Koalitionsverhandlungen / Abschaffung der Studiengebühren?  

erstellt am
21. 11. 06

Offener Brief an Gusenbauer
ÖH: "Rot-Schwarzer Kompromiss keine Alternative zur ersatzlosen Abschaffung der Gebühren"
Wien (öh) - Nach der Wiederaufnahme der Verhandlungen schickt die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) Verhandlungsführer Alfred Gusenbauer folgenden offenen Brief, um ihn an seine Wahlversprechen zu erinnern. Der Brief wird außerdem auf http://www.oeh.ac.at veröffentlicht, wo Studierende die Möglichkeit haben, den Brief virtuell zu unterschreiben und per Mail an SP-Chef Gusenbauer zu schicken.

Der Brief im Wortlaut:

Werter Dr. Gusenbauer, es ist schon eine Weile her, dass die Wahlen geschlagen wurden und die Themen des Wahlkampfs sind in Verhandlungstaktierereien untergegangen. Sie haben nicht nur in diesem Wahlkampf mehrmals beteuert, dass sie Studiengebühren abschaffen wollen. Leider haben sie seit ihrem Wahlsieg am 1. Oktober kein Wort mehr darüber verloren, im Gegenteil: Sie haben ihr Wahlkampfversprechen unter dem Motto "Alles ist verhandelbar" in den Koalitionsverhandlungen aufgeweicht. Wie auch immer die nächste Regierung aussehen wird, eines muss feststehen: Studiengebühren müssen ersatzlos abgeschafft werden.

Sie selbst sind - das wissen sie besser als wir - das beste Beispiel dafür. Ohne die Öffnung der Universitäten durch Hertha Firnberg Mitte der 70er Jahre wäre Alfred Gusenbauer jetzt nicht Doktor der Philosophie, sondern Arbeiter in Ybbs. Trotzdem scheinen die Argumente gegen Studiengebühren und die Wichtigkeit der Universitätspolitik im Allgemeinen innerhalb der SPÖ unter den Verhandlungstisch zu fallen. Es hat uns verwundert, dass in den über die Medien kolportierten MinisterInnenlisten keinE ExpertIn für Fragen der Hochschulpolitik aufscheint. Erschwerend hinzu kommt, dass die ÖVP in ihr Bildungsverhandlungsteam nicht gerade die veränderungsfreudigsten Menschen gesetzt hat. Diese Anzeichen lassen uns befürchten, dass die SPÖ zu Gunsten des Koalitionsfriedens von ihrem Wahlversprechen abrückt. Die Beibehaltung der Studiengebühren für ausländische Studierende etwa, eine Beibehaltung der Studiengebühren "abgefedert" durch eine leichte Erhöhung des Stipendiums oder ein ähnlicher rot-schwarze Kompromiss würde dem Wahlversprechen nicht gerecht werden und stellt keine Alternative zur Abschaffung der Studiengebühren dar.

Obwohl Studiengebühren seit mittlerweile elf Semestern eingehoben werden, gibt es noch immer keinen Grund, der für Studiengebühren spricht. Gleich nach Einführung der Studiengebühren mussten fast 50.000 Menschen ihr Studium abbrechen. Erst mit diesem Semester nähert sich die Studierendenzahl wieder an das Niveau von 2000 an. Studiengebühren in Kombination mit einem schlecht greifenden Stipendienwesen haben in den letzten sechs Jahren zu einem enormen Anstieg von werktätigen Studierenden geführt. Es gibt fast niemanden mehr, der neben dem Studium nicht arbeiten muss. Dadurch entsteht ein Teufelskreis: Wer viel arbeitet, kann weniger studieren, verliert die Beihilfen, zahlt länger Studiengebühren, braucht mehr Geld, muss mehr arbeiten. Nicht zuletzt deshalb entsteht die, von der OECD Studie "Education at a Glance 2006" zurecht kritisierten, enorme Drop-Out-Quote von 35%. Es liegt auf der Hand, dass Studiengebühren nicht das einzige Problem der Universitätslandschaft ist. Gleichzeitig ist die Abschaffung der Studiengebühren nicht nur eine enorme Erleichterung für uns Studierende, sondern auch ein Zeichen an alle universitären Gruppen für einen positiven Neuanfang.

