Gouverneur Liebscher: Appell zur Fortsetzung der Budgetkonsolidierung und Reformpolitik in Österreich
Wien (oenb) - „Die europäische Integrationsarbeit muss weitergehen!“, sagte Dr. Klaus Liebscher,
Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und EZB-Ratsmitglied, in seiner Rede im Diskussionsforum „Slowakei
– von der Krone zum Euro“, welches von der Slowakisch-Österreichischen Handelskammer am 22.11. in Bratislava
veranstaltet wurde.
Dies gelte umso mehr, „als wir uns heute in einem völlig neuen weltwirtschaftlichen Umfeld der internationalen
Arbeitsteilung und der weltumspannenden Märkte bewegen und geeignete Antworten zur Nutzung der Chancen und
Bewältigung der Herausforderungen der Globalisierung brauchen.“ Die angemessene Antwort unter diesen neuen
Rahmenbedingungen liege u. a. in einer weiteren Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit, betonte Gouverneur
Liebscher. „Denn nur die Stimme eines starken, geeinten Europas hat in der Welt entsprechendes Gewicht und kann
über die Mitgestaltung internationaler Rahmenbedingungen und Entscheidungen dazu führen, die Vorteile
offener Märkte effizient zu nutzen und deren Nachteile zu minimieren.“ Die EU-27 sei mit fast 490 Mio Menschen
zweifelsohne ein großer politischer und ökonomischer Faktor. Angesichts der bisherigen Integrationserfolge
seien die EU-Mitgliedstaaten daher gut beraten, „sich auf die strategischen Vorteile der konsequenten Weiterführung
eines gemeinsamen Integrationsweges zu besinnen, Reformen zielstrebig umzusetzen und für künftige Reformmaßnahmen
bereit zu sein, um Wachstum und Produktivität in der EU zu steigern und damit ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit
nachhaltig zu stärken.“.
Gouverneur Liebscher rief weiters einige, aber sehr wesentliche Vorteile des Euro in Erinnerung, wie z. B. niedrige
Inflation, stabile Inflationserwartungen, niedrige Zinsen oder den Wegfall des Wechselkursrisikos in der Währungsunion.
Der Euro habe sich zu einer Weltwährung entwickelt, werde zunehmend als Anker-, Reserve-, Anlage- und Transaktionswährung
verwendet und trage damit wesentlich zur Stabilität des internationalen Finanzsystems bei. Dies sei ein bedeutendes
Verdienst des unabhängigen Eurosystems, das aus der EZB und den nationalen Zentralbanken der an der Währungsunion
teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten besteht.
„Wir sollten uns aber gewahr sein, dass diese Erfolge von Währungsunion und Euro keine Selbstverständlichkeit
sind“, betonte Gouverneur Liebscher im Hinblick auf fiskal- und strukturpolitische Erfordernisse in der Währungsunion.
„Die aktuelle Phase des konjunkturellen Aufschwungs sollte nun einige Spielräume zur wirksamen und nachhaltigen
Budgetkonsolidierung bieten. Diese werden bereits von einigen Ländern – wenngleich nicht von allen – genutzt.“
Dieser Appell des Gouverneurs richtet sich auch an eine neue österreichische Bundesregierung, die eine Fortsetzung
des bisherigen stabilitätsorientierten Kurses in der Fiskalpolitik als Priorität sehen sollte – mit dem
Ziel, einen ausgeglichenen öffentlichen Haushalt anzustreben.
Darüber hinaus sollten auch weitere strukturpolitische Maßnahmen gesetzt werden, um den Wirtschaftsstandort
Österreich im internationalen Wettbewerb so attraktiv wie möglich zu erhalten. „Strukturreformen müssen
ein Herzstück der nationalen wirtschaftspolitischen Strategien bilden, um den erreichten Wohlstand zu sichern
und zukünftige Wachstumspotentiale zu erschließen. Dazu zählen vor allem Investitionen in Innovation,
Forschung und Entwicklung, weitere Deregulierung, Bürokratieabbau u. a.m.“
Österreich sei heute eine Drehscheibe zu den neuen EU-Mitgliedstaaten und den Länder Südosteuropas
– sowohl auf der politischen und institutionellen Ebene, als auch auf Unternehmensebene. Österreich habe –
basierend auf den guten traditionellen Handelsbeziehungen und durch den rechtzeitigen Eintritt in diese Wachstumsmärkte
– bereits signifikant von der wirtschaftlichen Integration dieser Region Europas profitiert. Nun gelte es, diesen
strategischen Vorteil durch eine wettbewerbsorientierte und dynamische Strukturpolitik auch weiterhin bestmöglich
im Interesse unseres Landes zu nützen. |