Darabos
hält von Austria-Card nicht viel
Überraschender Prokop-Vorschlag ist bloß verlängertes Saisonier-Modell
Wien (sk) - Die von Innenministerin Prokop in die Debatte eingebrachte Austria-Card - ein Zuwanderungsmodell
befristet auf ein Jahr - findet in der SPÖ wenig Zustimmung. "Auf den ersten Blick ist es eine erweiterte
Gastarbeiterregelung aus den 70er-Jahren. Die hat ja bekanntlich nicht zu Integration geführt", sagte
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am 27.11. zu diesem Vorschlag im ORF-Mittagsjournal. Auf
den zweiten Blick ist es dann ein verlängertes Saisoniers-Modell, das ja unter einer Rechts-Regierung eingeführt
dazu geführt hat, dass die Saisoniers nach Ableistung ihrer Tätigkeit das Land nicht mehr verlassen haben,
so Darabos.
Dass Prokop diesen Vorschlag am Sonntag in einem "Kurier"-Interview erstmals unterbreitet hat, überraschte
Darabos, da er bislang in keinem ÖVP-Papier vorgekommen ist. "Mit Innenministerin Prokop gibt es bisher
ein konstruktives Gesprächsklima. Wir haben von der großen Verhandlungsrunde den Auftrag erhalten, bis
Donnerstag ein Papier zur Zuwanderung und Integration zu erarbeiten, da war dieser von Prokop nun präsentierte
Punkt nicht enthalten. Ich verstehe daher nicht, dass dieser Vorschlag jetzt kommt", so Darabos. Das Thema
Zuwanderung und Integration wird am kommenden Donnerstag das Thema in der großen Verhandlungsrunde zwischen
SPÖ und ÖVP sein. |
Scharfe Kritik der Grünen an Prokop
Wien (grüne) - Scharfe Kritik an Innenministerin Liese Prokop (V) übten am 27.11. die stv.
Bundessprecherin Madeleine Petrovic und Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits in einer Pressekonferenz. Petrovic
hat "den Eindruck, Prokop ist bei der falschen Partei". Ein "altes freiheitliches Modell" habe
die Ministerin mit der A-Card vorgeschlagen, merkte Stoisits an.
Sie habe Prokop in Niederösterreich als sozialpolitisch versierte Politikerin kennen gelernt, sagte Petrovic.
Mittlerweile würde die Ministerin "sehr gut zu den schrecklichen Plakaten (der FPÖ, Anm.) passen,
die wir im Wahlkampf gesehen haben". Sie frage sich "Was ist mit dieser Frau passiert?" - wenn Prokop
sich freut, dass es weniger Asylanträge, einen 80-prozentigen Rückgang bei der Familienzusammenführung,
mehr Schubhaften gibt und sie eine A-Card mit Saisonnier-Genehmigungen für ein Jahr will: "Ich bin wirklich
entsetzt."
In den Migrationsfamilien herrsche mittlerweile ein "Klima von Angst und Schrecken", so Petrovic. "Brave,
tüchtige, redliche Leute" würden "tagtäglich schikaniert", in einem "Rädchensystem
von ausgeklügelten Grausamkeiten". Die meisten dieser Menschen würden sich gerne integrieren - aber
"die Antwort ist ein Fußtritt" seitens des Staates.
Mit der A-Card werde die Saisonnier-Genehmigung von einem halben auf ein Jahr ausgeweitet. Das sei nichts anderes
als "Arbeitsmigration kurzfristig beschäftigter Fremder" zu Dumpinglöhnen, ohne sozialrechtliche
Absicherung und ohne Integration - also das Gegenteil von "gesteuerter Arbeitsmigration". Im Vorjahr
habe es 65.120 Saisonniers in Österreich gegeben, "das spricht Bände". Die SPÖ - die bisher
nur "verhalten stumm applaudiert" habe - erinnerte Stoisits daran, dass sie vor zwei Jahren noch "große
Kritik an der überbordenden Saisonnier-Quote" geübt habe.
Stoisits fasste die dringlichsten Forderungen der Grünen zur Beendung der "Misere" in einem "Programm
der ersten 100 Tage" zusammen. Die Asylverfahren müssten rascher durchgeführt und die Bundesasylämter
auch zur qualitativen Verbesserung aufgestockt werden - seien derzeit doch 40.000 Verfahren anhängig und 2005
2.414 Bescheide vom Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) als fehlerhaft erkannt worden. Nicht nur einen Asylgerichtshof
wollen die Grünen, sondern auch die Möglichkeit für "integrierte Langzeit-AsylwerberInnen",
nach vier Jahren ins Niederlassungssystem zu wechseln - und Transferzahlungen (Kindergeld, Familienbeihilfe) für
Asylwerber, die "völlig legal hier arbeiten".
Weiteres forderte Stoisits die Beteiligung Österreichs an den UNHCR- Wiederansiedelungsprogrammen. Die Quote
für den Familiennachzug will sie abgeschafft - "ein menschenrechtliches Muss" - und die Diskriminierung
beim Nachzug Angehöriger von Österreichern beendet haben. Beim Staatsbürgerschaftsrecht wollen die
Grünen die mit der Reform angehobenen Fristen wieder absenken. Als ersten Schritt forderte Stoisits die Aufhebung
der Bestimmung, dass Menschen, die während des Verfahrens unverschuldet in Not geraten, von der Verleihung
der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen werden. Bei der Schubhaft ist der dringlichste Wunsch der Grünen,
"dass die Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates umgesetzt werden". (apa) |