Parlaments, Katalin Szili, die zum Thema
Schengen sprach. Sie erinnerte an das Treffen der Visegrad-Staaten, bei dem die Parlamentspräsidenten in einer
gemeinsamen Erklärung die Bereitschaft ihrer Länder bekräftigt hatten, den Beitrittstermin Oktober
2007 einzuhalten. Szili sah in der Erweiterung des Schengen-Raumes vor allem auch eine politische Frage, gehe es
doch darum, den Bürgern zu zeigen, dass es in Europa keine Grenzen mehr gibt. Gerade in einem Europa ohne
Grenzen würden die Menschen der neuen Mitgliedsländer eine wichtige europäische Errungenschaft sehen,
da sie Europa nun auch in ihrem Alltag spüren können. Ungarn sei sich bewusst, dass die Kontrolle der
Außengrenze nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine gemeinsame Verantwortung bedeutet. Die Präsidentin
versicherte, ihr Land sei imstande und bereit, sämtliche Voraussetzungen für eine wirksame Grenzkontrolle
auszuüben.
Szili meinte im Übrigen, es solle endlich Schluss gemacht werden mit der zweigliedrigen Mitgliedschaft und
mit der Unterscheidung in alte und neue Mitgliedsländer. Sollte die Frist für die Erweiterung des Schengen-Raumes
nicht eingehalten werden, bestehe die Gefahr, dass sich die symbolische Trennung innerhalb Europas fortsetzt und
dadurch die Union geschwächt wird. Den Bürgern könnte das Gefühl vermittelt werden, dass sie
trotz EU-Beitritts keine wahren EU-Bürger geworden sind.
In der anschließenden Diskussion unterstrichen die Sprecher aller Delegationen die Bereitschaft ihrer Staaten,
den Beitrittstermin Oktober 2007 einzuhalten. Der Präsident des tschechischen Senates Premysl Sobotka brachte
den Grundtenor der Beiträge auf den Punkt mit den Worten, ohne offene Grenzen könne man den Bürgern
schwer die Vorteile des EU-Beitrittes erklären.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer versicherte ihrerseits, Österreich habe größtes Interesse
daran, dass die Voraussetzungen für die Erweiterung des Schengen-Raumes rasch geschaffen werden. Es dürfe
nicht zugelassen werden, dass es zu weiteren unnötigen Verzögerungen kommt, betonte sie.
Cukjati: Einführung des Euro stellt keinen Verlust der nationalen Identität dar
Der Präsident der Slowenischen Nationalversammlung, France Cukjati, befasste sich in seiner Rede sodann mit
dem Thema "Euro-Zone". Diese Frage sei zwar nicht ganz so aktuell, dennoch handle es sich um einen sehr
wichtigen Bereich, nämlich die letzte Phase der Wirtschafts- und Währungsunion. Insgesamt 13 Staaten
– die zehn neuen Mitgliedsländer sowie Dänemark, Schweden und Großbritannien – sind noch nicht
Teil des Eurosystems, führte Cukjati weiter aus. In Slowenien wird der Euro am 1.1.2007 eingeführt, wobei
der Umtausch in nur 14 Tage vonstatten gehen soll. Die Mehrheit der Bevölkerung, die in der Vergangenheit
schon viele Währungsänderungen erlebt hat, habe keine Angst, den slowenischen Tolar aufzugeben, unterstrich
er. Er sei überzeugt davon, dass der Wegfall der bisherigen Währungseinheit zu keinem Verlust der nationalen
Identität führen wird. Solange die nationalen Sprachen, Kulturen und das Subsidiaritätsprinzip beachtet
werden, sei die Europäische Union sogar der Garant dafür, dass die nationalen Identitäten erhalten
werden. Außerdem trage die Mitgliedschaft zu mehr Solidarität, Sicherheit, besseren wirtschaftlichen
Chancen und einer monetären Stabilität bei, urteilte Cukjati.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer beglückwünschte Slowenien zum baldigen Beitritt zur Eurozone.
