Hilmar Kabas mit S-V-F-Mehrheit neuer Volksanwalt  

erstellt am
30. 11. 06

Kabas für 7 Monate als Nachfolger von Stadler gewählt
Wien (pk) - Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ wurde Hilmar Kabas am 29.11. vom Nationalrat zum neuen Volksanwalt gewählt. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil Ewald Stadler mit seiner Angelobung als Abgeordneter sein Amt zurückgelegt hatte. Kabas wird bis zum Ende der laufenden Funktionsperiode Mitte des kommenden Jahres das Dreier-Team der Volksanwälte komplettieren.

Am Beginn der 4. Nationalratssitzung nahm Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER die Wahl eines Ordners vor, die durch das Ausscheiden des BZÖ-Abgeordneten DI Uwe SCHEUCH notwendig geworden ist. Als Nachfolger wurde BZÖ-Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK einstimmig gewählt.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) hielt eingangs fest, das Nominierungsrecht bei der Nachbesetzung der Position von Volksanwalt Stadler stehe der FPÖ zu. Das bedeute aber nicht, dass die Grünen die Person Hilmar Kabas akzeptierten. Ein Volksanwalt habe alle Menschen zu unterstützen, sagte Van der Bellen und erinnerte an Aussagen Hilmar Kabas, der etwa Caritas-Heime als "Keimstätten des illegalen Drogenhandels" und Bundespräsident Klestil als "Lump" bezeichnet hat.

Als einen sarkastischen Witz der Geschichte sah es der Klubobmann der Grünen, dass gestern eine fremdenrechtliche Verordnung herausgegeben wurde, die tausende Kinder ausländischer Mütter von Sozialleistungen, von der Familienbeihilfe und dem Kindergeld ausschließe. Diese Verordnung sei bedauerlicherweise völlig legal, was von jenen Parteien bewusst in Kauf genommen wurde, die das geltende Fremdenrecht beschlossen haben: SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ. Von dieser Regelung seien tausende Kinder betroffen, sagte Van der Bellen und ortete Erklärungsbedarf bei der SPÖ sowie bei Frauenministerin Rauch-Kallat, die diesem Gesetz im Ministerrat zugestimmt habe.

Abgeordnete SCHARER (S) untermauerte das Nominierungsrecht der FPÖ bei der Nachwahl des Volksanwalts nach dem Ausscheiden von Ewald Stadler auch seitens der SPÖ. Scharer hielt fest, sie erwarte von einem Volksanwalt, dass er sein Amt im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, frei von persönlichen Anschauungen und Ideologien, ausübe. Nach der Amtszeit des heute zu wählenden Volksanwalts, also in sieben Monaten, komme das Nominierungsrecht der drittstärksten Fraktion, dem Grünen Klub, zu. Abgeordnete Scharer begrüßte die Einrichtung eines Volksanwalt-Ausschusses, von dem sie sich eine raschere Berücksichtigung der Empfehlungen der Volksanwaltschaft erwarte.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (B) wies die Praxis der Grünen zurück, zwar Rechte und Üblichkeiten bei der Nominierung von Persönlichkeiten anzuerkennen, die nominierten Personen aber abzulehnen. Auf die Ausführungen Van der Bellens zum Fremdenrecht eingehend, hielt Westenthaler fest, die Bundesministerin habe korrekt gehandelt und merkte überdies an, er sei dafür, Sozialleistungen in erster Linie österreichischen Staatsbürgern zukommen zu lassen, da sie dafür auch etwas leisten.

