Wien (wifo) - Eine geringe Bevölkerungsdichte und große Distanzen zu urbanen Zentren kennzeichnen
den ländlichen Raum. Im internationalen Vergleich hat er in Österreich mit 35% der Wirtschaftsleistung
ein hohes Gewicht. Trotz geringer Wachstumsvorteile, die in den letzten Jahren erarbeitet wurden, ist der ländliche
Raum von wachstumshemmenden Faktoren geprägt. Zur Beschleunigung des Aufholprozesses sind folgende Schritte
nötig: Hebung der Erwerbsbeteiligung, besonders von Frauen, verstärkte Teilnahme am Innovationssystem
durch Verbesserung des Ausbildungsstands und Stärkung der Wettbewerbskraft von kleinen und mittleren Unternehmen
sowie landwirtschaftlichen Betrieben.
Der ländliche Raum hebt sich in Österreich durch geringe Bevölkerungsdichte und lange Verkehrswege
von urbanen und integrierten Regionen ab. Im internationalen Vergleich kommt ihm in Österreich ein hohes Gewicht
zu, mehr als ein Drittel des Nationaleinkommens wird hier erwirtschaftet. Allerdings lebt fast die Hälfte
der Bevölkerung im ländlichen Raum. Diese Gegenüberstellung zeigt, dass die anderen Regionen erheblich
produktiver sind.
Die geringe Dichte der Wirtschaftsaktivität und lange Verkehrswege reichen nicht aus, um den Rückstand
der ländlichen Gebiete zu erklären. Weitere Faktoren sind eine geringere Beteiligung – vor allem der
Frauen – an der Erwerbsarbeit. Gut Ausgebildete finden nur wenige der Qualifikation entsprechende Arbeitsmöglichkeiten,
und viele Beschäftigte nehmen lange Pendeldistanzen zu ihrem Arbeitsplatz in Kauf.
Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen wuchs die Wirtschaft in ländlichen Regionen in den letzten Jahren
etwas überdurchschnittlich. Innerhalb der EU trifft dies neben Österreich nur auf Irland zu. Der ländliche
Raum fällt also nicht zurück, wie in den meisten anderen EU-Ländern, sondern er holt auf. Gemessen
an der Ausgangssituation ist allerdings ein deutlich rascheres Wachstum erforderlich, um den Rückstand gegenüber
anderen Regionen wettzumachen. Neben den für die österreichische Wirtschaft insgesamt entwickelten Vorschlägen
zur Stärkung von Beschäftigung und Wachstum wurden für den ländlichen Raum folgende Zielsetzungen
erarbeitet:
- Die Hebung der Erwerbsbeteiligung, vor allem von Frauen, ist entscheidend für die Stärkung des Aufholprozesses.
Um drohenden Bevölkerungsschwund abzuwenden, müssen Gemeinden Strategien entwickeln, die die Attraktivität
für junge Familien erhöhen. Gleichzeitig sollten sie die demographische Entwicklung, die eine weitere
Ballung in urbanen Zentren erwarten lässt, nutzen, um Bürger anzuziehen.
- Für ländliche Regionen ist es wichtig, die eigenen komparativen Vorteile zu erkennen, das eigene
Profil zu schärfen und gemeinsam mit der örtlichen Wirtschaft eine Strategie regionaler Identität
zu entwickeln. Diese kann es vielen Unternehmen erlauben, ihre Produkte auf dem Markt mit einzigartigen Attributen
zu positionieren. Dazu ist ein wettbewerbsorientiertes, bildungsfreundliches und auf Innovationen ausgerichtetes
Klima in den Gemeinden Voraussetzung.
- Förderungen, darunter jene in der Landwirtschaft, sollten vermehrt zur Stimulation von Innovationen eingesetzt
werden. Dabei soll ein erwünschter Strukturwandel in Richtung höherwertiger Produkte, umweltfreundlicherer
Prozesse und verstärkter Qualitätsorientierung unterstützt werden. Der Abbau von Blockaden der Wettbewerbsfähigkeit
sollte vorangetrieben werden. Ein wirtschaftsfreundliches Umfeld ist Voraussetzung dafür, dass die Dienstleistungsorientierung
im ländlichen Raum vorangetrieben werden kann.
- Auch wenn sich der ländliche Raum insgesamt günstig entwickelt, gibt es Regionen, die zurückfallen.
Es wird nicht überall gelingen, einen Aufholprozess in Gang zu setzen. In solchen Situationen müssen
Maßnahmen zur Sicherung der Daseinsvorsorge ergriffen werden, um ein soziales Auseinanderdriften zu verhindern.
Programme, die unter möglichst hoher Beteiligung von privaten Unternehmen und Initiativen sicherstellen, dass
elementare kommunale Dienstleistungen erbracht werden, können eine Strategie zur Hebung der Produktivität
unter schwierigen Voraussetzungen sein.
Quelle: WIFO, Autor: Franz Sinabell
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