Sozialpolitik: Pflegeübergangsgesetz  

erstellt am
30. 11. 06

 Trunk: Rasch handeln, um Pflegeproblem in Angriff zu nehmen
Wien (sk) - "Das vorliegende Pflegeübergangsgesetz ist eine Notlösung, weil in Wirklichkeit Gefahr in Verzug vorliegt", so SPÖ-Abgeordnete Melitta Trunk am 29.11. im Parlament. Diese Notlösung solle die Pflegebedürftigen entkriminalisieren. Der Pflegenotstand, welcher von Bundeskanzler Schüssel noch im Sommer geleugnet worden sei, habe Ursachen. Die "zuständige Sozialministerin und ihr Vorgänger Haupt haben das Problem entweder ignoriert oder einfach nichts getan", sagte Trunk.

Die SPÖ stimme dem Gesetz zu, weil es sich um eine Entkriminalisierung von Pflegebedürftigen handle. Trunk unterstrich, dass dieses Pflegeübergangsgesetz nicht für Trägerorganisationen gelten dürfe, da sonst die "ordentlich sozialrechtlichen Beschäftigten" diskriminiert werden würden.

Die SPÖ habe klare Antworten, "leistbar, qualitätsvoll und budgetär abgesichert", vorgelegt. Trunk plädiert für eine Rechtsgrundlage für verschiedene Erwerbsformen der Pflege, eine Differenzierung der verschiedenen Beschäftigungstypen, klare Standards für eine Qualitätssicherung und klare budgetäre Mittel. Die SPÖ-Abgeordnete erwartet ein parteiübergreifendes Handeln und eine "bald arbeitende Bundesregierung", um dieses Problem rasch in Angriff zu nehmen. "Lebbar für die Betroffenen, leistbar und qualitätsvoll" soll eine Neuregelung sein, betonte Trunk abschließend.

 

Steibl: Pflegethematik wird zur großen Herausforderung für die Politik
Wien (övp-pk) - Das Thema Pflege ist ein wichtiges familien- und sozialpolitisches Anliegen. Denn durch die immer länger werdende Lebenserwartung müssen die Menschen damit rechnen, im Alter Pflege zu benötigen. Daher ist es verständlich, dass die Problematik der Pflege jetzt in den Mittelpunkt rückt. Das erklärte ÖVP-Familiensprecherin Abg. Ridi Steibl am 29.11. im Plenum des Nationalrates.

Die Gefahr, ein Pflegefall zu werden, steige zwar erst ab dem 60. Lebensjahr stark an. Doch auch in jüngeren Jahren sei das Risiko vorhanden, gab Steibl zu Bedenken. "Zwischen 61 und 80 Jahren beträgt der Anteil der pflegebedürftigen Personen etwa zehn Prozent. Ab der Altersstufen über 80 Jahren wird es dann dramatisch, da liegt die Quote schon bei mehr als 60 Prozent." Im Jahr 2004 habe es in Österreich etwa 290.000 Personen mit über 80 Jahren gegeben, wovon 175.000 Pflegegeld bezogen haben. "In wenigen Jahren wird sich die Zahl der Achtzigjährigen verdoppeln, sodass auch mit einer Verdoppelung der Pflegefälle in dieser Alterskategorie zu rechnen ist", so die ÖVP-Abgeordnete.

An diesen Zahlen lasse sich erkennen, dass das Älterwerden in Würde und damit verbunden die Pflege und Altenbetreuung die Politik vor eine große Herausforderung für die nächsten Jahre stelle, fuhr Steibl fort. "Die effektive Gestaltung von Pflege- und Altenbetreuung ist ein wichtiger Schlüssel zur Bewältigung von Herausforderungen im Gesundheitsbereich. Die Familie ist der größte Pflegedienst der Nation: Rund 80 Prozent der Pflegeleistungen werden von Angehörigen erbracht - vor allem von Ehefrauen, Töchtern und Schwiegertöchtern, manchmal von Ehemännern, selten allerdings von Söhnen oder gar Schwiegersöhnen. "Bedingt durch die demographische Entwicklung und die veränderten Familienstrukturen steigt der Bedarf an Pflegekräften enorm an."

Ziel des heute zu beschließenden Übergangsgesetzes sei es, Verwaltungsstrafbestimmungen, die ArbeitgeberInnen in privaten Haushalten bei der Beschäftigung von Pflegepersonal betreffen, außer Kraft zu setzen. "Im Wahlkampf hat sich die Aufmerksamkeit auf ausländische Pflegekräfte gerichtet. In dem von der ÖVP eingebrachten Antrag sind sowohl ausländische als auch inländische Pflegekräfte erfasst", erläuterte Steibl. Mit dem Übergangsgesetz solle ein sozialversicherungsrechtlicher Ausnahmetatbestand geschaffen werden. "Damit wollen wir dazu beitragen, dass im Pflege- und Betreuungsbereich Rechtssicherheit sowohl für den privaten Dienstgeber als auch für das Pflege- und Betreuungspersonal geschaffen wird."

Der Hauptanwendungsbereich dieser Amnestie liege einerseits im Bereich der Arbeitszeitregelungen und andererseits im Bereich des Urlaubsgesetzes, führte Steibl weiter aus. "Gerade diese beiden Materien sind besonders "anfällig", übertreten zu werden." Pflege erfolgt meistens rund um die Uhr. Daraus ergibt sich sowohl ein personeller als auch ein finanzieller Aufwand, den sich nicht jede Familie mit Durchschnittseinkommen so einfach leisten kann, fasste die ÖVP-Familiensprecherin abschließend zusammen.

