EU-Wirtschaft im Aufschwung braucht mehr Strukturreformen  

erstellt am
01. 12. 06

Brüssel (eu-int) - Die Wirtschaftsleistung in der EU hat sich 2006 erheblich verbessert. Sowohl das Wirtschaftswachstum als auch die Produktivität nehmen weiter zu. Aufgrund der neuesten Entwicklungen erscheint ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent für 2005 bis 2,8 Prozent für 2006 möglich; dabei ist die Arbeitslosigkeit durchweg rückläufig. Im Bericht der Kommission über die Wettbewerbsfähigkeit 2006, der im nächsten Rat Wettbewerbsfähigkeit erörtert werden soll, wird nachgewiesen, welche weiteren Vorteile Reformen in mehreren Politikbereichen ermöglichen würden. In diesem Bericht werden auch erhebliche Schwachpunkte der Wirtschaftsleistung deutlich genannt, etwa die seit 1995 recht verhaltene Zunahme der Arbeitsproduktivität. Unterstrichen wird die Dringlichkeit einer beschleunigten Umsetzung der Strukturreformen im Rahmen der Strategie für Wachstum und Beschäftigung.

Hierzu Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission und zuständig für Industrie- und Unternehmenspolitik: „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die bereits erzielten Fortschritte sind ermutigend. Unsere Strategie funktioniert. Wir haben einen geeigneten Rahmen geschaffen und die richtigen Prioritäten gesetzt. Nun müssen wir alles daran setzen, um die Strategie für Wachstum und Beschäftigung auf allen Ebenen – der europäischen wie der nationalen – umzusetzen.“

Der Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit 2006 soll überdies zu einem soliden analytischen Unterbau für die Europäische Strategie für Wachstum und Beschäftigung beitragen. Er berücksichtigt die jüngsten Entwicklungen hinsichtlich Wachstum, Produktivität und Beschäftigung in Europa. Insbesondere wird in dem Bericht auf die folgenden Motoren der Wettbewerbsfähigkeit eingegangen, und die drei wichtigsten politischen Aufgaben werden betont:

  • Die Liberalisierung der EU-Energiemärkte schreitet voran. Da auf den Energiemärkten noch kein vollständiger Wettbewerb herrscht, kommen die Vorteile der Liberalisierung dort noch nicht voll zum Tragen. Damit die Verbraucher wirklich von Effizienzsteigerungen profitieren können, bedarf es unter Umständen weiterer Anstrengungen. Erforderlich sind darüber hinaus effiziente Regulierungsstellen und Investitionen in die langfristige Grundlagenforschung und die Infrastrukturen, die Versorgungssicherheit und die Erforschung der Umweltfolgen.
  • Im Bereich des Unternehmensumfeldes zeigt der Bericht die Fortschritte der politischen Maßnahmen für eine bessere Rechtsetzung in den Mitgliedstaaten auf verschiedenen Gebieten auf, etwa die Vereinfachung der Verfahren bei der Unternehmensgründung. Maßnahmen zur Messung der Verwaltungskosten und die Festlegung von Vorgaben, um diese Kosten zu verringern, sind in den meisten Mitgliedstaaten ebenso angelaufen wie die Einrichtung von Folgenabschätzungssystemen (siehe IP/06/1562). Das Programm der Europäischen Kommission für eine Verbesserung der Rechtsetzung zielt auf eine Verringerung der Verwaltungskosten und jährliche Einsparungen für die Wirtschaft von 150 Milliarden Euro bis 2012 ab.
  • Die Innovationspolitik ist nach wie vor ein Schlüsselelement der Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Die Finanzierung von Innovationsvorhaben erfährt voll und ganz die ihr zustehende Aufmerksamkeit, jedoch wird im Bericht darauf hingewiesen, dass es nötig ist, Risikokapitalinvestitionen in der Frühphase zu unterstützen und grenzüberschreitende Risikokapitalgeschäfte zu erleichtern. Überdies werden die Faktoren aufgezeigt, die bei der Gestaltung einer leitmarktorientierten Innovationspolitik einen Beitrag leisten könnten. Oft hat nämlich nicht das Land, in dem eine bahnbrechende technologische Neuerung erfunden worden ist, den Hauptvorteil von ihr, sondern das Land, das als erstes den Markt dafür erschließt.


Ferner wird in dem Bericht die Wettbewerbsposition von zwei wichtigen, schnell wachsenden Hochtechnologiebereichen untersucht:

1. Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)
Die Stellung der EU bei der IKT-Produktion ist stark, da die EU bekanntlich über einen Wettbewerbsvorteil bei differenzierten Gütern mit höherer Qualität und entsprechend höheren Preisen verfügt. Folglich findet der Entwurf von Chips in Europa statt, deren Massenproduktion hingegen in Südostasien. Software-Entwicklung wird in europäischen Labors durchgeführt, die Kodierung der Software in Indien. Die Antwort auf den Wettbewerb durch Billighersteller besteht darin, die Qualität immer weiter zu steigern und dafür zu sorgen, dass neue, innovative Produkte in rascher Folge auf den Markt kommen und die zunehmende Nachfrage nach fortgeschrittenen Gütern und Dienstleistungen befriedigen.

2. Die pharmazeutische Industrie
Die europäische pharmazeutische Industrie ist eine Wachstumsbranche: Das gilt sowohl für die Produktion und die Beschäftigung als auch für ihren Anteil an den weltweiten Ausfuhren. Dennoch ergibt sich in der Gesamtschau Anlass zur Sorge, da gegenüber den USA bei der Arbeitsproduktivität ein erheblich höherer Rückstand besteht als bei der Herstellung von Waren insgesamt. Im Rückstand befindet sich Europa auch hinsichtlich seiner Fähigkeit, Innovationsprozesse und Produktivitätszuwächse in Gang zu setzen, zu organisieren und in Gang zu halten. Die unterschiedliche Dynamik lässt sich zum Teil durch die Kostenpolitik von Sozialversicherungseinrichtungen erklären.

Hintergrund
Der Bericht ist ein Beitrag zur Diskussion über die Strategie für Wachstum und Beschäftigung und soll diese der politischen Verwirklichung näher bringen. Hierzu werden in ihr Schlüsselmaßnahmen aller Mitgliedstaaten in den Bereichen Unternehmensumfeld und Innovationsfinanzierung aufgeführt.

 
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