Westenthaler bezweifelte, dass die Nachnominierung eines Volksanwalts sieben Monate vor Auslaufen der Amtsperiode zweckmäßig sei und meinte, es wäre sparsamer gewesen, auf eine Nachnominierung zu verzichten. Westenthaler hielt es für möglich, den Abgang Ewald Stadlers in der Volksanwaltschaft für den Rest der Amtsperiode zu verschmerzen; die Arbeit dort sei auch während der letzten Monate unbeeinträchtigt weitergegangen. Westenthaler vermisste Spargesinnung bei der FPÖ und erinnerte in diesem Zusammenhang einmal mehr daran, dass Abgeordneter Stadler sich durch seine freiwillige Option in das alte Pensionssystem eine üppige Politikerpension gesichert habe.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) hielt es im Rahmen einer künftigen Verfassungsdiskussion für sinnvoll, über die Nachbesetzungsregelung zu diskutieren. Gegenwärtig sei die Verfassungslage aber klar und Hilmar Kabas aufgrund seines Lebenslaufs, seiner juristischen Ausbildung, seiner beruflichen und politischen Erfahrungen als Abgeordneter und als Zweiter Präsident des Wiener Landtages geeignet, das Amt eines Volksanwalts auszuüben. Abgeordneter Fassabend merkte zudem an, er kenne Hilmar Kabas als einen engagierten Politiker, der seine persönliche Unabhängigkeit zu wahren und durchzusetzen verstehe. Was Terezija Stoisits zugestanden werde, sei Hilmar Kabas mindestens auch zuzugestehen, schloss Fasslabend.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) erinnerte daran, dass Hilmar Kabas nicht einmal wusste, ob er den Bundespräsidenten Lump, Hump oder Dump genannt habe. Terezija Stoisits weiß, was sie sagt, betonte die Abgeordnete und zeigte sich erstaunt über die Anbiederung der ÖVP an die FPÖ, die in den Worten ihres Vorredners zum Ausdruck gekommen sei. Bei Hilmar Kabas befürchte sie, er könnte einer Ausländerin und deren Kind seine Unterstützung als Volksanwalt versagen, wenn es um die Auslegung des Fremdenrechts, des Niederlassungsrechts oder des Aufenthaltsrechts gehe.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) erinnerte daran, dass die Volksanwaltschaft einst auf eine Forderung der FPÖ hin eingerichtet wurde und Gustav Zeilinger zu einem historischen Volksanwalt wurde. Hilmar Kabas sei ein ausgezeichneter Kandidat, von dem er sich erwarte, dass er sein Amt im Interesse der Österreicher ausüben werde. Die Vorwürfe der Grünen seien letztklassig, sagte Strache und zeigte sich überzeugt, dass Kabas die Lücke auffüllen werde, die der erfolgreiche Volksanwalt Ewald Stadler durch sein Ausscheiden hinterlasse. Das BZÖ kritisierte Strache mit dem Hinweis, Abgeordneter Westenthaler habe versucht, selbst einen Kandidaten als Nachfolger von Stadler durchzusetzen. Die Volksanwaltschaft habe ein großes Arbeitspensum zu erfüllen, gab Strache zu bedenken, auch werde Hilmar Kabas keine zusätzlichen Kosten hervorrufen, sondern mit dem Personal seines Vorgängers weiterarbeiten.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) bezeichnete Kabas als völlig untadelige Person und stellte klar, das BZÖ habe nicht seine Nominierung kritisiert, sondern vielmehr die Frage der Praktikabilität angesprochen. So wäre es besser gewesen, Kontinuität zu wahren, als für sieben Monate einen neuen Volksanwalt zu bestellen. Der Amtsführung von Kabas sah Scheibner aber mit positiven Erwartungen entgegen.

Abgeordnete WURM (S) plädierte für eine Aufwertung der Volksanwaltschaft und meinte, es wäre zu wenig, den geplanten Volksanwaltschaftsausschuss nur einmal im Jahr zu befassen. Den Volksanwälten sollte auch die Möglichkeit gegeben werden, Sonderberichte zu erstatten, über die dann im Ausschuss diskutiert wird. Weiters forderte Wurm eine Erweiterung der Kontrollbefugnisse auf die ausgegliederten Rechtsträger.

Abgeordneter Mag. STADLER (F) sah in den Argumenten der Grünen keinerlei sachliche Begründung gegen eine Wahl von Kabas und erinnerte, wahlkämpfende Politiker hätten in der Vergangenheit auch nie jemanden als Volksanwälte gestört. Den Einwand der Sparsamkeit, den Abgeordneter Westenthaler erhoben hatte, ließ Stadler ebenfalls nicht gelten. Da hätte man sich auch gleich die Konstituierung des BZÖ als Parlamentsklub ersparen können, bemerkte er pointiert. Im übrigen dankte Stadler seinem Kollegen Peter Kostelka und Rosemarie Bauer für die gute Zusammenarbeit.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Hauptausschusses, Hilmar Kabas für den Rest der Funktionsperiode zu wählen, mit den Stimmen von S, V und F angenommen.
 
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