Von Seiten der Studierenden können wir ihnen volle Unterstützung bei der Abschaffung der Studiengebühren anbieten und hoffen, dass sie so schnell wie möglich im Parlament die Initiativen zur Erfüllung ihrer Wahlversprechen setzen.
mit freundlichen Grüßen

Barbara Blaha e.h.
Lina Anna Spielbauer e.h.
(ÖH Vorsitzteam)

 

 Broukal: Abschaffung der Studiengebühren wichtigster Punkt der SPÖ-Uni-Agenda
Wien (sk) - "Ich kann die ÖH völlig beruhigen: Die SPÖ ist nach wie vor für die Abschaffung der Studiengebühren und geht mit diesem Punkt, der ganz oben auf der Uni-Agenda der SPÖ steht, in die Verhandlungen mit der ÖVP", stellte SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal am 20.11. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst klar.

Berechtigt sei die Befürchtung der ÖH, dass es nicht einfach sein werde, die ÖVP von der Notwendigkeit der Abschaffung der unsozialen Studiengebühren zu überzeugen. "Im Sinne der Effizienz sollte sich die ÖH daher fraktionsübergreifend mit ihrem Anliegen, das die SPÖ und ihr Vorsitzender ohnehin unterstützen, an die ÖVP wenden", so Broukal abschließend.

 

 Wöginger: Studiengebühren haben sich bewährt
Mehr Studierende, mehr Absolvent/innen und mehr Geld für Unis und Förderungen
Wien (övp-pk) - "Die Studiengebühren haben sich bewährt", betonte ÖVP-Abgeordneter August Wöginger in Richtung Österreichische Hochschüler/innenschaft. Die Zahlen sprechen für sich: Die steigenden Studierendenzahlen (WS01: 26.850-WS05: 34.024, plus 27 Prozent), steigenden Absolvent/innen Zahlen (Hochschulabschlussquote ist von 12 auf 20 Prozent gestiegen), die Zahl der Studierenden, die Fördermittel bekommen, ist stark angestiegen (48.300 Studierende beziehen Förderungen) und "das höchste Uni-Budget ihrer Geschichte für die nächsten drei Jahre (eine Milliarde Euro für 2007-2009) sind der Beweis für die erfolgreiche Bildungspolitik in Österreich", so Wöginger.

Wöginger betont weiter: "Die Studienförderung wurde seit 2000 von 105 Millionen Euro auf 183 Millionen Euro im Jahr 2005ausgeweitet. Jeder fünfte Universitäts- und jeder dritte FH- Studierende erhält die Studienbeiträge zurück." Der Grundsatz - "Wer es sich leisten kann, soll einen moderaten Beitrag zahlen und wer aus sozial schwächeren Verhältnissen stammt, soll eine Unterstützung bekommen" - solle auch in Zukunft an den Universitäten und Fachhochschulen gelten. Eine soziale und gerechte Verteilung der Fördermittel für Studierende sei eines der wichtigsten Prinzipien, so Wöginger abschließend.

 

 Grünewald: Politische Debatte über Universitäten ja bitte
Wien (grüne) - „Seit Jahren wird von Seiten der Grünen eine Debatte darüber gefordert, die Ausbildungsqualität an den Universitäten zu verbessern und die Betreuungsverhältnisse den europäischen Spitzennationen anzugleichen. Ähnliches wurde von den Grünen für die finanzielle Dotierung österreichischer Universitäten gefordert“, zeigt sich Grünewald über die Aussagen des Rektorenpräsidenten Badelt überrascht, der pauschal allen Parteien quasi Debattenverweigerung vorwirft.

„Schon vor über einem Jahr haben wir vorgeschlagen, an den diversen Universitäten jene Kapazitätsgrenzen zu evaluieren, die einen optimierten Unterricht garantieren. Zeigt es sich, dass Angebot und Nachfrage zu stark auseinander klaffen, liegt es in der Verantwortung der Politik darauf zu reagieren und die notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Auch die Rektorenkonferenz hat schließlich unsere Meinung, dass es in Österreich mehr und nicht weniger Studierende bracht, geteilt“ wundert sich Grünewald

„Wir verweigern uns nicht vernünftige Vorschläge zur Verbesserung der Treffsicherheit bei der Studienwahl zu debattieren. Zugangsbeschränkungen vermitteln aber kein Werben um Studierende, sondern bescheren jungen Menschen das Gefühl sie seien nicht willkommen“ äußert sich Grünewald.

„Wir haben von Bundesministerin Gehrer und der Rektorenkonferenz rechtzeitige Gespräche und Verhandlungen eingefordert, um möglichst rasch gemeinsam an besseren Lösungen zu arbeiten. Von keiner Seite wurde jedoch bislang ein Gesprächstermin genannt. Statt mit Begriffen wie Totengräber und Sonntagsreden zu operieren, wäre es vielmehr an der Zeit sich gegebener Versprechungen und Angebote zu erinnern und das Gespräch zu suchen“, so Grünewald
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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