Eine gemeinsame Währung habe nicht nur einen hohen symbolischen Wert, sondern sei gerade auch aus wirtschaftlicher
Sicht von großer Bedeutung. Sie berichtete sodann über die Erfahrungen in Österreich, wo bei der
Einführung des Euro ein doppeltes Preisauszeichnungsgesetz erlassen wurde, das sich sehr bewährt habe.
Was die Einhaltung der Maastricht-Kriterien betrifft, so dürfe es zu keiner Ungleichbehandlung zwischen den
einzelnen Staaten in Europa kommen, betonte sie. Es wäre ihrer Ansicht nach besser, darüber zu diskutieren,
ob die Kriterien funktionieren, als Ausnahmen zu erlauben.
Pavol Paska teilte mit, dass der Konvergenzplan in der Slowakei weiterverfolgt werde und der Beitritt zur Eurozone
per 1.1.2009 Priorität habe. Obwohl sich die wirtschaftlichen Daten gut entwickeln, werde die Einhaltung des
Inflationsziels die größte Herausforderung für sein Land darstellen, erklärte er. Er hoffe,
dass es in diesem Bereich ein gewisses Entgegenkommen gibt. Paska räumte ein, dass die slowakische Bevölkerung
– insbesondere die sozial Schwächeren - Bedenken bezüglich des Euro hat, da sie Preissteigerungen und
Verteuerungen befürchtet. Auch von tschechischer Seite wurde die Erweiterung der Eurozone als sehr wichtiger
Schritt im Sinne der Vertiefung der Integration Europas angesehen. Was die Beurteilung Litauens durch die Kommission
betrifft, so war der tschechische Vertreter der Auffassung, dass die Auslegung der Maastricht-Kriterien nicht willkürlich
erfolgen dürfe.
Maciej Plazynski: Polen sei bemüht, die Konvergenzkriterien zu erfüllen; spätestens 2009 sollen
alle Ziele erreicht werden. Vor der Einführung des Euro (spätestens 2010) soll die Bevölkerung im
Rahmen eines Referendum befragt werden, teilte er mit. 2010 sei seiner Meinung zwar ein ehrgeiziger, aber ein realistischer
Termin. Schließlich gab er noch zu bedenken, dass auch einige "alte" EU-Mitgliedstaaten die Kriterien
nicht immer einhalten können. Auch Katalin Szili (Ungarn) betonte das Prinzip der Gleichbehandlung hinsichtlich
der Einhaltung der Konvergenzkriterien. Ungarns Wirtschaft befinde sich in einem guten Zustand, allerdings müssen
noch einige wichtige Reformprozesse durchgeführt werden. Neben einer Reform des Staatshaushalts und der großen
staatlichen Umverteilungssysteme seien Änderungen in der öffentlichen Verwaltung, im Gesundheits- und
im Bildungswesen notwendig.
Für 24.11. sind Referate von Maciej Plazynski, Vizepräsident des Polnischen Senats, zum Thema "European
Union's external policy regarding energy" und von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zum Thema "Principle
of Subsidiary – Evaluation on the first Experiences" anberaumt. Überdies beraten die ParlamentspräsidentInnen
über zukünftige Themenfelder.
Am Treffen nehmen von österreichischer Seite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Bundesratsvizepräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach, von Seiten der Tschechischen Republik Parlamentspräsident Miloslav Vlcek und Senatspräsident
Premysl Sobotka, von ungarischer Seite die Präsidentin der Nationalversammlung Katalin Szili, von polnischer
Seite der Vizepräsident des Senats Maciej Plazynski, von slowakischer Seite Nationalratspräsident Pavol
Paska und der Vorsitzende des EU-Ausschusses Milan Urbani sowie von slowenischer Seite der Präsident der Nationalversammlung
France Cukjati und der Präsident der zweiten Kammer Janez Susnik teil. |