 

 Mandak: Zu viele Ungereimtheiten bei Pflege-Amnestiegesetz
Wien (grüne) - "Grundsätzlich unterstützen die Grünen die Amnestie der derzeit illegal beschäftigten Pflege- bzw. Betreuungskräfte. Den von der Regierung vorgelegten Antrag unterstützen die Grünen aber nicht, weil er nur betreute Menschen erfasst, die die Pflegestufe drei und höher bekommen. Damit werden Demenzerkrankungen nicht erfasst, dabei haben gerade demente Menschen den höchsten Betreuungsaufwand," begründet Sabine Mandak, Familiensprecherin der Grünen.

"Für die Betreuungspersonen entfällt zudem jeder ArbeitnehmerInnenschutz wie z.B das Recht auf ein eigenes Zimmer. Bis Juni 2007 wird eine Frist geschaffen, während der das Nichtbezahlen der SV-Beiträge und Lohnsteuer toleriert wird. Erst ab Juni muss gezahlt werden, allerdings wird diese Bestimmung nicht finanzrechtlich geregelt, sodass das Nichtbezahlen der Abgaben als Finanzvergehen geahndet wird. Eine paradoxe Situation", resümiert Mandak.

Ungeklärt bleibt auch, wer künftig die SV- und Lohnnebenkosten bezahlen soll: die Familien, die selbst an der Grenze der finanziellen Möglichkeiten stehen, die Betroffenen oder das Betreuungspersonal, das ohnehin nur ein minimales Gehalt bekommt. "Der Antrag lässt wesentliches offen und schafft zusätzlich neue Ungerechtigkeiten und Unsicherheit", so Mandak.

 

 Weinzinger: Übergangsgesetz ist verfassungsrechtlich nicht gedeckt
"Wo bleibt die Gleichheit für jene, die legal gehandelt und brav gezahlt haben?"
Wien (fpd) - Zu dem auf der heutigen Tagesordnung des Nationalrates stehenden Bundesgesetz, mit dem die Übergangsbestimmungen bis zur Neuregelung der Pflege erlassen werden, meldete sich der Landesparteiobmann der FPÖ Oberösterreich, NAbg. Lutz Weinzinger, zu Wort: "Seit mindestens 20 Jahren wissen wir, dass es dramatische Entwicklungen in der Alterszusammensetzung unserer Gesellschaft geben wird. Passiert ist seit damals nicht viel. Denn warum bräuchte man sonst Notverordnungen oder ein Übergangsrecht, damit jene, die illegale Pfleger beschäftigt haben, nicht bestraft werden?" Der freiheitliche Nationalratsabgeordnete zeigte zudem auf, dass das Übergangsgesetz bis zur Neuregelung der Pflege verfassungsrechtlich nicht gedeckt ist.

"Ich höre bereits den ganzen Tag den Debatten zu. Immer wieder ist die Rede von staatstragend, zukunftsorientiert, soziale Gerechtigkeit und Verantwortungsbewusstsein", zeigte sich Weinzinger davon überzeugt, "dass vor 15 oder 20 Jahren wahrscheinlich ähnliche Worte gebraucht wurden. Aber schon damals waren die Warnungen unserer Demographen zu hören, dass es eine bedenkliche Entwicklung der Bevölkerungspyramide in unserem Land gibt." Die Politik habe aber offensichtlich, so Weinzinger in seiner Rede im Parlament, "hier grobe Versäumnisse vorzuweisen."

Der freiheitliche Abgeordnete stellte abschließend die Frage, "wo hier die Gleichheit für jene bleibt, die legal gehandelt und brav gezahlt haben? Meiner Meinung nach handelt es sich bei diesem Pflege-Amnestiegesetz um eine Husch-Pfusch-Aktion ohne Gesamtlösung."

 

 Dolinschek: Illegale zu legalisieren, ist der falsche Lösungsansatz
Staatssekretär brachte Entschließungsantrag für Notfallsplan ein
Wien (bzö) - "Die Bundesregierung hat in den letzten zwei Legislaturperioden im Bereich der Pflege viele Verbesserungen umgesetzt, wie etwa bei der medizinischen Pflege, in der Servicestruktur, bei der Schaffung eines eigenen Lehrstuhls für die Geriatrie oder bei der Umwandlung von Akutbetten in Pflegebetten", stellte BZÖ-Sozialstaatssekretär Abg. Sigisbert Dolinschek in seinem Debattenbeitrag fest.

Gerade bei der Diskussion im vergangenen Sommer um den Pflegebedarf sei herausgekommen, daß die Betroffenen bei der Pflege vor allem durch die "familienfremde Pflege" mit der Einhaltung aller geltenden Rechtsregelungen überfordert seien und eine legale Pflege zu Hause auch finanziell kaum leistbar sei. Daher sei eine Pflegegelderhöhung unbedingt in einem größeren Ausmaß notwendig. Diese müßte in Zukunft aber auch valorisiert werden. "Der Antrag 25 a, der jetzt vorliegt, greift durch seine Beschränkung auf eine befristete Straffreiheit bis Ende Juni 2007 zu kurz. Er ist in keinster Weise geeignet, die vorhandenen Probleme tatsächlich zu lösen. Auch ich bin dafür, daß man hier entkriminalisiert, aber Illegale zu legalisieren, ist der falsche Lösungsansatz", betonte Dolinschek.

Im Bereich der Beitragspflicht zur Sozialversicherung lasse man Betroffene überhaupt ohne Schutz dastehen. Die Fragen des Berufs- und Steuerrechts würden überhaupt nicht erfasst und administrative Probleme - was sei Pflege und was sei Betreuung - seien ebenfalls vorprogrammiert. Dolinschek brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, der einen Notfallfonds vorsieht.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück